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Ein Ring mit wenig Proben

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Nach den stürmisch bejubelten Wagner-Aufführungen von „Rheingold” und „Walküre” merkte man ein leichtes Niveaugefälle bei „Siegfried” und „Götterdämmerung”. Beide Werke ideal zu besetzen scheint allerdings überhaupt zu einem der größten Probleme aller Häuser der Weltklasse zu werden: Wo ist noch der perfekte Heldentenor für Siegfried zu finden, wo die richtige dramatische Heroine als Brünnhilde?

Immerhin, der Versuch, den ganzen „Ring” aus einem Team heraus einheitlich zu besetzen, hatte eine überzeugende stilistische Einheit zur Folge. Horst Stein war vor allem die geistige Triebkraft dieses „Rings”: Er hatte zwar wenig Proben zur Verfügung, führte aber das Orchester auch bei „Siegfried” und „Götterdämmerung” mit zwingender Intensität, so daß es geradezu zur dramatisch zwingenden Basis der Wiedergabe wurde, zu der Triebkraft, die sogar schwache Momente der Sänger und so manche Peinlichkeiten der verschlampten Regie wie der beiläufig funktionierenden Technik zu kaschieren imstande war.

Die Besetzung, im ganzen homogen, war durchwegs solide, ja teilweise sogar hervorragend: Natürlich klingt Jess Thomas’ Stimmaterial stellenweise, vor allem in der Todesszene Siegfrieds, eher ausgeschöpft; man merkt ihm die Anstrengung an; Ursula Schröder-Feinen, die im „Siegfried” für Catarina Ligendza einsprang, und dann in der „Götterdämmerung” die Ligendza selbst, sangen imponierende Brünnhilden, auch wenn es in der Schlußszene der Tetralogie der Ligendza etwa an der triumphierenden Heroinengröße ein wenig mangelte; Rolf Kühne verfügt nicht über die schwarze Tiefe und bohrende Diktion, dlie das „Schläfst du, Hagen, mein Sohn?” zur beklemmenden Traumvision des Untergangs macht; dafür entschädigte Karl Ridderbusch als Hagen mit voller, dröhnender Stimme, Heinz Zed- nik als vorbildlich präzise gestaltender Möme-Interpret, Margarita Lilowa als Waltraut...

Wagners „Ring” ist für alle Häuser, vor allem für den Tagesbetrieb, eine schwere Belastung. Dennoch müßte man endlich wieder einen Weg finden, daß diese wichtigsten Werke Wagners nicht völlig aus dem Repertoirenbetrieb ausgeklammert werden.

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