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Eine vierte Partei ?
Von Zeit zu Zeit, und zwar vor allem, wenn irgendwo Wahlen bevor- stehep, wird in der politisch interessierten Öffentlichkeit der Bundesrepublik die Frage diskutiert, ob eine vierte Partei nötig, wem sie nützlieh wäre und ob die CSU diesen Platz einnehmen könnte. Die Meinungen gehen weit auseinander. Am nachhaltigsten tritt William S. Schlamm in seiner „Zeitbühne” dafür ein, daß Franz Joseph Strauß aus der CSU eine bundesweite konservative Partei machen sollte. Es gibt viele Gründe dafür, daß das der CSU — und mittelbar auch der CDU — nützlich wäre. Zweifellos wählen die konservativen Deutschen nördlich der Mainlinie die CDU nicht, weil sie ihnen zu linkslastig ist oder auch nur, weil sie ihnen zu verwaschen, zu wankelmütig und zu stark von der SPD und den Gewerkschaften abhängig erscheint. Es gibt einen gewissen Anhaltspunkt für diese Auffassung, das ist die Verbreitung des „Bayernkurier” in den nicht bayerischen Gebieten, und auch die Auflagenhöhe des Blattes von Franz Joseph Strauß in Nord- und Westdeutschland spricht dafür. Wenn diese Rechnung stimmt, dann kann eine Arbeitsgemeinschaft aus CDU und CSU selbstverständlich einige Mandate mehr erreichen, als die beiden Parteien in ihrer jetzigen Kombination erhalten. Dies würde nicht geändert, wenn auch die CDU in Payern kandidierte, denn es gibt auch südlieh des Main Wähler, denen die CSU zu konservativ oder zu „national” erscheint. Dagegen wäre es vermutlich für die innerbayerische Kräfteverteilung nicht gut, wenn neben der CSU eine CDU aufträte, die womöglich an einer von der SPD geführten Koalition teilnähme.
Ideologisch sind die beiden Unionsparteien ja auch heute schon voneinander unterschieden. Dazu kommt das personelle Problem: kann es sich die CSU auf die Dauer leisten und kann die ganze Bundesrepublik es hinnehmen, daß eine politische Kapazität wie Franz Joseph Strauß bestenfalls als zweiter Mann, nie aber als Bundeskanzler wirken kann? Wenn die CDU wenigstens einen Mann in ihrem Spitzenteam an politischer Begabung und Temperament hätte, der sich mit Strauß’ vergleichen könnte, so wäre die Frage nicht so brennend. Aber das Tauziehen um den Kanzler-Kandidaten zeigt ja bereits, wie leidig es in der CDU mit dem Führungsproblem steht. Gegen die Verselbständigung der CSU im außerbayerischen Gebiet spricht vor allem die Schwierigkeit, einen Partei-Apparat aufzubauen. Denn ohne einen solchen würde die CSU sich in Nord- und West- v deutschland kaum durchsetzen. Es ist etwas anderes, Sympathisanten zu gewinnen, als einen zuverlässigen Partei-Apparat aufzubauen. Man wird kaum fehlgehen, wenn man in dieser Erwägung eines der Hauptmotive auch bei Strauß erkennt, die Frage der vierten Partei zwar als Druckmittel gegen die CDU zu benützen, mit der Verwirklichung aber nicht ernstzumachen. Es ist freilich bezeichnend und der Überlegung wert, daß der Widerspruch gegen die Gründung einer vierten Partei so gut wie ausschließlich aus den Reihen der CDU kommt, während in der CSU meist nur verschwommene Gefühle dagegen ins Treffen geführt werden. Auf keinen Fall sollte übersehen werden, daß gegen die Verselbständigung der CSÜ vor allem in der Fünften Kolonne der Linken, also in den Monopolzeitungen und ihrem Anhang in den übrigen Massenmedien, mit großer Leidenschaft und viel Verlogenheit gegen dje vierte Partei polemisiert wird. Naiv, wie mancher Politiker der CDU ist, nimmt er diese guten Ratschläge der Gegner dankbar auf und argumentiert gegen den Plan der vierten Partei tatsächlich mit dem Hinweis auf die Einwände der Linken, die doch wahrhaftig nicht der Sympathie für die Unionsparteien entspringen. Da man in der Politik in der Regel seine Entschlüsse danach ausrichten kann, ob der politische Gegner sie gutheißt, sollte man annehmen, daß beide Unionsparteien das tun, was die Linke nicht wünscht. Auf jeden Fall sollte die Frage einmal im engsten Kreis eingehend besprochen werden und es müßte eine Entscheidung im Zusammenhang mit der Kanzler-Kandidatur rechtzeitig vor den nächsten Bundestagswahlen getroffen werden.
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