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Eine Dichterfreundschaft

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In der heute unübersehbaren Flut der gedruckten als auch der unveröffentlichten Literatur über Rainer Maria Rilke findet selbst der aufmerksame Leser so gut wie keinen Hinweis auf das Verhältnis des Prager Dichters zu dem Wiener Dichter Richard Beer-Hofmann (1866—1945). Auch in den immer zahlreicher werdenden Studien zur deutschen Exilliteratur wird der Name des im August 1939 emigrierten, zunächst in die Schweiz geflüchteten Österreichers, der die letzten sechs Lebensjahre in New York verbrachte, selten genannt. Etwaige Beziehungen zwischen Beer-Hofmann und Rilke werden selbst in dem wichtigen Briefwechsel Beer-Hofmanns mit Hugo von Hofmannsthal, vorbildlich ediert von Eugene Weber mit einer kenntnisreichen Einleitung aus der Feder von Rudolf Hirsch, nicht angedeutet. Lediglich J. Hellmut Freund hat einmal im S.-Fischer-Almanach eine kleine Auswahl aus der Fülle der an Beer-Hofmann gerichteten Briefe veröffentlicht, darunter auch drei bis dahin unbekannte Schreiben Rilkes.

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In der heute unübersehbaren Flut der gedruckten als auch der unveröffentlichten Literatur über Rainer Maria Rilke findet selbst der aufmerksame Leser so gut wie keinen Hinweis auf das Verhältnis des Prager Dichters zu dem Wiener Dichter Richard Beer-Hofmann (1866—1945). Auch in den immer zahlreicher werdenden Studien zur deutschen Exilliteratur wird der Name des im August 1939 emigrierten, zunächst in die Schweiz geflüchteten Österreichers, der die letzten sechs Lebensjahre in New York verbrachte, selten genannt. Etwaige Beziehungen zwischen Beer-Hofmann und Rilke werden selbst in dem wichtigen Briefwechsel Beer-Hofmanns mit Hugo von Hofmannsthal, vorbildlich ediert von Eugene Weber mit einer kenntnisreichen Einleitung aus der Feder von Rudolf Hirsch, nicht angedeutet. Lediglich J. Hellmut Freund hat einmal im S.-Fischer-Almanach eine kleine Auswahl aus der Fülle der an Beer-Hofmann gerichteten Briefe veröffentlicht, darunter auch drei bis dahin unbekannte Schreiben Rilkes.

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Niemand aber, so will es scheinen, hat dieser Publikation viel Beachtung beigemessen, geschweige denn die Frage gestellt nach dem Verhältnis dieser beiden aus dem alten Österreich stammenden Briefpartner, deren Lebensweg jeden von ihnen ins Ausland, den einen in die Schweiz, den anderen nach Amerika geführt hat. — Und doch lohnt es sich, dieser Beziehung einmal nachzugehen und die vorhandenen Dokumente und Lebenszeugnisse zu untersuchen, selbst wenn das Resultat nur einen kleinen Baustein zur Biographie der beiden Männer liefert.

Der in Wien geborene Richard Beer-Hofmann war von Haus aus zwar promovierter Jurist, hat aber niemals diesen Beruf ausgeübt, sondern sich — da finanziell unabhängig — schon frühzeitig ganz seinen verschiedenen Neigungen, vor allem Literatur, Kunst, Theater und Reisen, widmen können. Bereits in seiner Jugend gehörte er, im Urteil seines Vetters Erich von Kahler, schon damals „eine dominierende Figur“, den Kreisen der jungen Wiener literarischen Bewegung an und verkehrte freundschaftlich mit einigen ihrer Hauptvertreter, wie Arthur Schnitzler und Hugo von Hofmannsthal. „Sein Kunstverstand sein Rat“ — so berichtet Kahler — „waren gesucht, sein Urteil war gefürchtet. Ein hoher Ruf ging seiner Produktion schon voraus, und von Anfang an wurde alles, was er publizierte, von den literarischen Zirkeln in Deutschland wie eine kostbare Gabe aufgenommen. Wenige Autoren könnte man nennen, die so kampflos ihre bedeutende Stellung in der Öffentlichkeit erreicht haben.“

Aus der glücklichen Ehe mit Paula Lissy gingen drei Kinder hervor, von denen die heute in New York lebende Tochter Miriam Beer-Hofmann Lens durch ihres Vaters bekanntestes Gedicht, das „Schlaflied für Miriam“, in die Literatur eingegangen ist. Der junge Rilke lernte es in der von Graf Harry Kessler herausgegebenen, der österreichischen Literatur gewidmeten Nummer 2 der Zeitschrift Pan kennen und äußerte sich sogleich begeistert über dessen besondere Schönheit. Schon vorher hatte er in seinen Tagebüchern aus der Frühzeit (am 2. Dezember 1899) die ihn fesselnde Lektüre eines anderen kleinen Werkes Beer-Hofmanns erwähnt, von dem er nicht minder angetan war: „ ... Gleich darauf kam mir das Fragment aus Der Tod Georgs in die Hände, und ich mag es kaum fortlegen. Ich halte es wie einen Brief; eine Schrift spricht mit, das Papier, der Duft, der beim Umblättern wach wird — alles spricht dafür, daß es etwas Vertrauliches ist, an uns gerichtet und an viele, zu denen wir gehen werden wie Sendboten und Vorläufer.“

Es kann kein Zweifel bestehen, daß Beer-Hofmann schon damals eine fast magische Anziehungskraft auf den kaum 24jährigen Rilke ausübte. Kurze Zeit nach der Lektüre dieser Erzählung, bereits in der ersten Jännerhälfte des Jahres 1900, wendet sich Rilke erstmals an den Wiener Dichter, zu dem er voller Bewunderung aufblickt. Am 18. Jänner bedankt sich Beer-Hofmann, selbst noch am Anfang seiner literarischen Laufbahn stehend, für das ihm übersandte Exemplar von Rilkes Gedichtband Mir zur Feier. *

Es scheint, daß dieser ersten brieflichen Begegnung längere Zeit keine weiteren Bemühungen auf Seiten Rilkes um Kontakt mit dem zurückhaltenden, wenig korrespondenzfreudigen Wiener Dichter folgten. Immerhin findet sich in Rilkes Tagebuch bei der Eintragung vom 26. September desselben Jahres die foLgende, frühere Daten umfassende Bemerkung: „Im Atelier (von Clara Westhoff, seiner Frau) las ich später mein .Jüngstes Gericht'. Dann waren wir zu dritt bei Modersahn ... und endeten den überreichen Tag damit, daß ich im Atelier der blonden Malerin (Paula Becker-Modersohn) ,Der Tod Georgs' vorlas. Fragment ,Der Traum'.“ Und schon drei Tage später kommt er erneut auf Beer-Hofmann zu sprechen, diesmal im Vergleich zu dem Dänen Jens Peter Ja-cobsen.

Noch immer findet sich kein Beleg für eine etwa stattgefundene Begegnung der beiden Dichter. Im ersten uns erhaltenen Brief vom 19. Februar 1902 kommt Rilke, wie er sagt, „ganz unempfohlen zu ihm mit einer schweren Bitte“: Er möchte, entzückt von dem Schlaflied, „das eines der schönsten Gedichte ist, die ich weiß“, noch andere Verse Beer-Hofmanns kennenlernen und öffentlich vortragen „vor einem Publikum, das ich ernst erfunden habe und würdig, wirklicher Kunst sich leise zu nähern.“

Fast umgehend antwortet Beer-Hofmann aus Rodaun am 28. Februar: .....Ich habe gewiß nichts dagegen, daß Sie das .Schlaflied für Miriam' öffentlich lesen. Andere Verse kann ich Ihnen nicht zur Verfügung stellen — ich habe sonst keine geschrieben. Daß Sie so warmes und — wie ich wohl erkenne — so freundliches Empfinden dem ,Tod Georgs' entgegenbringen, hat mich gefreut... Vielleicht finden Sie, wenn Ihr Weg nach Wien führt, Zeit und Lust, mich aufzusuchen.“

Rilke mußte zwar die geplanten Vorträge auf den Herbst verschieben. Dennoch nimmt er voller Freuden die Aufforderung an, Beer-Hofmann einmal in Wien zu besuchen. Und „wenn sich ein sehr schöner Kreis bildet, dann werde ich wohl auch“ — so schreibt Rilke ihm am 8. März 1902 — „das .Schlaflied für Miriam' sagen: Es fällt mir nicht ganz leicht, andere zu Teilnehmern an diesem Gedicht zu machen; wie eine alte schöne Tradition lebt es in unserem entlegenen Haus im Moor. Ich hab' es nie gelesen. Hab' es einmal (mir scheint es vor langer Zeit gewesen zu sein) sehr lieben, sagenden Lippen nachgesagt; von mir hat meine Frau es erfahren, und sie schien es vergessen zu haben. Erst seit unsere kleine Tochter Ruth uns gegeben worden ist, weiß sie es wieder und spricht es manchmal am Abend, Wort für Wort, ohne zu zögern, wie aus tiefem, selbstverständlichem Wissen heraus, über dem schlafenden Kinde. Und vor den Fenstern ist dann die große Ebene und der hohe Himmel des Landes, in dem wir wohnen, wie eine Zustimmung und eine große Zukunft.“

Aus dem Frühjahr 1905 haben wir den nächsten undatierten Brief Rilkes, geschrieben während einer Kur im Sanatorium Dr. Lahmann, Weißer Hirsch bei Dresden, in dem er Beer-Hofmann für ein Widmungsexemplar von dessen Drama, Der Graf von Charolais, dankt:......Aber gesagt sein soll wenigstens

dieses: daß Ihr Buch und die liebe Art seines Gegebenseins mir eine große Freude sind. Auch daß es schon einmal — vergeblich — unterwegs war zu mir, in den allerersten Tagen seines Daseins, hat in dieser Freude eine Stelle. Damals las ich es gerade zum drittenmal. Denn schon im Herbst, da ich hörte, daß es einen .Grafen von Charolais' geben würde, bat ich Fischer, mich vorzumerken, und später, als das Buch gekommen war, legte es mir Ihr Verleger auf den Weihnachtstisch. Ich las es oft; und dann und wann war mir, als müßte ich Ihnen sagen, wie tief Ihre erwachsene Kraft mich auch in dieser, in mehr als einem Sinn neuen Arbeit, anzieht, überzeugt und ergreift. Wieviel ich auch da wieder von Ihnen empfangen habe und wie natürlich mir das ist: von Ihnen zu empfangen ...“

Rilke wünscht sich noch immer vergeblich, den von ihm so bewunderten Beer-Hofmann persönlich kennenzulernen. „Wenn ich nun an Berlin denke“, so schreibt er ihm aus dem Sanatorium bei Dresden am 27. März 1905, „so denke ich vor allem an Sie. Wie sehr wünsche ich mir diese Begegnung, seit wie lange.

Die Zeit baut an wunderbaren Erfüllungen für die Geduldigen...“

Aus diesen Worten Rilkes können wir wohl mit Sicherheit entnehmen, daß es noch immer nicht zu einer persönlichen Begegnung zwischen den beiden Dichtern gekommen ist, an der doch gerade Rilke, als dem dreizehn Jahre jüngeren, um die Freundschaft Beer-Hofmanns werbenden, so sehr gelegen war. Dem angekündigten Besuch des letzteren in Berlin hat er offenbar voller Sehnsucht entgegengeblickt und ist nun doppelt enttäuscht, daß seine kurzfristige Abreise ein Zusammensein in der Hauptstadt unmöglich macht. In seinem Brief aus Worpswede vom 4. Mai fragt Rilke, ob er schon in Berlin sei:

„VersäMme ich jetzt die liebe Begegnung mit Ihnen, zu der ich so dankbar bereit war? Ich denke traurig daran. ... Nun erwarte ich hier, wo ein weiter Frühling anhebt, den Ablauf meiner Erschöpfung ab, wozu auch mein Arzt rieth. Vor Mitte des Monats werde ich kaum nach Berlin zurückkehren; nur wenn es sich darum handelte, Sie noch zu erreichen, würde ich — nach Möglichkeit — versuchen, früher zu reisen.“ *

Für den Zeitraum von Mai 1905 bis zum Herbst 1907 sind uns wiederum keine Briefe der beiden Dichter erhalten. Nur verschiedene Buchwidmungen deuten auf Rilkes ständig wachsendes Bemühen hin, Beer-Hofmann über seine literarische Produktion auf dem laufenden zu halten. Das erste mit Sicherheit belegte Zusammensein fand am 26. Oktober 1905 statt. In einem Brief an Lou Andreas-Salome aus Meudon bei Paris berichtet Rilke darüber am 23. November: „Stell Dir vor, daß ich neulich, ganz Ende Oktober, von meinen Vorträgen in Dresden und Prag zurückkehrend, mich in Leipzig plötzlich in demselben Hotel mit Beer-Hofmann finde, mit ihm der Leipziger Premiere des .Grafen von Charolais' beiwohne (zu der er zufällig hingerathen war) und einen ganzen Abend liebenswürdigsten Verstehens mit ihm zubringe. Es gibt Überraschungen.“

Zwei Jahre vergehen bis zum zweiten Zusammentreffen im November 1907 in Wien. Rilke steht kurz vor einer Reise nach Venedig und darf sich aus Beer-Hofmanns Bibliothek einige wertvolle Bücher dorthin entleihen. Hierauf spielt er in seinem Brief vom 27. November an: „Von hier aus noch ... wollte ich Ihnen das nächste von den versprochenen Büchern schicken, das Buch der Bilder in seiner neuen Form. Mir liegt sehr daran, die Lücke in dem einen Bücherschrank auszufüllen, die der .Forestier Illuminato' zurückgelassen hat. Ich sehe sie immerzu in ihrer ganzen Schwärze, und fast mit Beschämung nehme ich das schöne Buch täglich in die Hand, seit meine venezianischen Bekannten ganz ungefragt meine Ver-muthung bestätigt haben; daß es äußerst selten und kostbar sei. Aber es macht mir auch eine seltene und kostbare Freude.“

Hier in Venedig entstanden im November 1907 zwei Beer-Hofmann gewidmete Gedichte, ein kürzeres, „Wir müssen immer wie die schwangeren Frauen ...“, das bisher in keiner Ausgabe von Rilkes Werken erschienen ist, sowie ein längeres, „Venezianischer Morgen“, das Beer-Hofmann vermutlich erst im folgenden Jahr in dem gedruckten Band Der Neuen Gedichte anderer Teil kennenlernte.

Im Herbst 1910 kommt es in München zur dritten persönlichen Begegnung der beiden Männer, wie aus der Widmung im ersten Band der Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge hervorgeht: „Richard Beer-Hofmann / herzlich und freudig beim unerwarteten Wiedersehn: München, 26. September 1910. Rilke.“

Zwei Jahre später, am 15. Mai 1912, treffen einander Rilke und Beer-Hofmann in der Stadt, die beiden so viel bedeutet hat: in Venedig. Von dort aus hatte Rilke im März ein Exemplar des Requiem für eine Freundin an Beer-Hofmann gesandt, der sich dafür in einem Brief aus St. Moritz vom 24. Juli bedankt: „Diese beiden Totenklagen und -feiern, in dem verhaltenen Ton dessen, der nahe — und doch nicht so nahe — stand, daß er denen, die es am härtesten traf, ihren Platz bestreiten möchte — sind wunderschön! Ich freue mich, mit Ihnen noch davon sprechen zu können, wenn uns günstige Zufälle — die sich uns schon oft dienstbar erwiesen — wieder zusammenführen.“

Wiederum vergehen drei Jahre, aus denen wir keine Zeugnisse der Beziehung zwischen den beiden Männern haben. Am 28. März 1915 schrieb Rilke, damals schon in München wohnend, für seine Freundin Lou Albert-Lasard aus dem Gedächtnis das ' „Schlaflied für Miriam“ nieder.

Die letzten Briefe Rilkes an Beer-Hofmann stammen aus Wien, wo Rilke im Frühjahr 1916 mit Lou Albert-Lasard in Rodaun gegenüber der Villa Hugo von Hofmannsthals wohnte. Aus dem Ende der direkten Verbindung zwischen den beiden Dichtern darf man jedoch keineswegs auf ein allmähliches Nachlassen ihrer gegenseitigen Wertschätzung schließen. Wenn diese Vermutung auch zunächst naheliegen mag, so ist doch das genaue Gegenteil der Fall. In einem Brief an Rilke aus den ersten Monaten des Jahres 1922 muß Ilse Blumenthal-Weiss ihn offenbar an Beer-Hofmanns „Schlaflied für Miriam“ erinnert haben. In seiner Antwort aus Muzot vom 25. April, also viereinhalb Jahre vor seinem Tode geschrieben, heißt es dazu wörtlich:

„Was das ,Schlaflied'... angeht, so bringt auch dieses, wie Sie es nun nennen, mir besondere Erinnerungen herauf; ich kannte es ungefähr seit seiner Entstehung. Es war damals (so um 1902) das einzige Gedicht, das Beer-Hofmann je gemacht hatte; später kam, in der wunderbaren Seltenheit und Auswahl seiner Produktivität, noch ein anderes, ähnlich volles, zweites Gedicht hinzu —, ich wüßte nicht zu sagen, ob sich die Zahl dieser Köstlichkeiten inzwischen noch vermehrt hat. Wenn ich das ,Schlaflied' von der ersten Bekanntschaft an (da es herrlich in den Seiten des damaligen ,Pan' erschien) überaus bewunderte, so war es mir vergönnt, ihm (ich wußte es auswendig) in späteren Jahren auch unbedingte Bewunderer zu gewinnen. Als ich ein halbes Jahr lang in Schweden wohnte, ging das so weit,daß man mir nach unserem Gute hin, von anderen Gütern her den Wagen schickte, wie man einen Arzt holen läßt, nur damit ich sonst fremden Menschen, die von der außerordentlichen Schönheit dieses Gedichtes gehört hatten, die Verse vorspräche —: eine Forderung, der ich mich jedesmal ergriffen und mit dem ganzen Glück meiner eigenen Bewunderung unterzog.“

In einem ihrer früheren Briefe hatte Ilse Blumenthal-Weiss die Frage des jüdischen Schicksals in unserer Zeit aufgeworfen. Hierauf bezieht sich der folgende Abschnitt aus demselben Brief Rilkes vom 25. April: „Beer-Hofmann (während so viele jüdische Menschen dieses schwere Schicksal nur in seinen Brüchen und ausweichenden Bögen vorzustellen scheinen) war mir immer ein Beispiel seiner Größe und Würde, von der auch im langen und bedrängten Exil nichts Wesentliches aufgegeben werden mußte...“ Diese Worte Rilkes muten geradezu prophetisch an, und man ist geneigt, sie als trefflichste Charakterisierung des Menschen Richard Beer-Hofmann anzusehen, der eine solche vorbildliche Größe und Würde in seiner Lebenshaltung bewahrte, als er, fast zwei Jahrzehnte später, Flucht, Verbannung und Exil ertrug, ohne zu klagen.

Mit der Liebe für Beer-Hofmanns „Schlaflded für Miriam“, das Rilke bereits in seinem ersten Brief an den Wiener Dichter vom 19. Februar 1902 bewundert, hatte die eigentliche Beziehung begonnen. Ist es nicht mehr als nur ein Zufall, daß sich der Kreis zwei Jahrzehnte später schließt mit dem Brief an Ilse Blumenthal-Weiss, der jüdischen Briefpartnerin, der Rilke seine unvergeßlichen Erinnerungen an die Bedeutung des Schlaflieds in seinem Leben mitteilt?

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