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Eine separate Slowakei
Der Nationalismus in der be- nachbarten Slowakei, die Los-von- Prag-Bewegung ist eine Kraft, mit der man rechnen muß. Diese Ein- schätzung vermittelte der stellver- tretende slowakische Minister- präsident und frühere katholische Aktivist Jan Carnogursky bei ei- nem Gespräch am vergangenen Samstag in Bratislava österreichi- schen Journalisten.
Angesprochen auf die Auswir- kungen des Prager Zentralismus und auf die Agitation der national gesinnten slowakisch-separatisti- schen Kräfte, warnte Carnogursky vor extremistischen Positionen, sprach aber von einem Massenzu- lauf bei Kundgebungen der „Slo- wakischen Nationalpartei" (SNS), die bei den Parlamentswahlen am 8. Juni 14 Prozent der Stimmen erhalten hatte.
Die SNS erwartet sich bei den bevorstehenden Kommunalwahlen am 23. und 24. November einen Stimmenzuwachs und auch die „Eroberung" des Bürgermeisterses- sels der slowakischen Hauptstadt Bratislava.
Carnogursky von den Christde- mokraten - Ehrengast des von der Wiener Arbeitsgemeinschaft Ka- tholischer Journalisten erstmals au- ßerhalb Wiens veranstalteten soge- nannten „Franz-von-Sales-Essens" - tat sich selbst schwer in der Ab- grenzung zum Nationalismus. Er befürwortet eine Stärkung der Rechte der Slowakei - ab Jänner 1991 werden die tschechische und die slowakische Republik getrenn- te Budgets erstellen - und tritt für Verhandlungen der Republiken ein, bei denen ein Art „Konföderation" herauskommen könnte.
Vehement wandte sich Carno- gursky gegen westliche Darstellun- gen, die im slowakischen Unab- hängigkeitsbestreben nichts an- deres als ein Wiederaufleben des historischen Vorbilds einer „sou- veränen Slowakei" von Hitlers Gnaden unter der Präsidentschaft des 1947 hingerichteten katholi- schen Prälaten Jozef Tiso sehen wollen. Viele Slowaken bewerten Tiso - dessen Seligsprechung übri- gens von einer großen Anzahl ka- tholischer Geistlicher der Slo- wakei energisch propagiert wird - als einen Politiker, der den Einfluß Hitlers zurückgedrängt habe; frei- lich werde dabei übersehen, daß der Prälat die Juden-Deportatio- nen verteidigt hat.
Das geistige Klima - so Carno- gursky - habe sich in dem einen Jahr seit der sanften Revolution in seinem Lande „nicht sehr geän- dert", auf mittleren und niederen Ebenen seien nach wie vor bedeu- tende Positionen von Kommunistei. besetzt (siehe auch Seite 3).
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