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Elternsorge ist unteilbar

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Das ist die Praxis in Österreich: Nach der Scheidung der Ehegatten werden auch die Kinder geschieden — jedenfalls von einem Elternteil. Sie können nämlich nach der geltenden Rechtslage nur einem Elternteil zugewiesen werden. Der andere muß sich mit einem bloßen Besuchsrecht begnügen.

Muß das so sein? Bei genauer Betrachtung eigentlich nicht.

Die Bundesrepublik

Deutschland macht hier den Vorreiter. Dort hat das Bundesverfassungsgericht unlängst festgestellt, daß es eine Verletzung des verfassungsmäßig garantierten Elternrechts bedeute, wenn das gemeinsame Sorgerecht ausgeschlossen werde. Seither

ist die Diskussion dort nicht abgerissen. In Österreich ist sie noch nicht einmal in Gang gesetzt worden.

Voraussetzung für eine Änderung der Rechtslage ist eine Änderung der Mentalität.

Lauthals und überzeugend erklären ja auch in Österreich beide Scheidung steile, daß sie selbstverständlich nur das Wohl des Kindes im Auge hätten. Die Praxis spricht aber eine andere Sprache.

Auch auf der Kindesebene wird der Kampf zwischen den Scheidungspartnern fortgesetzt — lediglich unter. anderen Vorzeichen: das Kind wird zur Waffe.

Der Weg des Kindes ist auch nach der Scheidung noch vielfach gesäumt von Paragraphen, Rechthabereien, Verhandlungen, Rechtsanwälten — also genau von jenen Erscheinungen, die an sich vom Kind ferngehalten werden müßten.

Was muß sich hier ändern? Vor allem müßten die Richter darauf hinarbeiten. Vor der Entscheidung über das Kindeswohl sind die Gegensätze zwischen den bisherigen ,JStreitteilen“ abzubauen. Allenfalls sind Psychologen und Psychotherapeuten einzuschalten.

Erst wenn die Trennung als notwendiges Leidensfaktum verarbeitet und bewältigt ist, kann man sich wieder ehrlich in die Augen schauen. Erst dann ist die Basis für ein ständiges partnerschaftliches Zusammenwirken geschaffen.

Und wie sieht dies in der Praxis aus?

Natürlich muß das Kind bei einem Partner wohnen. Es soll aber zum anderen so viel als möglich Zugang haben. Der andere soll auch so viel als möglich Kontakt mit dem Kind haben können. Es müssen die Eltern trotz der früheren Gegensätze stets miteinander im Gesprächsund Informationskontakt bleiben.

Dies alles- erfordert hohe charakterliche Eigenschaften. Das geht nicht von heute auf morgen. Auch hier muß ein Bewußtseinsbildungsprozeß in Gang gesetzt werden.

Die scharfe Abmauerung eines Elternteiles vom anderen soll in Zukunft die Aus*-nähme und nicht, wie bisher, die Regel sein.

Der Autor ist Rechtsanwalt in Innsbruck.

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