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Eine Kirche des Friedens

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Die Kirche ist auf verschiedenen Ebenen bemüht, einen echten Beitrag zur Festigung des Friedens in der Welt zu leisten. Da ist zunächst die intensive Mitarbeit des Heiligen Stuhls in den verschiedenen Organisationen der Vereinten Nationen. Ich möchte hier vor allem an die von allen Mächten geschätzte Tätigkeit der Vertreter des Heiligen Stuhls bei den beiden in Wien beheimateten internationalen Organisationen IAEA und UNIDO erinnern.

Es war auch kein Zufall, daß der Heilige Stuhl den Atomsperrvertrag mitunterzeichnet oder sich an der Europäischen Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit beteiligt hat. Der Heilige Stuhl möchte nicht im Konzert der Mächte „mitspielen“, sondern durch das moralische Gewicht seiner Mitarbeit zum Ausdruck bringen, wie sehr sich die Kirche mit allen Initiativen identifiziert, die zur Erreichung, Stärkung und Festigung des Friedens in der Welt beitragen können.

Neben seiner Mitarbeit in den internationalen Gremien hat der Heilige Stuhl gerade unter dem Pontifi-kat des jetzigen Papstes Johannes Paul II. begonnen, eigene Friedensinitiativen in Krisengebieten zu setzen. Ich möchte nur an die päpstliche Vermittlung im Grenzstreit zwischen Argentinien und Chile erinnern.

Aber die Kirche ist nicht nur auf diplomatischer Ebene für den Frieden tätig. Die 'Verkündigung des Evangeliums - ob sie nun durch den Papst in seinen Ansprachen, ob sie durch das Fernsehen oder durch die Predigt in einer schlichten Pfarrkirche irgendwo in der Welt geschieht - zielt darauf ab, die Friedensgesinnung der Menschen zu stärkenj ihnen begreiflich zu machen, daß sie im Nächsten den Bruder sehen sollen, der genauso von Gott geschaffen und geliebt ist wie sie. Im Grunde genommen ist die gesamte Tätigkeit der Kirche ein einziger Aufruf zum Frieden - und zwar zu einem wahren, echten, aus innerster Uberzeugung kommenden Frieden.

Mit dem Einsatz für den Frieden steht das Engagement zur Uberwindung der Kluft zwischen- Industrie-und Entwicklungsländern in engem Zusammenhang. Denn ohne Gerechtigkeit gibt es keinen wahren Frieden - diese Meinung kehrt in allen Friedensaussagen der letzten Päpste wieder. Der Nord-Süd-Konflikt wird von Tag zu Tag schärfer, die permanente Ungerechtigkeit in der Vertei-• lung der Güter dieser Erde schafft ein Klima dauernden Mißtrauens, das für die Weltentwicklung im ganzen bedrohlich ist.

Letztlich geht es um eine ethische . Frage: Dürfen die Menschen in den reichen Ländern ihr Glück, ihren Wohlstand auf dem Unglück und der Not der anderen aufbauen? Ist eine solche Haltung menschlich überhaupt zulässig?

Für den Christen stellen sich diese Fragen angesichts der Worte Christi in der Bergpredigt mit doppelter Schärfe. Man muß dazu sagen, daß die Christen in Österreich, besonders die jungen unter ihnen, bereits begonnen haben, sich diesen Fragen sehr mutig zu stellen und auch Konsequenzen für ihr eigenes Handeln daraus zu ziehen.

Insgesamt wird man sagen können, daß die beharrliche Motivierungsarbeit der Kirche in Österreich in Sachen Dritte Welt viel dazu beigetragen hat, daß die Bereitschaft der Menschen zunimmt, sich für das Anliegen der Entwicklungsländer einzusetzen.

Trotzdem wird man sich auch und gerade in Österreich - das durch die Eröffnung der UNO-City ganz neu ins Blickfeld der Länder der Dritten Welt rückt - überlegen müssen, wie das Prinzip des Teilens in den kommenden Jahren in die Praxis umgesetzt werden kann. Denn daß die Reichen mit den Armen teilen müssen, daran gibt es keinen Zweifel. Ebenso wie in den industrialisierten Ländern die brennende soziale Frage an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert nach Lösungen verlangte, muß heute die soziale Ungerechtigkeit im Weltmaßstab überwunden werden.

Wir können nicht von Menschenwürde und Menschenrechten reden und gleichzeitig zulassen, daß Millionen von Menschen ihren notwendigsten Bedarf in Sachen Nahrung, Kleidung, Wohnung, Bildung und Gesundheitsvorsorge nicht decken können. Die Menschen in den reichen Ländern werden sich von Tag zu Tag drängender fragen müssen, ob sie weiter an ihren mehr als reich gedeckten Tischen ruhig tafeln können, während der „arme Lazarus des Evangeliums“ Hungers stirbt.

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