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Ein Ringen um Glaubwürdigkeit

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Im Schatten der Nationalratswahl und der Regierungsverhandlungen mühen sich Österreichs Studentenpolitiker um öffentliches Interesse für die Hochschülerschaftswahlen am 17., 18. und 19. Mai.

Das Ringen um die Glaubwürdigkeit und Durchschlagskraft studentischer Politik fällt schon deshalb nicht leicht, weil das Interesse an den ÖH-Wahlen bei den Studenten selbst in allen Wahlgängen der letzten zehn Jahre abgenommen hat — nimmt man die Wahlbeteiligung als Anhaltspunkt. Bei den ÖH-Wahlen 1979 erreichte die Wahlbeteiligung mit 32,6 Prozent den absoluten Tiefpunkt und lag bei den Wahlen 1981 mit 34,8 Prozent nur knapp höher.

Bei den diesjährigen ÖH-Wahlen wird allgemein mit einem erheblichen Anstieg der Wahlbeteiligung gerechnet. Die Hauptgründe für den Optimismus der Studentenpolitiker liegen einmal in einer wesentlichen Erleichterung für den studentischen Wähler — erstmals genügt der Studienausweis als Wahldokument —, zum anderen wurden die Wählerlisten um sogenannte „Karteileichen” bereinigt: Nur wer im Sommersemester 1983 gültig inskribiert ist, hat Stimmrecht.

Nicht zuletzt auch der Wegfall eines vorlesungsfreien Tages während der Wahl und die Ausdehnung auf drei Wahltage soll die traditionell schlechte Wahlbeteiligung beenden helfen.

Rund 133.000 Stpdenten an den Hochschulorten Wien, Graz, Linz, Salzburg, Innsbruck, Leoben und Klagenfurt sind aufgerufen, ihre Vertreter für die verschiedenen ÖH-Gremien — Zentralausschuß, Hauptausschüsse, Fakultätsver- tretungen, Institutsvertretungen und Studienrichtungsvertretungen — zu wählen.

Während auf den unteren Vertretungsebenen Personen gewählt werden, kandidieren für Zentralausschuß, Hauptausschüsse und Fakultätsvertretungen Listen — für den Zentralausschuß sind es heuer rund 16 an der Zahl.

Das Spektrum der wahlwerbenden Gruppen reicht dabei von der ÖVP-nahen „Aktionsgemeinschaft ÖSU-Forum” über den „Verband Sozialistischer Studenten” (VSStö), die konservative „Junge Europäische Studenteninitiative” (JES), mehreren kommunistischen Splitterparteien und alternativen Listen bis hin zum „Rechtsblock”, der in braunen Studentenwassern Stimmen an Land ziehen will.

Für die vielen kleinen Parteien dürfte es bei dieser Wahl schwerer als zuletzt werden, einen Sitz im bundesweiten Studentenparlament, dem Zentralausschuß, zu erringen. Genervt durch das Er gebnis der letzten ÖH-Wahl, als es sowohl der Juxpartei „Morgenmuffel” wie den rechtsradikalen Mannen der ANR gelang, in den ZA einzuziehen, hat man sich zu einer Reduktion der ZA-Mandate entschlossen: War früher die Anzahl der Mandate abhängig von der Zahl der Wahlberechtigten (mit der steigenden Zahl der Studenten stieg die Anzahl der zu vergebenden Mandate auf zuletzt 89), so hat 1981 eine Novelle zum ÖH-Gesetz die Mandatszahl für den Zentralausschuß mit 65 eingefroren.

Die Studentenpolitik dürfte auch durch den Umstand wieder übersichtlicher werden, daß im Bereich der Mitte-Fraktionen der Zusammenschluß von „österreichischer Studentenunion” (ÖSU) und „Studentenforum” die Aufsplitterung im nicht-sozialistischen Lager stoppt.

Persönliche Animositäten, aber auch handfeste ideologische Divergenzen hatten zuletzt die breite Mehrheit der Studentenunion ins Schwanken gebracht. Sehr zum Leidwesen der ÖVP.

Die Volkspartei sah sich in den letzten Jahren mit der Tatsache konfrontiert, daß immer mehr Fraktionen um — vor allem finanzielle — Unterstützung in der Kärntnerstraße anklopften. Mit der „Aktionsgemeinschaft ÖSU- Forum” existiert nunmehr wieder eine starke Mitte-Fraktion auf Hochschulebene, der es gelingen könnte, die absolute Mehrheit im Zentralausschuß zu erringen.

Allerdings fühlen sich die Parteigänger der konservativen Aufsteigerpartei der siebziger Jahre, der JES, bei dem Gedanken nicht ganz wohl, daß die ÖVP hinter ihrem Rücken die in den vergangenen Jahren als linksabweichend qualifizierte ÖSU wieder an die Brust nimmt.

Nach wie vor geht die JES damit hausieren, daß ausschließlich ihre Politik das „rote Chaos” an den Universitäten verhindern kann. Mit einer Skandalisierungskam- pagne gegen die ÖSU-Forum-do- minierte ZA-Exekutive soll im Verein mit VSStö und Kommunisten den Studenten die Wahl der Aktionsgemeinschaft vermiest werden.

Zu hoffen bleibt, daß in der Endphase des Wahlkampfes nicht allzuviel Porzellan zerschlagen wird und die nichtsozialistischen Studentenparteien auch nach dem 19. Mai Zusammenarbeiten können. Probleme gibt es mehr als genug:

Die schlechte finanzielle Absicherung des Studenten (längst halten die Stipendienerhöhungen nicht mehr Schritt mit den gestiegenen Lebenshaltungskosten), die zunehmende Verschärfung des Lern- und Prüfungsbetriebes, aber auch die mit der Wirtschaftskrise Hand in Hand gehende, in den nächsten Jahren verschärft zum Tragen kommende Akademikerarbeitslosigkeit.

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