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Einzug der Patriarchen

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Als Papst Paul VI. in seiner Ansprache an die Teilnehmer des Geheimen Konsistoriums am 5. März wichtige Neuerungen für die Papstwahl ankündigte, war man selbst in der Kurie überrascht. Zwar wird die Reform der Papstwahl seit Jahren diskutiert, aber die Schwierigkeiten haben sich als größer erwiesen, als man ursprünglich angenommen hatte.

Immerhin hat Paul VI. schon einige Richtlinien vorweggenommen. Er halte, so erklärte er in seiner Ansprache, eine Zahl von 120 zur Papstwahl berechtigten Kardinälen für eine „wohl abgewogene Norm“, die, wie er wünsche, „lange Zeit in Kraft bleiben“ und auch von seinem Nachfolger eingehalten werden sollte. Er deutete weiter die Möglichkeit an, in Zukunft dem Kardinalskollegium für diese Aufgabe auch Vertreter der Bischofssynode, des Welt-Episkopates beizuordnen.

Außerdem, so kündigte er an, wolle er die besondere Mitarbeit der orientalischen Patriarchen bei der Papstwahl erwägen. Papst Paul VI. hat diese Patriarchen nicht zu Kardinälen ernannt, weil sie eigens darum gebeten hatten, und zwar, weil sie der Ansicht sind, daß der Titel des Patriarchen höher einzuschätzen ist als der des Kardinals. Nach dem Wunsch des Papstes würden an einem Konklave in diesem Augenblick von den 144 Kardinälen 117 wahlberechtigte Kardinäle teilnehmen. Dazu kämen die vier Patriarchen, der syrische Patriarch von Antiochien, Hakim, der melchitische Patriarch von Antiochien, Cheikho, der chaldäische Patriarch von Baby-lonien, Batanian XVI., der armenische Patriarch von Zilizien.

Außerdem würden auch die sieben Mitglieder des ISköpflgen Rates des Generalsekretariates bei der Bischofssynode teilnehmen, die nicht Kardinäle sind. Insgesamt hätte dann das Konklave 128 wahlberechtigte Teilnehmer. Davon sind nur noch 32 Italiener.

Auch bei dem Konsistorium selbst zeigte sich diese Tendenz der Inter-nationalisierung. Die 30 Erzbischöfe und Bischöfe der katholischen Kirche, die in den Kardinalsrang erhoben wurden, stammen aus 18 verschiedenen Ländern. Angesichts des inneren Wachstums und der sichtbaren Ausbreitung der Kirche hat, so sagte Paul VI., die Bedeutung des Kardinalskollegiums zur „Unterstützung der Bischöfe und Hilfe des Papstes bei der Leitung der Weltkirche“ zugenommen. In einer anderen Ansprache bezeichnete Paul VI. die Erweiterung des Kardinalskollegiums als ein „Symbol der Universalität der Kirche“.

Gleichzeitig mit dem Konsistorium wurden Im Vatikan auch für zwei vatikanische Ämter neue Leiter ernannt. Zum Präsidenten des Sekretariats für die nichtchristlichen Religionen wurde an Stelle des zurückgetretenen 78jährigen Kardinals Morella der 63jährige neuernannte Kardinal Pignedoli, bisher Sekretär der Kongragation für die Evangelisierung der Völker oder Propaganda flde, bestimmt. Pignedoli ist viele Jahre einer der engsten Mitarbeiter des gegenwärtigen Papstes gewesen.

Zum Präfekten der Kongregation für die Ostkirchen wurde an Stelle des zurückgetretenen 69jährigen belgischen Kardinals de Fürstenberg der dem Dominikanerorden angehörende 68jährige neuernannte französische Kardinal Paul Philippe OP ernannt.

Damit ist die Neubesetzung der wichtigsten vatikanischen Ämter jedoch noch nicht abgeschlossen. Der Papst hat es offenbar vorgezogen, diese Neuernennungen erst nach und nach vorzunehmen.

Mit großem Bedauern hat man in Rom der Bitte des neuernannten Kardinals und Bischofs von Mainz, Hermann Volk, von seiner Berufung an die Kurie nach Rom abzusehen, entsprochen. Anderseits hat man für die Begründung Kardinal Volks, für den seine mangelnden Sprachkenntnisse ein Handicap sind, Verständnis, obwohl man die theologischen Qualitäten Volks in Rom besonders hoch einschätzt.

Eine weitere Straffung der vatikanischen „Regierungsorgane'“ wurde durch ein Motuproprio Pauls VI., das das Datum vom 27. Februar trägt, vorgenommen. Darin wird bekanntgegeben, daß die bisher von der Apostolischen Kanzlei vorgenommenen Aufgaben dem päpstlichen Staatssekretariat übertragen werden. Damit ist die Kurienreform weiter vorangeschritten. Natürlich muß auch Papst Paul VI. bei dieser Erneuerung Kompromisse schließen. Um so mehr, als die sogenannten Fortschrittlichen und die Traditionalisten in der katholischen Kirche oft widersprechende Vorstellungen von dieser Reform haben.

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