7056147-1991_18_13.jpg
Digital In Arbeit

Eine Reise wert - das Kulturland Albanien

19451960198020002020

Fast ausschließlich als Gruppenreisende kamen bisher Touristen in dieses Land, das ursprünglich von illyrischen Stämmen besiedelt war, und in dem Griechen, Römer, Slawen, die Anjous, Byzantiner, Venezianer und Osmanen ihre Zeugnisse hinterlassen haben. Seine Bewohner wurden früher ihrer Gastfreundlichkeit wegen gerühmt. Wird es sich künftig dem Fremdenverkehr (und seinen Devisen) öffnen?

19451960198020002020

Fast ausschließlich als Gruppenreisende kamen bisher Touristen in dieses Land, das ursprünglich von illyrischen Stämmen besiedelt war, und in dem Griechen, Römer, Slawen, die Anjous, Byzantiner, Venezianer und Osmanen ihre Zeugnisse hinterlassen haben. Seine Bewohner wurden früher ihrer Gastfreundlichkeit wegen gerühmt. Wird es sich künftig dem Fremdenverkehr (und seinen Devisen) öffnen?

Werbung
Werbung
Werbung

Obwohl die Kirchen zerstört, zweckentfremdet, oder „nur" vernachlässigt wurden - ebenso wie die Moscheen - gab es schon seit einigen Jahren im atheistischen Albanien eine Reihe von Kirchen-Museen. Südlich vom Ohrid-See, in der kleinen Industriestadt Korce, enthält das „Museum der mittelalterlichen Kunst" in der ehemaligen griechisch-orthodoxen Hauptkirche - 1927 hatte sich diese griechisch-orthodoxe Kirche in Albanien im übrigen autokephal (unabhängig) erklärt - eine Sammlung von Ikonen, Meßgeräten und anderen kirchlichen Gegenständen, die aus Klöstern und Kirchen der Umgebung stammen.

Nicht nur Touristen würden hier erwartet, erklärte vor Jahren bereits der Museumsdirektor, sondern auch

55

Den albanischen Schulklassen wird die ,hohe Kultur ihrer Heimat' vor Augen geführt... *

66

albanische Schulklassen. Ihnen wolle man allerdings nicht den religiösen Inhalt der bildlichen Darstellungen oder die Verwendung der Gegenstände erklären, sondern ihnen die „ho-

he Kultur ihrer Heimat" in vergangenen Jahrhunderten vor Augen führen.

Etwa 25 Kilometer von Korce entfernt, in dem Dorf Voskopoje, sind Fresken aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts des albanischen Malers Se-lenicase zu sehen, und zwar in der Kirche des Hl. Nikolaus.

Schwerer zugänglich, dafür aber umso verlockender, sind die Fresken in und an der Marienkirche auf der kleinen Insel Mali Grad im Prespa-See, dessen östlicher Teil jugoslawisch ist. Die Fresken stammen aus der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts. Sie sind zwar relativ gut erhalten, aber noch besser sind sie in kunsthistorischen Werken zu sehen.

Das noch heute stimmungsvolle Bergstädtchen Berat im Tal des Osum-Flusses, das als einstiges Zentrum der Bek-tashi-Sekte in der islamischen Welt berühmt war, ist insgesamt sehenswert. In einer sorgfältig renovierten und noch bewohn-

ten mittelalterlichen Burganlage sind drei kleine Kirchen aus dem 14. und 15. Jahrhundert zu Museen umgestaltet worden, die in ihrer Einfachheit außerordentlich reizvoll sind. Ihre Fresken und einige der Ikonen stammen von dem berühmtesten albani-

55

Die Marktwirtschaft ist für Albanien ohne eine Normalisierung des Fremdenverkehrs, ohne seine Deviseneinnahmen kaum denkbar...

66

sehen Maler des 16. Jahrhunderts Onuphri beziehungsweise von seinem Sohn und Schüler Nikolas.

Archäologische Grabungen - etwa aus römischer Zeit im Süden an der Adriaküste in Butrint oder in Dürres, oder in Byllis im Westen aus der illyrisch-griechischen Epoche - sind ein Steckenpferd der Albaner, die auch

auf diesem Weg ihrer europäischen Identität nachspüren und sie bestätigt sehen.

So interessant und faszinierend viele der albanischen Sehenswürdigkeiten auch sind, so neugierig muß man sein auf das, was dieses Land aus seiner Vergangenheit noch erschließen könnte, nachdem es sich (hoffentlich!) von der ideologischen Zwangsjacke eines nur auf sich selbst und seine Lebenszeit konzentrierten, geschichts-feindlichen Kommunismus befreit hat.

Voraussetzung dafür ist, welchen wirtschaftspolitischen Weg das neue Parlament, die neue Regierung in Albanien einschlagen werden. Wenn sie den Kurs der radikalen Öffnung zum Westen konsequent weiterführen, dann ist auch die Marktwirtschaft ein Ziel.

Sie wiederum ist ohne eine Normalisierung des Fremdenverkehrs, ohne seine Deviseneinnahmen kaum denkbar. Dies setzt eine konzentrierte Entwicklung der erforderlichen Infrastruktur voraus. Ohne sie helfen alle Schönheiten der Landschaft und Schätze der Vergangenheit dem Fremdenverkehr nicht auf die Beine, ohne sie kommen die Touristen nicht ins Land.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung