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Eine Politik der Nachbarschaft

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„Die Steiermark — Brücke und Bollwerk”: Dies wird das programmatische Motto der Landesausstellung 1986 auf Schloß Herberstein sein, die damit den historisch erwachsenen auch internationalen Auftrag unserer Heimat als jahrhundertelanges Grenzland am Schnittpunkt der drei großen europäischen Kulturkreise — des deutschen, des romanischen und des slawischen — und als ehemalige Residenz der Erzherzöge Innerösterreichs mit Strahlkraft Südosten umschreibt.

Es macht dies aber auch zwei Hauptdimerrslonen unseres politischen Handelns deutlich:

Die Notwendigkeit eines wohldefinierten kulturellen und nationalen eigenen Standpunktes und einer gedeihlichen geistigen und materiellen Entwicklung vor allem in unserem Grenzland. Daraus resultiert vor allem auch der Auftrag zur besonderen Förderung unserer Grenzregionen. Mein Vater hat als Landeshauptmann erstmals im Landesbudget 1958 eigene Mittel unter dem Titel „Grenzlandförderung” verankern lassen und damit den Begriff „Grenzlandpolitik” österreichweit wesentlich mitgeprägt. Landeshauptmann Dr. Niederl und ich haben diesen guten Weg der Förderung eines eigenständigen und lebendigen Grenzlandes entschieden fortgesetzt und konnten allein in den letzten fünf Jahren steirischen Grenzbezirken rund sieben Milliarden Schilling an Landesmitteln zur Verfügung stellen.

Die aktive Nachbarschaftspolitik, durch die wir das friedliche Miteinander in unserem historischen Raum gerade auch angesichts unterschiedlicher wirt-schafts- und gesellschaftspolitischer Systeme besonders unterstreichen wollen. Grenze ist für mich auch immer Brücke zum Nachbarn.

Diese Brückenfunktion ist uns heuer besonders bewußt, da unsere KarHT ranzens-Universität, eine Gründung des Erzherzogs Karl von Innerösterreich, ihr 400-Jahr-Jubiläum feiert und da im Frühjahr die 100. Grazer Messe ihre Pforten öffnete.

Die Karl Franzens-Universität hatte zu allen Zeiten, besonders auch zur Zeit der Gründung, eine besondere Strahlkraft für Studenten aus dem südöstlichen Raum Europas—Slowenen, Kroaten, Ungarn, Friaulaner. Ja, die Universität Graz war lange Zeit die einzige Hohe Schule, an der christliche Studenten auch aus dem türkisch beherrschten Südosteuropa studieren konnten. So war Graz ein Zentrum abendländischer Bildung und Kultur für diesen Teil Europas und wird auch heute immer wieder geistigkulturelles Zentrum.

Zu Zeiten Erzherzog Karls erlebten auch die großen Grazer Jahrmärkte, die eigentlich Vorläufer der Grazer Messe sind, eine neue Hochblüte, vor allem auch in bezug auf den Handel mit diesem südosteuropäischen Raum. Diese Tradition setzt die Grazer Messe fort und hat seit 1953 als Tor unserer Wirtschaft zu den südlichen und östlichen Nachbarländern den verpflichtenden Titel „Südost-Messe” getragen. Damit erfüllt sie eine ganz besonders wichtige Aufgabe, die uns als jahrhundertelangem Grenzland und Residenz der habsburgischen Ländergruppe Innerösterreichs, die weite Teile der in der heutigen Arbeitsgemeinschaft Alpen-Adria zusammenarbeitenden Länder, Regionen und Republiken Österreichs, Italiens und Jugoslawiens umfaßte, vor allem auch als Wirtschaftsraum zugekommen ist.

So versuchen wir, die uns historisch erwachsene internationale Verantwortung in allen Bereichen zu erfüllen, für den Bereich der Kunst nenne ich den Trigon-Ge-danken der Dreiländer-Biennale der bildenden Künstler Österreichs, Jugoslawiens und Italiens im Rahmen des „Steirischen Herbstes”.

Ich meine, daß wir mit dieser aktiven Nachbarschaftspolitik und dem dichten Geflecht vielfältiger wissenschaftlicher, wirtschaftlicher, kultureller und menschlicher Kontakte in unserem mitteleuropäischen Raum sinnvoll für die weltweit notwendige Förderung und Festigung der friedlichen und vertrauensvollen Begegnung und Zusammenarbeit wirken können. Denn unsere Aufgabe kann es nicht so sehr sein, große Appelle an die weite Welt zu richten, sondern im überschaubaren Raum einen konkreten Beitrag zu leisten.

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