6861711-1977_40_01.jpg
Digital In Arbeit

Eine Presse für den Menschen

Werbung
Werbung
Werbung

„Die katholische Presse im weitesten Sinn soll nicht nur eine Presse von Katholiken für Katholiken sein, von Kirchenmännern für das Kirchenvolk, sondern darüber hinausgreifend soll sie Allgemeingültiges zu allen Menschen reden.“ Dies betonte Erzbischof Dr. Franz König - damals’ noch nicht Kardinal -, als er im Oktober 1957 die Teilnehmer am fünften Weltkongreß der Katholischen Presse in Wien begrüßte. Fast genau zwanzig Jahre später versammeln sich wieder katholische Journalisten aus aller Welt in Wien zum elften dieser Reihe. An der Gültigkeit jenes Grußwortes hat sich seither nichts geändert.

Und das hat viel zu sagen. Damals - 1957 - waren erst zwölf Jahre nach Kriegsschluß vergangen, zwei Jahre seit dem Staatsvertrag. Noch lebte Pius XII., der in seiner Botschaft an den Kongreß vor allem seinem Entsetzen über den „Strom der heute von der Technik der Nachrichtenübertragung verbreiteten Irrtümer und falschen sittlichen Grundsätze“ Ausdruck gab. Noch gab es keinen Johannes XXIII. und kein Konzil. Noch sprach niemand vom Pluralismus in der Kirche. Und in der katholischen Presse.

Auch die Leitworte der Kongresse von damals und von heute deuten auf die Veränderung der Landschaft in diesen zwanzig Jahren: „Katholische Presse in Kirche und Welt“ damals - eine Standortbestimmung in einer Zeit, da Pius XII. fragte: „Warum eine schwankende öffentliche Meinung unnötigen Erschütterungen ausset- Ven, nur weil man es unterlassen hat, ihr rechtzeitig die passenden Informationen zu erteileh, die zu erhalten sie das Recht hat?“ „Eine Presse für den Menschen“ heute - Zielansprache im Sinn der Richtlinien, die das Konzil, speziell das Pastoralschreiben „Com- munio et progressio“, inzwischen gegeben hat.

Denn in diesen Jahren hat sich die Welt, hat sich auch die Kirche in ihren Erscheinungsformen wie in ihren Denkstrukturen wesentlich verändert. Für die Katholiken steht das Zweite Vatikanische Konzil als großer Merkstein in diesem Veränderungsprozeß. Für die Journalisten zählt nicht nur die rasante Entwicklung im technischen Bereich, nicht nur - für den Zeitungsjournalisten - die Verlagerung der Gewichte im Verhältnis zu den elektronischen Medien, vor allem dem Fernsehen. Mehr noch zwingt die von der Kommunikationswissenschaft entwickelte neue Konzeption des publizistischen Prozesses zum Umdenken: Nicht mehr die Einbahnstraße vom Publizisten zum Leser soll für den Kommunikationsvorgang maßgeblich sein, sondern das „Zeitgespräch der Gesellschaft“, die Diskussion am grünen Tisch der Massenmedien, in der jeder Teilnehmer Kommunikator, jeder auch Rezipient ist.

Dieses Modell macht sich auch „communio et progressio“ zu eigen. Dieses vatikanische Dokument, das inzwischen zum Grundgesetz der katholischen Publizistik geworden ist, ruft alle Bürger auf, zur Bildung der öffentlichen Meinung beizutragen. Von den Rezipienten - den Lesern und Hörern- hänge es ab, ob ein wirkliches Gespräch zustande kommt. „Bleiben sie passiv und stumm, wird Kommunikation zur Einbahnstraße, auch wenn sich die Kommunikatoren noch so sehr um einen Dialog bemühen.“

Das Papier unterstreicht die Notwendigkeit, daß sich auch in der Kirche eine öffentliche Meinung entfalte, daß jęder Gläubige das Recht und die Möglichkeit habe, sich über alles Erforderliche zu informieren, daß ein ständiger weltweiter und wechselseitiger Informationsfluß zwischen kirchlichen Autoritäten, katholischen

Einrichtungen und Gläubigen verläuft! Daß die Kirche sich schließlich ebenso bestehender Medien bedienen wie ihre eigenen sachgerecht einset- zen müsse.

Hier aber spielt die katholische Presse - im engeren wie im weiteren Sinn - nach wie vor eine große Rolle. „Die katholische Presse öffnet sich der ganzen Welt“, heißt es dort. Sie bringt Nachrichten, Kommentare und Meinungen über alle Aspekte des heutigen Lebens. Sie greift alle Schwierigkeiten und Probleme auf, mit denen der Mensch heute konfrontiert ist. All dies aber im Licht christlicher Lebensauffassung. Ferner ist es ihre Aufgabe, die Nachrichtengebung und die Berichterstattung über religiöse Fragen und kirchliches Leben zu ergänzen und, wenn nötig, richtigzustellen…Sie soll Forum für Begegnung und Austausch sein. Sie muß mit allem Notwendigen ausgestattet sein und über hinreichende Finanzmittel verfügen, damit sie eine unbestreitbare fachliche Qualität erreichen kann.“

„Eine Presse für den Menschen“ - das Leitwort muß auch als Appell an den Adressaten verstanden werden. „Die Gläubigen sind aufgefordert, die katholische Presse, die diesen Namen wirklich verdient, regelmäßig zu verfolgen, nicht allein wegen der Nachrichten über die Kirche, sondern auch wegen der christlichen Sicht in ihren Kommentaren. Damit ist keinerlei Eingriff in die Lesefreiheit des einzelnen oder in berechtigte örtliche Lesegewohnheiten beabsichtigt, auch nicht das Recht, die Meinungen anderer Publikationen zur Kenntnis zu nehmen.“

Wie schrieb Erzbischof König vor zwanzig Jahren? „Das Wort des katholischen Publizisten in der Kirche und in der Welt muß immer ein Wort sein, das die Wahrheit wirksam sagt. Es wird aber auch immer ein freies Wort sein, in der Kirche und der Welt gegenüber.“ Auch an der Gültigkeit dieser Forderung hat sich nichts geändert.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung