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Eine neue Jugend ?

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Eine der großen Überraschungen des österreichischen Katholikentages und des Papstbesuches war die Jugend. Es war nicht nur die sehr beeindruckende Begegnung des Papstes mit der Jugend im Stadion; es war überhaupt die Jugend im Rahmen des Katholikentages, sei es bei der nächtlichen ökumenischen Feier im Stephansdom, wie auch ihre Teilnahme an vielen anderen Veranstaltungen.

_ Viele bewunderten ihre Freund- lichkeit, die Diszipliniertheit, ihr Beten und Feiern. Es war nicht eine Jugend am Rande der Kirche, sondern eine Jugend in der Mitte der Kirche; es war nicht eine Jugend, die von Erwachsenen betreut wurde, sondern die selbst gestaltete.

Es war ein ungewohntes Bild von Kirche und Jugėnd. Und wohl deswegen sprachen manche von einer neuen oder anderen Jugend. Und trotzdem: Es ist die gleiche Jugend, die es vor dem Katholikentag gab, und die es jetzt nach dem Katholikentag gibt. Es sind nur sehr viele — Erwachsene und Jugendliche — in ihren Urteilen und Vorurteilen verunsichert.

Manche versuchen auch schon sich neu zurechtzufinden, in dem sie z. B. die katholische Jugend mit kleinem k und die Katholische Jugend mit großem K und die Jugend als solche und ihre Funktionäre voneinander trennen, um ihr altes Urteil den einen und ihre neue Erfahrung den anderen zuzuschreiben. Aber das ist sicher kein Weg, der in die Zukunft führt.

Viele - Bischöfe, Priester, Eltern, Religionslehrer, Jugendfunktionäre — wissen um die Unzulänglichkeit kirchlicher Jugendarbeit in den vergangenen Jahren. Manche haben deswegen auch ein schlechtes Gewissen. Es gibt keinen Grund, jetzt dieses Gewissen zu beruhigen.

Es sollen sich alle durch die Er fahrung des Katholikentages im Innersten betreffen lassen: Es gibt eine Jugend, die scheinbar doch viel offener ist für Jesus Christus und die Kirche als wir oft meinten; es ist dies eine Jugend, der die Erwachsenen und vielleicht auch manche Jugendfunktionäre viel schuldig blieben und bleiben. Es gibt auch eine Jugend, die viel stärker das Leben der Kirche mitgestalten könnte, die aber sehr oft dazu nicht die Möglichkeit hat, weil Erwachsene und

Jugendliche nicht den Weg zueinander finden und gegenseitige Angst die Kräfte lähmt.

Es wird nicht leicht sein, in der nächsten Zukunft neue Wege für die Jugend in der Kirche zu finden, aber es wurde vielleicht doch durch den Katholikentag eine Atmosphäre geschaffen, die es erleichtert, gemeinsam nach diesem Weg zu suchen.

Der Papst hat für dieses Suchen ein Leitwort gegeben: „Ihr wißt den Weg. Unser Weg ist Jesus Christus. Gehen wir diesen Weg miteinander.” Dieses Leitwort soll für Erwachsene und Jugendliche zu einem gemeinsamen Bekenntnis werden, das sich im konkreten Leben auswirkt.

Die Erwachsenen brauchen die Jugend und die Jugend braucht die Erwachsenen. Erwachsene ohne Jugend verkarsten und vergreisen - auch in der Kirche oder gerade in der Kirche - und Jugendliche ohne Erwachsene gehen pft in die Irre.

„Jesus Christus - unser Weg” und „Gehen wir diesen Weg miteinander”: Diese beiden Worte können auch die geistige, spirituelle Grundlage bilden, auf der die konkreten Probleme mitein ander in Angriff genommen werden. Und solche gibt es viele:

• den Mangel an jungen Priestern und Kaplänen, die oft die Brücke zwischen den Jugendlichen und Erwachsenen waren; sie waren ihre Seelsorger und nicht selten auch Freunde;

• die Ortlosigkeit vieler Jugendlichen in den Pfarrgemeinden;

• die vielen Pendler an die Arbeitsplätze und in die Schulstädte — neue Verhältnisse, die von der Pastoral noch lange nicht bewältigt sind;

• die Isoliertheit des Religionsunterrichtes und auch vieler Religionslehrer von den Pfarrgemeinden und der außerschulischen Jugendarbeit - soweit es überhaupt eine solche gibt;

• die großen Unterschiede in den Umgangsformen und der Mentalität zwischen Jugendlichen und Erwachsenen;

• die unterschiedlichen Auffassungen in Fragen des Glaubens und der Moral;

• die Überforderung der Zentralstellen der Katholischen Jugend, ihr mangelnder Kontakt zur Basis, ihre Programme und Strukturen, die nicht immer den Bedürfnissen der Jugendarbeit in den Gemeinden entsprechen.

• Und es gibt jene Probleme, die sich auch für die Erwachsenen daraus ergeben, daß sie in einer weltanschaulich pluralen Welt leben.

Angesichts dieser und noch anderer Probleme ist es eigentlich ein Wunder, daß es trotzdem viele Jugendliche gibt, die zu ihrem Glauben und der Kirche stehen.

Das letzte große Konzept für kirchliche Jugendarbeit stammt aus der Nachkriegszeit. Die Jugendarbeit wurde damals unter das Leitwort gestellt: „Jesus Christus — unser Leben”. Inzwischen sind fast 40 Jahre vergangen und es hat sich vieles verändert. Es ist an der Zeit, neue Wege der Jugendarbeit zu finden.

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