6889810-1979_41_19.jpg
Digital In Arbeit

Ein Rückblick auf den Frankfurter Automobilsalon 1979

Werbung
Werbung
Werbung

Der 48. Frankfurter Automobilsalon, die IAA, war nicht nur der letzte der siebziger Jahre auf europäischem Boden, die letzte und einzige Herbstveranstaltung dieser Art, er war auch ein Rekordereignis was Besucheranzahl, belegte Fläche und Zahl der Aussteller anbelangt. In puncto Neuheiten kann man das nicht sagen, denn die meisten sogenannten Premieren verdienen diese Bezeichnung nur beschränkt: Gewiß, für die Masse der Besucher gab es vieles zu sehen, was noch nirgends gezeigt worden war, den Experten jedoch sind fast alle neuen Modelle, mit ganz wenigen Ausnahmen, schon vor dem Salon gej igt worden, manche wurden sogar bereits praktisch erprobt.

Trotzdem jagte eine Pressevorführung knapp vor der Eröffnung die andere, wogegen nichts einzuwenden wäre, denn solche Veranstaltungen dienen auch der persönlichen Kontaktnahme mit leitenden Persönlichkeiten der Hersteller. Nur sollten diese Zusammenkünfte womöglich auf den Ständen oder zumindest im Ausstellungsgelände stattfinden, und, aus Gründen der Zeitersparnis, nicht außerhalb. Bei diesen Gelegenheiten wird nicht nur über neue Fahrzeuge gesprochen, es werden auch Aspekte der Firmenpolitik der verschiedenen Hersteller erörtert.

So war es beispielsweise aufschlußreich, was der Chef der Europa-Organisation von Ford, „Bob” Lutz, über die „kleinen” Amerikaner sagte: Er halte nicht allzuviel von ihnen, sie stellen keine Gefahr für die europäischen Fahrzeuge dar, weil sie an deren Standard nicht herankommen. Überdiese Ansicht eines führenden Automanagers darf man geteilter Meinung sein.

Gern ist man jedoch geneigt, den Versicherungen leitender Funktionäre von British Leyland und von Alfa Romeo zu glauben, ffiTJn ad hoc einberufenen Konferenzen den Gerüchten über das bevorstehende Ende ihrer Fjrmerrent- gegentraten: Beide Gesellschaften gaben zwar die Schwierigkeiten zu, mit denen sie zurZeit zu kämpfen haben, sie seien jedoch durchaus zu meistern, beide sprachen von scharfen Rationalisierungsmaßnahmen einschließlich der Auflösung verlustreicher Einzelbetriebe ihrer Konzerne, aber beide wiesen auf die in letzter Zeit erzielten finanziellen Erfolge hin. Auch Chrysler ist bekanntlich immer wieder „im Gespräch” und da interessierte eine Erklärung des VW-Chefs, Toni Schmücker, der auf Anfrage dezidiert sagte, Wolfsburg werde sich nicht am drittgrößten amerikani-, sehen Autounternehmen beteiligen, wie gerüchteweise immer wieder zu vernehmen war, geschweige denn es erwerben, ja nicht einmal der geäußerte Wunsch seitens Chrysler nach Lieferung von mehr VW-Motoren könne erfüllt werden.

Auch anläßlich der Eröffnungsfeier des Salons wurden überraschende Feststellungen gemacht: Das Verkehrsklima in Deutschland habe sięh nicht nur im Sinne einer sparsameren Verwendung der Treibstoffe, sondern auch insofern gewandelt, als jetzt vernünftiger und rücksichtsvoller gefahren werde. Tempolimits wurden entschieden abgelehnt, da sie keine nennenswerten Ersparnisse bringen.

Die eingangs erwähnten Neuheiten sind rasch aufgezählt: Neben der neuen Mercedes S-Klasse gab es auf diesem Stand den 300 TD Turbo-Diesel, der ab 1980 auch in andere Länder als wie bisher nur in die USA geliefert werden wird, ebenfalls neu war der BMW 745 i, der Porsche 928 S und der Jetta von VW, ferner Lancia Delta und das Flaggschiff von Audi, der Typ 200 (auch mit Turbo), um nur die spektakulärsten Modelle zu nennen. Es fiel auf, daß zahlreiche Marken, die sich bisher nur wenig um den Autosport gekümmert hatten, plötzlich mit sportlichen Versionen in Erscheinung traten, ein eher erstaunliches Phänomen in einer Zeit, da die Betonung bei allen Neuheiten auf der Spar samkeit liegt. Letzteres kam übrigens dadurch deutlich zum Ausdruck, daß bei vielen Modellen der Verbrauch bei Fahrten auf Autobahnen, auf Freilandstraßen und in der Stadt angegeben wurde. „Mach mit - spar Sprit” war ja auch das Hauptmotto des Salons. Auffallend war das massive Auftreten der Japaner, die zum Teil auch mit Neuheiten aufwarteten, wie Mazda, Datsun, Mitsubishi.

Die allgemeinen Tendenzen, wie sie bei den Personenwagen schon seit längster Zeit festgestellt werden konnten, wurden auch in der IAA abgelesen: Vordringen des Frontantriebs (neuester Vertreter dieser Richtung der Opel Kadett), aerodynamische Formen der Aufbauten, Aufladung der Motoren (Turbos). Der Elektronik im Auto wird immer mehr Beachtung geschenkt. Experten sind jedoch der Meinung, daß hier über das Ziel hinausgeschossen wird, wenn die Entwicklung so weitergeht. Gegen Informationen über Oldruck, Wassertemperatur oder noch vorhandenen Treibstoff im Tank ist gewiß nichts ein zuwenden, aber wenn die Lämpchen am Armaturenbrett, die Blinksignale, die akustischen Warnvorrichtungen usw. über Benzinverbrauch, über offene Türen oder Kofferdeckel weiter so überhand nehmen sollten, dann könnte die Aufmerksamkeit des Fahrers allzusehr in Anspruch genommen werden, ihn von der Beobachtung des Verkehrs ablenken, wodurch die Sicherheit gefährdet würde. In dieser Hinsicht werden sich die Hersteller Beschränkungen auferlegen müssen.

Auch bei den Nutzfahrzeugen kamen die Besucher auf ihre Rechnung: Unsere Steyr-Werke waren mit neuen Motoren, mit dem Zivil-Pinzgauer und einem verbesserten Cltybus (breiteres Fahrerhaus, stärkerer Motor, Luftfederung) vertreten, die Miba aus Vorchdorf, der größte Spikeshersteller der Welt, zeigte ihre Gleitlager, die IFE (Waidhofen) war mit Türen für Bahnen präsent und zahlreiche Zubehörfirmen aus der Alpenrepublik boten sich als Zulieferer an. Bei Mercedes waren neue Busse und sehr wirtschaftliche Motoren aus gestellt, bei Magirus-Deutz neue Baustellenfahrzeuge und bei MAN standen die von dieser Firma gemeinsam mit VW entwickelten und gebauten 6-9-Tonner im Mittelpunkt des Interesses. Sie sollen übrigens in Österreich von ÖAF-Gräf & Stift, die seit Jahren mit MAN kooperieren, verkauft und servicemäßig betreut werden.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung