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Einsparungen? Dumme Frage!

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„Die 25 Milliarden sind eine Horrorzahl!” Energisch wies im Jahre 1975 der damalige Finanzminister Hannes Androsch in einem Interview die Spekulation der damaligen Opposition zurück, aus geplanten 16 Milliarden könnte ein tatsächliches Budgetdefizit von 20 bis 25 Milliarden Schilling werden.

18 Jahre später ist ein Budgetdefizit von 25 Milliarden leider kein Horror mehr, sondern ein unerfüllbarer Traum. 1993 hofft Finanzminister Ferdinand Lacina, daß aus geplanten 64 Milliarden Nettodefizit nur 80 und nicht wie befürchtet 85 Milliarden werden. Für 1994 steht jedenfalls eine neue Horrorzahl an der Wand: 130 Milliarden.

Die Konjunkturschwäche erspart der Regierung vielleicht die aufwendige Erklärung dieser Defizitexplosion, als alleinige Begründung reicht sie zumindest den Fachleuten nicht aus. Diese haben schon bei Vorlage des Budgets für 1993 Zweifel daran geäußert, daß das Defizit „halten” wird. Und wegen der sich abzeichnenden Probleme bei der Erstellung des Budgets für 1994 gab es schon lange vor dem Einsetzen der Rezession Spekulationen über auf den Herbst 1993 vorgezogene Neuwahlen.

Der - an sich begrüßenswerte - Drang der Politiker, gestaltend tätig zu sein, und -verständliche - Wünsche von uns allen sind der Stoff, aus dem die Defizite der öffentlichen Haushalte wachsen.

Wer will angesichts der steigenden Kriminalität nicht mehr Sicherheit? Sicherheit heißt aber auch mehr Polizisten, also mehr „öffentlich Bedienstete”, aus denen dann vereinfachend „mehr Beamte” werden. Wer sieht angesichts der oft - wie oft eigentlich? -fatalen psychischen und physischen Überforderung der Ärzte in einzelnen Universitätskliniken nicht die Notwendigkeit ein, Abhilfe zu schaffen? Abhilfe heißt aber auch in diesem Fall „mehr öffentlich Bedienstete”. Und wer will sich schließlich angesichts der Wohnungsnot der Notwendigkeit, mehr Sozialwohnungen zu bauen, verschließen?

Die Crux ist nur, daß es der Staat beim Auftauchen neuer, von allen anerkannter Aufgaben offenbar nicht schafft, sich von alten Aufgaben zu trennen. Während das Kreieren neuer Produkte, das Erschließen neuer Märkte - auch bei unveränderten, notfalls sogar bei schrumpfenden finanziellen Ressourcen - die Grundvoraussetzung für das Überleben eines Unternehmens ist, konnten es sich Bund, Länder und Gemeinden bislang leisten, auf den politisch unangenehmen Teil II der Aufgabe, nämlich das Streichen, zu verzichten. Da wäre ein starker Flügel der einen Partei, dort ein einflußreicher Landeshauptmann der anderen Partei unangenehm betroffen...

Vergleichsweise einfacher ist es daher, Gebühren und Steuern ein bißchen zu. erhöhen, und ein höheres Defizit spürt unmittelbar ja auch niemand.

Wetten, daß es auch diesmal so laufen wird? Erhöhung der Sozialversicherungsbeiträge („bei der Arbeitslosigkeit wird das jeder verstehen”) plus Erhöhung der Mineralölsteuer („der Umwelt zuliebe”) plus höheres Budgetdefizit („zur Stützung der Konjunktur”).

Merke: In Zeiten wie diesen keine dummen Fragen nach Einsparungen stellen!

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