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Eine Hochschule jubiliert

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Bei der Ubergabe des neuen Universitätsgebäudes am 7. Oktober 1977 hat Frau Bundesminister Dr. Hertha Firnberg der Erwartung Ausdruck gegeben, daß damit für diese jüngste Universität Österreichs ein neuer Abschnitt ihrer Geschichte beginnen möge. Seit dem 16. Jahrhundert, als es erstmals in Klagenfurt eine Hohe Schule in Form des Collegium sapientiae et pietatis gegeben hat, fanden mannigfaltige wissenschaftliche Institutionen in Kärnten ihren Sitz, und Initiativen für eine Hochschule auch in dieser Region reichen bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts zurück. Diese Initiativen konnten glücklicherweise in jene Phase bildungspolitischer Bestrebungen des 20. Jahrhunderts gerettet werden, in der der Boden Für die Neugründung einer Schwerpunkthochschule mit besonderem bildungswissenschaftlichen Auftrag günstig war.

So kam es am 21. Jänner 1970 zur Beschlußfassung des Bundesgesetzes über die Gründung einer Hochschule für Bildungswissenschaften in Klagenfurt durch den österreichischen Nationalrat. Dieses Jubiläum ist Anlaß, nicht nur die mit der Eröffnung des Universitätsgebäudes eingeleitete neue Entwicklung ins Blickfeld zu rücken, sondern auch Rückschau zu halten über das bisher Geleistete. r

Gegründet und entwickelt wurde ein neuer Hochschultyp, um mit der Bewältigung der ihm durch das Gründungsgesetz übertragenen Aufgabe zur

„Gegründet und entwickelt wurde ein neuer Hochschultyp”

Lösung der Probleme der Bildungsreform entscheidend beizutragen.

Der Universität für Bildungswissenschaften kommt es zu, wissenschaftliche Hilfestellung bei der Bewältigung des Bildungsauftrages der Universitäten und des realen Bildungsgeschehens zu bieten und damit bildungsinnovato-rische Impulse zu geben. Es kommt ihr weiters zu, das regionale Begabtenpo-tential auszuschöpfen, weil ja sozialer Aufstieg immer ausschließlicher über das Bildungssystem möglich und eine höhere Bildung zunehmend ein Bestandteil des Wohlstandes ist, wenn man Bildung als wesentliches Element von Lebensqualität versteht. Im Rahmen dieser Aufgabenstellung hat die Universität Für Bildungswissenschaften, die wie alle Neugründungen der letzten beiden Jahrzehnte eine sehr schwierige Anfangsphase zu bewältigen hatte, wesentliche und mittlerweile auch anerkannte Pionierarbeiten auf didaktischen Gebieten, in der Reform der Studienpläne Für die Ausbildung von Lehramtskandidaten, im Bereich der Mediendidaktik, der politischen chen Tätigkeit dieser Universität stehen, deren vordringlichste Aufgabe es am Beginn des zweiten Jahrzehntes ihrer Entwicklung sein müßte, das Bestehende und bisher Erreichte zu konsolidieren und auszubauen, um damit die günstigen Voraussetzungen, die bereits bestehen, zu erweitern. Die Universität für Bildungswissenschaften verfügt in der an ihr eingerichteten Studiengängen heute wohl über die vergleichsweise besten Studienbedingungen in Österreich, wobei der mitunter geäußerte Vorwurf, daß sie auch bloß in erster Linie Lehrer für die Allgemeinen Höheren Schulen ausbilde, insoferne nicht zurecht besteht, weil es gelungen ist, nicht nur diese Ausbildung auf eine neue Basis zu stellen, sondern darüber hinaus der geforderten Neuorientierung des sogenannten Lehramtsstudiums entscheidende Impulse zu geben.

Dies zeigt sich allein schon am Beispiel der hier entwickelten Modelle für das Schulpraktikum-und Für die pädagogische Ausbildung der Lehramtskandidaten. Dieser Bereich ist zum jetzigen Zeitpunkt so weit gediehen, daß er ohne weiteres an anderen Universitäten, selbstverständlich angepaßt an die jeweiligen'Gegebenheiten, zur Anwendung kommen kann.

Die Universität Klagenfurt hat auf dem ihr übertragenen Hauptgebiet, nämlich der Erforschung des permanenten Prozesses des Lehrens und Lernens im ersten Dezennium ihres Bestehens, Grundlegendes geleistet. Sie hat konsequent aus diesem Gebiet ihre Lehr- und Forschungsschwerpunkte abgeleitet, wie sie sich in der Betreuung der Problemfelder der Unterrichtstechnologie, der Mediendidaktik, der Cur-riculumforschung, der Schulpädagogik, der Erwachsenenbildung, der Lehrerweiter- und -fortbildung und in den didaktischen Schwerpunkten der Fachinstitute ausdrücken. Sie ist zu einem nicht mehr wegzudenkenden und anerkannten Mitglied in der österreichischen Universitätslandschaft und akademischen Zentrum geworden. Sie hat in Lehre und Studium nicht nur regional Impulse gesetzt.

Die Universität für Bildungswissenschaften Klagenfurt ist auch sehr weitgehend dem schon durch das Gründungsgesetz formulierten Modellcharakter gerecht geworden. Seitens des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung wurden ihr etliche neue Aufgaben gestellt. Ein weiterer Ausbau wird einerseits von der Bewältigung dieser neuen Aufgaben (z. B. Fernstudien) abhängen und andererseits davon, welche neuen und sonst in Österreich nicht vorhandenen Bereiche ihr darüber hinaus übertragen werden. Planungsdiskussion und Planungsarbeiten dazu sind universitätsintern voll im Gange, wobei festgestellt werden darf, daß die Universität für Bildungswissenschaften eine ist, die sich ständig mit sich selbst auseinandersetzte, sich gleichsam selbst erforschte und ihre Stellung im Bildungsprozeß beurteilte, daraus ihre künftigen Aufgaben ableitend.

Sie hat damit im ersten Jahrzehnt auch einen Beitrag geleistet zur Lösung der Frage, die heute bildungs- und gesellschaftspolitisch von hoher Relevanz ist; zur Lösung der Frage nämlich, welche Wege Gestalt, innerer Zusammenhang, Außenwirkung und bildungspolitische Funktion der Institution „Universität” bis zum Ende unseres Jahrhunderts und darüber hinaus einzuschlagen haben.

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