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Eine enge Beziehung

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Seit der 1,8 Millionen-Spende von Jacobs für die Otello-Pre-miere der Wiener Staatsoper ist die Kunst auf der Suche nach einer Melk-Kuh. Da werden Symposien veranstaltet, Steuererlässe publiziert und Broschüren herausgegeben. „Sponsoring“ wird als „neues“ Kommunikationsinstrument gepriesen, an dem man nicht vorbeikommt.

Unternehmern, die sich schon bisher in Sachen Kunst engagiert haben, entlockt der plötzliche Rummel nur ein müdes Lächeln. Sie hatten auch vor dem bewußten „Sponsorerlaß“ kaum Probleme mit der steuerlichen Absetzbarkeit ihrer kunstfördernden Maßnahmen, weil sie für ihr gutes Geld ohnedies eine werbliche Gegenleistung verlangen mußten und selbstredend zugestanden bekamen. Als professionell agierende Manager verfolgten sie klar umrissene Kommunikationsziele und gingen mit den Kunstschaffenden nur solche Vereinbarungen ein, die beiden Seiten zum Vorteil gereichten. Ihr Vorgehen war im besten Sinne des Wortes partnerschaftlich und zumeist auch von persönlichem Engagement getragen, da keineswegs ganz risikofrei.

Beispiele für solche Sponsor-ships gibt es im Großen wie im Kleinen. Zu den Pionieren gehörte zweifellos der Schuherzeugerund -händler Humanic, dessen kunstsinniger Werbeleiter die Grenzen des Sponsoring sogar sprengte, indem er Avantgardekunst in die gesamte Unternehmenspolitik integrierte.

Das Paradebeispiel eines Sammlers mit Leidenschaft lieferte Karlheinz Essl, dessen Schö-mer-Gruppe (bauMax) mehr als 1.500 Werke der österreichischen Nachkriegskunst zusammentrug und sogar noch ein Firmengebäude in den Klosterneuburger Donauauen errichtete, in dem Teile der Sammlung entsprechend präsentiert und der interessierten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.

IBM nützte seine internationalen Medienkontakte, um das Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker zum weltweit beachteten Fernsehspektakel hochzustilisie-ren. Das Unternehmen organisiert Ausstellungen, ermöglichte die Fernsehserie über den Planeten Erde, unterstützt den Mozart-Wettbewerb für Nachwuchsmusiker und zahlreiche andere Projekte nach subjektivem Gutdünken.

Die Eternit-Werke bewahrten Skizzen und Aquarelle des großen Architekten Otto Wagner vor dem Ausverkauf ins Ausland, sie veranstalten auch regelmäßig Ver-nissagen.

Römerquelle richtet seit acht Jahren den größten Kunstwettbewerb Österreichs mit Preisen, Ankäufen, Stiftungen an öffentliche Sammlungen, Ausstellungen und Katalogen aus.

Die Kette der Sponsoren läßt sich über Geldinstitute, das heimische Tabakmonopol oder die Spielbanken AG zwar nicht beliebig, aber immerhin eine Zeitlang fortsetzen. Doch soll hier ein Beispiel hervorgehoben werden, das dem Wesen des Sponsoring besonders gerecht wird: Die Aluminiumfabrik Neuman in Marktl bei Lilienfeld (NO) gewährt Büd-hauern mehrwöchige Arbeitsaufenthalte. Die Künstler dürfen sich bei Material und Abfall bedienen, vorhandene Maschinen und Werkzeuge benützen, aber auch Hilfskräfte anfordern. Sie errichten auf dem Werkgelände ihre Plastiken und hinterlassen jeweils ein bis zwei Exemplare als Gegenleistung für die Förderung. Auf diese Weise vermag der Firmenchef seine Gäste bereits durch einen stattlichen Skulptu-. rengarten zu führen.

Der Modellcharakter dieser Aktion kommt darin zum Ausdruck, daß hier gegenseitiges Geben und Nehmen herrscht und beide Teile zufriedengestellt werden. Sponsoring, so Manfred Bruhn von der European Business School auf Schloß Reichhartshausen, sollte nun einmal auf dem Prinzip von Leistung und Gegenleistung beruhen. Einschlägige Aktivitäten bedürfen strategischer Planung und der Einordnung in den Marketing- oder Kommunikations-Mix einer Unternehmung. Firmen ohne klar definierte Ziele und ohne professionelle Werbe- oder PR-Arbeit werden auch mit Hilfe von Steuererlässen oder Symposien nicht in die Lage versetzt, sinnvolle Sponsorships einzugehen.

In der Bundesrepublik wird das Volumen der Sponsoringgelder auf mehr als 400 Millionen Mark beziehungsweise 2,5 bis 3 Prozent des gesamten Werbeaufwandes geschätzt. Etwa 80 Prozent der Gelder fließen in den Sport, kaum 20 Prozent in die Kultur. Bruhn erwartet eine Verdoppelung der Sponsorausgaben innerhalb der nächsten zwei, drei Jahre mit wachsenden Anteilen für Kultursponsoring.

Der nächste Trend aus den USA ist freilich bereits sichtbar: Sozio-Sponsoring. Sozial- und gesellschaftspolitische Aktivitäten der Wirtschaft, Förderung des Gesundheitswesens, des Umweltschutzes, der Wissenschaft und der Forschung. Unter dem Diktat leerer Staatskassen wird auf ein rasches Einspringen der Unternehmungen gehofft.

Der Autor ist Inhaber einer PR-Agentur und Kunstsammler in Wien.

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