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Eine eigene Familienpartei?

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Isl der Traum von einer eige- nen katholischen Partei jetzt Wirklichkeit geworden! Und ist’s wirklich ein Traum, was via Leopold Kendöl auf uns zukommt? Oder kann's gar zu leicht zum Alptraum werden?

Leopold Kendöl darf man - und zwar mit Ausschließlichkeit - lauterste. Motive unterstellen. Er hat sicher keinen anderen politischen Ausweg mehr gesehen, als selber eine Familienpartei zu gründen. In den traditionellen Parteien, so erklärte der aus diesem Anlaß zurückgetretene Präsident des Katholischen Familienverbandes, sei zu wenig für die Familie durchgesetzt worden.

Mag sein, daß der Senkrechtstart des dänischen Steuersparers Mogens Gli- strup ein wenig bei diesen Überlegungen mitgespielt hat. Mag sein, daß Kendöl auch für Österreich einen solchen Überraschungserfolg für möglich hält. Glistrup hatte ja die konventionellen Parteien einige Zeit zu Paaren getrieben, ehe sein Stern ebenso schnell wieder verlosch, wie er aufgegangen war.

Für Österreichs Familien sei hur mehr eine ganz radikale Maßnahme erfolgverspre chend, meint Kendöl ganz offensichtlich'. Er zielt dabei auf die Beschwichtigungshofräte in beiden Großparteien.

Wer sich hierzulande für Familie entscheidet, hat für eine deutliche Herabsetzung seines finanziellen Standards entschieden. Der Abstand vergrößert sich eher, als daß er sich verringert hätte. Familienpolitik in Schillingen gemessen, ist kein sehr motivierendes Kapitel für Familienerhalter.

Glücklicherweise messen wir hier nicht in Schillingen. Zumindest viele von uns. Sonst sähe die Geburtenstatistik noch beängstigender aus, als sie dies ohnehin tut. Aber ein Ruhmesblatt für Familienpolitik darf sich tatsächlich keine Partei an den Hut stecken.

Ob eine eigene Familienpartei freilich hier mehr Brot ins Haus bringt, mag mit Fug und Recht bezweifelt werden.

Sicher muß man hingegen sein, daß diese Partei den traditionellen Parteien sehr ungleich zu schaffen machen wird. Ohne Zahlenmaterial zur Verfügung zu haben, darf sich selbst der kleine Moritz ausrechnen, daß die Familienpartei der ÖVP auf den Kopf fällt.

Damit hätte die Regierungspartei als Quittung für ihre - nicht nur nach Kendöls Meinung unzureichende - Familienpolitik sogar einen relativen Stimmengewinn.

Theoretisch ist das ziemlich klar. Ob die Gründer der Familienpartei dieses Paradoxon bedacht haben, das zu fragen hat ein Nichtjournalist nur schwer Gelegenheit. Noch tritt die Partei ja nicht in einer breiteren Öffentlichkeit auf.

Kendöl ist sicher mit beiden Großparteien unzufrieden. Sonst hätte er seinen Schritt nicht gesetzt. Aber seine Maßnahme kann sehr leicht dazu führen, daß die Position der Familie weiter verschlechtert wird.

Was passiert denn, wenn seine Partei antritt und kein Mandat gewinnt? Dann kann man behaupten, die Sache der Familien sei eben doch nicht wichtig genug. Kendöl kann nicht einmal selber seine Stimme als Mandatar erheben.

Was passiert, wenn die Partei in den Nationalrat einzieht? Wird sie dann - mit welchen Zugeständnissen - Partner welcher kleinen Koalition sein? Wird man also wieder verhandeln müssen, ohne ein wirkliches Druckmittel zu besitzen?

Es scheint so, als würde sich hier eine fatale Doppelmühle öffnen. Wie’s immer ausgeht, wird’s den Familien möglicherweise nicht mehr helfen als ein gut verhandelnder, mit den Parteien auf respektabler Distanz befindlicher Familienverband alten Zuschnitts.

Kann sein, daß eine ganz andere Idee dahintersteckt. Was ist, wenn Kendöl gegen entsprechende Zugeständnisse in den Wahlprogrammen fünf vor zwölf auf seine Kandidatur verzichtet? Das wäre eine sehr kluge Lösung. Mir wäre sie auch sympathisch.

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