Milo Dor ist passionierter Virginiaraucher. Vielleicht hat das jene bundesdeutsche Kritikerin, die auf dem Schutzumschiag zitiert wird, veranlaßt, den Autor einen „Schlawiner“ zu nennen. Was immer sie mit dieser Bezeichnung meint - Milo Dor ist ein solcher nicht. Er ist ein echter Wiener. In Budapest geboren, im Banat aufgewachsen, Jüngling in Belgrad - und dann nahm ihn eben Wien gefangen! Gefangen in vielfacher Wortbedeutung. In dieser Hinsicht sind die in diesem Buch gesammelten Erzählungen „Gefängnisprotokolle“ - erlebte und erdachte.
„Hier, auf der Ringstraße, spüre ich an manchen Abendstunden etwas, das nicht in den Bauwerken beschlossen liegt und nicht in den Menschen, einen schwebenden, schwer faßlichen Eindruck von Ver
gänglichkeit. Hier ist das Zentrum eines Reiches, das es nicht mehr gibt.“ So bekenntnishaft ist dieses Buch, das „Ein Bürger der Josef- stadt“ verfaßte. In jeder der vielen ernsten und heiteren Geschichten, in jedem Satz schwingt da etwas von Humanität, von Elegance und Nonchalance. Es ist ein wahrhaft österreichisch geschriebenes Buch.
MEINE REISEN NACH WIEN UND ANDERE VERIRRUNGEN. Von Milo Dor. Verlag Langen-Müller, München 1981, 304 Seiten, öS 200,20