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Eine Art Prüfung

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Das Präsidium der Katholischen Aktion Österreichs ruft eindringlich alle Mitglieder der Katholischen Aktion und darüber alle Katholiken auf, trotz oder gerade wegen der aktuellen Konflikte in unserer Kirche unerschütterlich in der Hoffnung, unbeirrbar im Glauben und unermüdlich in der Liebe zu bleiben.

Im Zusammenhang mit den jüngsten Bischofsernennungen sieht sich die Katholische Aktion verpflichtet, auf die Tatsache hinzuweisen, daß es für viele Katholiken nicht verständlich ist, wenn bei Entscheidungen auf höchster Ebene Wünsche und Sorgen der Diözese nicht gehört und Vorgangsweisen gewählt werden, die dringend einer Reform bedürfen. Andererseits bedauert die Katholische Aktion jene Stellungnah

men, in denen der Respekt vor Amt und Amtsträgern in der Kirche fehlt und antirömische Affekte geschürt worden sind. Ais mündige katholische Laien sollten wir die Leitungsstrukturen unserer Kirche, die ganz gewiß wichtig sind, nicht als die wichtigste Frage überbewerten.

Betrachtet man die gegenwärtigen iimerkirchlichen Konflikte als eine Art Prüfung, sollte jeder, auch die Katholische Aktion, zur Selbstprüfung bereit sein. Jeder ist aufgerufen, mit der eigenen Erneuerung zu beginnen. In diesem Geist sieht sich die Katholische Aktion Österreichs veranlaßt, einige fundamentale Grundsätze ihrer Arbeit in Erinnerung zu rufen, die auch in Hinkunft bei allem Wandel ihre Gültigkeit behalten sollen:

1. Die Katholische Aktion wird alles tun, damit die Auffassung des Konzils von der Kirche als Volk Gottes und Leib Christi immer mehr angenommen wird. Freilich kann die Kirche kein Modell eines politisch gedachten Pluralismus sein. Wohl aber ist in der Einheit der Kirche die Vielfalt der Charismen, Riten, Spiritualitäten und Meinungen zu schützen.

2. Das Zweite Vatikanische Konzil hat in der Pastoralkonstitution „Die Kirche in der Welt von heute“ die Demokratie als staatliches Ordnungsprinzip bejaht. So sehr wir die Möglichkeit des Mißbrauchs demokratischer Freiheiten erkennen und uns weiterhin entschieden dagegen wehren, vor allem dort, wo Gnmdrechte mißachtet werden, so wenig dürfen wir den Eindruck entstehen lassen, daß die Kirche die Demokratie nur als formalen Wert sieht.

3. Die Katholische Aktion bekennt sich zu den Grundsätzen des „Mariazeller Manifestes“ von 1952 über eine „freie Kirche in einem freien Staat“. Darin ist eine klare Absage an jedes Protektorat einer Partei über die Kirche und ein eindeutiges Ja zur Bereitschaft der Zusammenarbeit mit unserem demokratischen Staat enthalten.

4. Die Katholische Aktion wehrt

sich gegen alle Tendenzen, die Kirche auf ein Ghetto oder eine elitäre Gruppe zu reduzieren. Der Weg der Kirche mit „weltoffenen Türen und ausgebreiteten Armen“ muß vielmehr fortgesetzt werden. Es gibt kein Zurück hinter die Bemühungen, aus pastoraler Verantwortung Brücken der Versöhnung zu allen gesellschaftlichen Schichten, vor allem zwischen Kirche xmd Arbeiterschaft, zu bauen und einen standpimkt-festen Dialog mit allen Parteien, die sich zu demokratischen Werten bekennen, zu führen. In diesem Sinn begrüßt die Katholische Aktion Österreichs nachdrücklich die auf breiter Basis begonnene Vorbereitung des Sozialhirten-

„Mit Nachdruck für Würde und Verantwortung der Frau auch in der Kirche“

briefes, der im Mai 1990 erscheinen soU.

5. Mit Nachdruck setzt sich die Katholische Aktion dafür ein, daß Würde und Verantwortimg der

Frau auch in der Kirche emstge-nonmien werden. Im jüngsten Apostolischen Lehrschreiben des Papstes „Mulieris Dignitatem“ wird von der „wesenhaften Gleichberechtigimg von Mann imd Frau“ gesprochen. In diesem Geist unterstützt die Katholische Aktion den Prozeß der Gleichberechtigung der Frau in Kirche und Gesellschaft.

Die Katholische Aktion Österreichs erinnert an die unverzichtbare Bedeutung des Laienaposto-lats für die Kirche und ihr Wirken in der Welt. Wir rufen alle Katholiken auf, ihre Energien nicht in internen kirchenpolitischen Aus-einandersetzimgen zu erschöpfen, sondern ihre apostolische Aufgabe im Alltag des Lebens noch intensiver als bisher wahrzimeh-men. So sehr innerkirchliche Vorgangsweisen oder Außenmgen in letzter Zeit Ärger imd Unruhe auslösten, dürfen wir nicht in Reaktionen der Resignation wie Amtsverzicht oder Rücktritt flüchten oder in jene Fehler verfallen, die wir anderen ankreiden: Selbstgenügsame Gesprächsverweigerung, Selbstfesselung in Vorurteilen, Unduldsamkeit und Mißtrauen.

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