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Ein Volk von Pendlern

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Was nützen Maßnahmen, um der Abwanderung aus den Rand- und Grenzgebieten Herr zu werden? Wenig - wie eine Prognose für die Jahrtausendwende vorauszusagen wagt.

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Was nützen Maßnahmen, um der Abwanderung aus den Rand- und Grenzgebieten Herr zu werden? Wenig - wie eine Prognose für die Jahrtausendwende vorauszusagen wagt.

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In fast allen österreichischen Bezirken ist zwischen 1981 und 2001 mit einer ungünstigeren Bevölkerungsentwicklung zu rechnen als im Zeitraum zwischen 1961 und 1981. Die Zuwächse der „Wachstumsbezirke” schwächen sich ab, eine Reihe von Bezirken g*eht von einer positiven in eine negative Bevölkerungsentwicklung über. In Gebieten mit einer bereits bestehenden Bevölkerungsabnahme verstärkt sich diese oder bleibt zumindest konstant.

Zur Illustration sei angeführt: • Obwohl das Umland der Landeshauptstädte Linz, Salzburg und Innsbruck bis 2001 die stärksten Zuwächse (25 bis 30 Prozent) zu erwarten hat, waren in der Zeitspanne 1961 bis 1981 die Zunahmen höher.

• Zwischen 1981 und 2001 haben 40 der 95 politischen Bezirke eine negative Bevölkerungsentwicklung zu erwarten. Im Intervall zwischen 1961 und 1981 war dies nur in 24 Bezirken der Fall.

• In den Bezirken mit der ungünstigsten Bevölkerungsentwicklung zeigt sich größtenteils ein Fortbestehen der Abnahmen in etwa gleichem relativem Ausmaß. Für Hollabrunn, das ist der westliche Teil des Weinviertels, eines traditionellen Abwanderungsgebietes nach Wien, ergibt sich zwischen 1961 und 1981 sowie zwischen 1981 und 2001 jeweils eine Bevölkerungsabnahme von 15 Prozent, was die höchste Abnahme unter allen Bezirken darstellt.

Hauptursache für die aufgezeigten Entwicklungstendenzen ist die Verschlechterung der Geburtenbilanz. Diese ist wiederum ausschließlich auf den Rückgang der Fruchtbarkeitsziffern innerhalb der letzten 15 Jahre zurückzuführen. Die Tatsache, daß in allen Regionen in den nächsten Jahren die Zahl der im gebärfähigen Alter stehenden Frauen zunehmen wird, bringt keine entscheidende Veränderung der Situation.

Die Einwohnerzahl der Großstädte — entsprechend der in Österreich üblichen Definition handelt es sich hiebei um Wien, Graz, Linz, Salzburg, Innsbruck und Klagenfurt — dürfte sich stark rückläufig entwickeln.

Für den Zeitraum von 1981 bis 2001 wurde ein Rückgang von 205.000 Einwohner auf insgesamt 2,107.000 errechnet. Mit 192.000 entfällt der weitaus größte Teil auf Wien, trotz eines weiterhin leichten Wanderungsgewinnes. Relativ erscheinen auch die Abnahmen von Linz und Graz von Bedeutung, Innsbruck und Klagenfurt stagnieren, lediglich Salzbürg weist ein ins Gewicht fallendes Wachstum auf.

Die suburbanisierten Gebiete weisen das höchste Bevölkerungswachstum auf. Darunter werden hauptsächlich die an die Großstädte angrenzenden Bezirke verstanden. Weiters zählt der größte Teil des Vorarlberger Zentralraumes zu den suburbanisierten Zonen Österreichs.

Die Distanzen zwischen Wohn-und Arbeitsstätte und somit das Ausmaß der Pendelwanderung weisen weiterhin eine zunehmende Tendenz auf.

Die fünf Bezirke mit den höchsten prognostizierten Zuwächsen der Wohnbevölkerung im Zeitraum 1981 bis 2001 weisen eine suburbanisierte Struktur auf: Urfahr-Umgebung (Oberösterreich) mit plus 30 Prozent, Innsbruck Land (Tirol) mit plus 25 Prozent, Salzburg Umgebung mit plus 24 Prozent, Feldkirch (Vorarlberg) mit plus 24 Prozent und Imst (Tirol) mit plus 19 Prozent.

In den Spitzenrängen liegen somit suburbanisierte Bezirke, die einerseits einen bedeutenden Wanderungsgewinn, zusätzlich aber auch eine außerordentlich günstige natürliche Bevölkerungsbewegung aufweisen.

Betrachtet man ausschließlich die Wanderungsbilanz, so wurden für folgende fünf Bezirke die höchsten Wanderungsgewinne zwischen 1981 und 2001 berechnet: Mödling (Niederösterreich) mit plus 19 Prozent, Wien Umgebung (Niederösterreich) mit plus 13 Prozent, Salzburg Stadt und Salzburg Umgebung mit je plus 10 Prozent sowie Innsbruck Land mit plus 8 Prozent.

Die negative Bevölkerungsentwicklung in raumordnungspolitischen Problemgebieten hält weiter an. Darunter fallen Bezirke, für die mehrere der nachstehenden Kriterien gelten: • Periphere Lage im Hinblick auf die Landeshauptstädte und großräumig bedeutsame Verkehrsachsen;

• Lage entlang der Grenze zu CSSR und Ungarn;

• hohe Agrarquote;

• relativ geringe Industrialisierung oder schwerwiegende Strukturprobleme;

• Fehlen eines regionalwirtschaftlich bedeutenden Zweisai-saisonen-Fremdenverkehrs;

• hoher Anteil an Nichttages-pendlern.

Besonders betroffen sind die •Randgebiete in Ostösterreich und peripher gelegene Berggebiete in Ost- und Südösterreich.

Für den Zeitraum 1981 bis 2001 wurden für folgende Bezirke Bevölkerungsabnahmen von mehr als 10 Prozent errechnet:

Hollabrunn (Niederösterreich) minus 15 Prozent; Jennersdorf (Burgenland) minus 15 Prozent; Leoben (Steiermark) minus 14 Prozent; Horn (Niederösterreich) minus 13 Prozent; Neunkirchen (Niederösterreich) minus 12 Prozent; Gmünd (Niederösterreich) minus 12 Prozent; Bruck/Leitha (Niederösterreich) minus 11 Prozent sowie Mistelbach und Lilienfeld (beide Niederösterreich) mit jeweils minus 10 Prozent.

Zusammenfassend ist festzuhalten, daß sich unter den geänderten gesamtstaatlichen Bedingungen des „Nullwachstums” der Bevölkerung die künftige Situation der peripheren Problemgebiete weiter verschärft.

Der Autor ist Leiter des Österreichischen Instituts für Raumplanung. Oer Beitrag zitiert auszugsweise die Neuerscheinung: OSTERREICH - PROGNOSEN BIS ZUM JAHR 2000. Hrsg. von Christoph Mandl. Ol-denbourg München/Verlag für Geschichte und Politik. Wien 1982,250 Seiten, brosch., öS 420.-.

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