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Ein Schwerpunkt der heimischen Genforschung

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Der für die staatliche Finanzierung von Projekten der Grundlagenforschung in Österreich zuständige Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung unterstützt neben Einzelprojekten auch Forschungsschwerpunkte. Ziel ist es, auf besonders wichtigen und aktuellen Gebieten Konkurrenzfähigkeit mit der Entwicklung im Ausland zu ermöglichen.

Ein Forschungsschwerpunkt des seit 1984 laufenden Programms befaßt sich mit „Gentechnologischen Untersuchungen über die Struktur und Expression eukaryotischer und viraler Gene”. Was verbirgt sich hinter diesem für Laien schwer oder nicht verständlichen Titel? Warum ist diese Forschung besonders förderungswürdig? Mit den Methoden der Gentechnik ist es möglich, Struktur und Funktionsweise des genetischen Materials lebender Zellen, welches aus Desoxyribonukleinsäure (DNA, ident mit DNS, Anm. d. Red.) besteht, zu erforschen. Insbesondere können definierte kleinere DNA-Abschnitte, einzelne Gene, welche die Information für ein bestimmtes Merkmal tragen, isoliert und in größeren Mengen produziert werden. Dies ermöglicht die Untersuchung von Genen, zum Beispiel die Bestimmung der Abfolge der Basen, der Einzelbausteine des fadenförmigen DNA-Moleküls. In der Abfolge der Basen ist in der DNA die genetische Information gespeichert.

Mit Hilfe gentechnischer Methoden ist auch die gezielte Veränderung von DNA-Molekülen außerhalb der Zelle („In vitro-Mutagenese”) und deren Uber-tragung auf Lebewesen möglich. Solche Experimente tragen wesentlich zum Verständnis der Funktion von Genen und ihrer-Schältelemente, der sogenannten Kontrollsequenzen, bei. Diese bestimmen, wann und in welcher Menge Genprodukte, meist Proteinmoleküle, gebildet werden. Das geordnete „An- und Abschalten” von Genen ist unter anderem für die Entwicklung komplexer Organismen aus einer befruchteten Eizelle entscheidend. Störungen bei diesem Zelldifferenzierung genannten Prozeß können zum Beispiel zu Krebserkrankungen führen.

Die Übertragung von Genen auf Organismen ermöglicht die Produktion neuer Arzneistoffe mit Hilfe von Mikroorganismen. Sie wird auch die Entwicklung neuer Nutzpflanzen und von Haustieren mit neuen Eigenschaften für die Landwirtschaft ermöglichen. Molekularbiologische Grundlagenforschung mit Hilfe gentechnischer Methoden wird daher weltweit sehr forciert. Im gentechnischen Forschungsschwerpunkt werden einschlägige Forschungsarbeiten an der Universität Wien in den Instituten für Allgemeine Biochemie, für Biochemie sowie für Mikrobiologie und Genetik und am Institut für Molekularbiologie der österreichischen Akademie der Wissenschaften, Salzburg, koordiniert.

Zwei Teilprojekte untersuchen Gene der Hefe. Dieser einzellige Sproßpilz besitzt ein sehr einfaches Genom (.= die Gesamtheit seiner Gene), das aber in der Funktionsweise in vieler Hinsicht dem der viel komplizierteren Zellen der Säugetiere und des Menschen sehr ähnlich ist. Molekulargenetische Grundmechanismen lassen sich daher an Hefe relativ leicht untersuchen. Die Arbeitsgruppe des Autors benützt Hefezellen zur Klärung der Frage, wie höhere Zellen das Problem lösen, mehrere Gene, deren Produkte unter bestimmten Bedingungen gleichzeitig benötigt werden, gemeinsam an- oder abzuschalten. Als Modell wurden dabei Gene gewählt, die direkt oder indirekt an der Zellatmung beteiligt sind.

Michael Breitenbach untersucht am gleichen Objekt mit ähnlichen Zielsetzungen die Umwandlung von Hefezellen in eine gegen viele äußere Einflüsse widerstandsfähige Dauerform, Sporen genannt, und die Auskeimung der Sporen zu teilungsfähigen Zellen. Hefe dient hier als Modellsystem zum Studium der Zelldifferenzierung. Gerade weil solche Untersuchungen Laien wirklichkeitsfern scheinen, läßt sich an ihnen illustrieren, wie nahe gentechnische Grundlagenforschung und praktische Anwendung oft nebeneinander liegen. Hefe wird vom Menschen seit langer Zeit für biotechnologische Prozesse eingesetzt. Die Kombination von langjähriger Erfahrung und gentechnischen Methoden ergibt ganz neue Einsatzmöglichkeiten für diesen Organismus, zum Beispiel bei der Produktion von Impfstoffen. Die im Labor des Autors erhaltenen Resultate können daher in einem anwendungs-orientierten Projekt und in Industriekooperationen verwertet werden. Dabei sollen neue Systeme zur Produktion von Fremdproteinen in Hefe- und anderen Pilzen entwickelt werden.

Während Grundlagenforschung an Pflanzen noch in den siebziger Jahren weltweit stark vernachlässigt wurde, wird vor allem die Pflanzenmolekularbiologie heute in allen hochentwickelten Ländern von staatlicher und privater Seite bevorzugt gefördert. Man erwartet nämlich, daß die Forschung auf diesem Gebief in zehn bis zwanzig Jahren zur Entwicklung von Nutzpflanzen führt, die höhere Erträge und qualitativ hochwertigere Produkte liefern, aber auch anspruchsloser und resistenter gegen widrige Umwelteinflüsse wie Hitze, Kälte oder Trockenheit sind.

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