6922519-1981_50_04.jpg
Digital In Arbeit

Ein Stundenlohn am ganzen Tag

Werbung
Werbung
Werbung

S Prozent Einkommens- zuwachs im Jahr 1980 — Landwirt müßte man sein!“ So mögen manche gedacht haben, als sie zuletzt die Debatte zum „Grünen Bericht“ in der Tagespresse und im Rundfunk verfolgt haben. Prozentveränderungen von einem Jahr auf das andere sagen aber sehr wenig. Erstens erlitten die Bauern im Jahr 1979 einen realen Einkommensverlust von 9,6 Prozent. Zweitens ist für den Bauern die tatsächliche Höhe seines Einkommens ausschlaggebend.

Sieht man sich diese absoluten Zahlen an, so hinken ęlie bäuerli-

eben Einkommen hierzulande weiter stark hinter denen anderer Beschäftigter nach:

So beträgt der Einkommensabstand der Landwirte zu den Industriebeschäftigten im Durchschnitt pro Monat brutto mehr als 7000 Schilling.

So verdient ein Landwirt pro Arbeitstag im Durchschnitt etwa 320 Schilling, während er für die Reparatur eines Traktors ungefähr diesen Betrag pro Stunde auf den Tisch legen muß.

So lagen 1980 etwa 20 Prozent al-

ler Bauern mit ihrem Einkommen unterhalb der Armutsgrenze.

Die Hauptursachen für dieses niedrige Einkommen liegen in der enormen Steigerung der Kosten (während ein Landwirt 1970 für 34 Kilogramm Weizen 100 Kilogramm Dünger bekam, mußte er 1981 dafür 77 Kilogramm Weizen verkaufen) und der Erhöhung der Abgaben, die gerade durch die Einheitswerterhöhung des Landwirtschaftsministers weiter verschärft wurde.

Die Bauern reagieren auf diese Entwicklung weiterhin mit der Abwanderung aus diesem Beruf. Obwohl es viel schwieriger geworden ist, außerlandwirtschaftliche Arbeitsplätze zu finden, haben auch 1980 rund 7500 Bauern ihren Haupterwerb in der Landwirtschaft aufgegeben.

Die Arbeitsplatzsicherung darf aber vor den Bauernhöfen nicht haltmachen!

Während einerseits das staatliche Subventionsfüllhorn immer stärker für die verstaatlichte Industrie und Mammutprojekte in den Großstädten entleert wird, wurden bisher andererseits die Grenzregionen und der ländliche Raum finanziell ausgehungert.

Es ist nicht nur ungerecht, sondern auch im Interesse der Arbeitnehmer unsinnig, wenn die Bauern von ihren Höfen verdrängt werden und andererseits die Schaffung neuer Arbeitsplätze mit Millionenbeträgen aus Steuergeldern subventioniert werden muß.

Die bisher betriebene Wirtschaftspolitik des Bundes verstärkt den Trend zur Konzentration.

Wirtschaftsforscher prognostizieren für 1986 200.000 Arbeitslose in den ländlichen Regionen, während in den Ballungsgebieten um

150.000 Arbeitsplätze zuviel sein werden.

Es geht nicht nur um Arbeitsplatzsicherung schlechthin, sondern es kommt darauf an, wo diese Arbeitsplätze sind. Ganz konkret formulierte das ein Nebenerwerbsbauer, der seinen Arbeitsplatz durch den Eumig-Konkurs verloren hat:

„Mir hilft es nichts, wenn mir das Arbeitsamt im 200 Kilometer entfernten Ballungsraum eine Stelle anbietet. Ich kann nicht so weit von meinem Hof und meiner Familie weg.“

Wir brauchen daher Arbeitsplätze in den Regionen, wo die Menschen leben, wenn wir eine „Auszehrung“ des Landes verhindern wollen.

Das ist nicht nur eine Frage der wirtschaftspolitischen Vernunft, sondern auch der menschlichen Gerechtigkeit.

Gerade deshalb bringt das Mock-Kreisky-Abkommen vom 10. Dezember eine ebenso erfreuliche wie notwendige wirtschaftspolitische Kursänderung: Strukturpolitische Maßnahmen für den ländlichen Raum sowie Förderung einer qualitativen Agrarproduktion und des Absatzes neuer Agrarprodukte sind darin Schwerpunkte.

Der Autor ist Agrarsprecher der OVP und Direktor des Bauernbundes.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung