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Elite der geistigen Zehnkämpfer

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Die Bildungsdiskussion ist wieder in vollem Gang. Vor einem Vierteljahr hundert galt es, höhere Schulen und Universitäten breiteren Kreisen zu öffnen, die bis dahin vom Bildungsangebot zu wenig Gebrauch gemacht hatten. Heute stehen zwei Themen im Zentrum: die Hochbegabtenför-derung in der höheren Schule, höhere Leistungsanforderungen auf der Universität.

„Hochbegabung ist ein Geschenk der Natur an die Gesellschaft", sagte einst Karl Marx, wie der Grazer Pädagoge Gerhard Schaider in einer internationalen Untersuchung zitiert.

Aber wie, wo, wann soll mit der besonderen Förderung angesetzt werden? Es gibt ja bereits Sonderformen für musisch oder sportlich besonders begabte Kinder: Sollte man etwa auch — wie in der Sowjetunion—Spezialschulen für mathematische oder naturwissenschaftliche Wunderkinder einrichten? Kann das das Ziel sein?

Ausländische Experten sprechen von zwei Prozent der Schuljugend, die als „hochbegabt" einzustufen wären, andere von zehn bis 15 Prozent überdurchschnittlich Begabter. Aber nur eines von zehn „Superkindern" weist spezielle Begabung für ein bestimmtes Fach auf; die andern sind „komplexe Typen".

Wie kann dem „geistigen Zehnkämpfer" geholfen werden? Etwa durch das Angebot zusätzlicher Bildungsinhalte in Fremdsprachen oder in Mathematik in den obersten Gymnasialklassen, wie sie das „Salzburger Modell" vorsieht?

Oder durch die Zusatzangebote an Freigegenständen und unverbindlichen Übungen, wie sie Minister Herbert Moritz als schon vorhanden anbietet und noch erweitern will?

Alles das ist sicher richtig; es sollte aber nicht vergessen lassen, daß es eine Methode gibt, die sich in Jahrhunderten bewährt hat: eine Schule, die schon frühzeitig in allen Fächern einen höheren Leistungsstandard ansetzt, als er für die Normschule gesetzt werden kann; eine Schule, die ihre — ausgewählten - Schüler nach deren -höheren - Möglichkeiten fordert. Sie kann dann auch Absolventen mit besseren Voraussetzungen an die Universität und die Gesellschaft weitergeben.

Wer darin bereits die Gefahr einer neuen „Elite" heraufdämmern sieht, geht an der Tatsache vorbei, daß auch und gerade die Demokratie Menschen braucht, die fähig und gewillt sind, mehr zu leisten als der Durchschnitt, auch mehr Verantwortung zu übernehmen — und die hierfür auch das schulische Rüstzeug bekommen müssen. Gerade in Zeiten, da das Parteibuch seine Wirksamkeit zu verlieren beginnt...

Die katholischen Privatschulen, die sich zu einer umfassenden Informationswoche im Frühjahr rüsten, sollten dabei die Überlegung mit einbeziehen, wie weit sie diesem Aspekt des Bildungsauftrags genügen können.

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