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Emfhm barocker Pracht
arock in Neapel. Kunst zur Zeit der österreichischen Vizekönige.” lautet das Thema einer Ausstellung im Wiener Kunstforum der Bank Austria vom 10. Dezember 1993 bis 20. Februar 1994. Die Schau ist ein gemeinsames Projekt des Kunsthistorischen Museums und des italienischen Bundesdenkmalam-tes, Zweigstelle Neapel (präzise: Soprintendenza per i beni artisti-ci e storici, Napoli). Private und öffentliche Leihgeber aus Osterreich, Italien, den USA, England, Deutschland, der Tschechischen Republik und aus Frankreich haben dafür mehr als 100 Rilder, 50 Zeichnungen und Druckgraphiken sowie etwa gleich viele kunstgewerbliche Objekte zur Verfügung gestellt, die dann anschließend im Castel S. Elmo in Neapel gezeigt werden sollen.
Gruppiert um Francesco Soli-mena (1657 bis 1747, Titelfoto: „Aurora und Titonos”, um 1710), den großen neapolitanischen Künstler, werden Werke von Luca Giordano, Paolo de Matteis,
Giacomo del Po, Domenico Antonio Vaccaro und Nicola Maria Rossi präsentiert. Außerdem Rilder von Francesco de Mura, Francesco Peresi, Angelo Maria Costa, Gaspar Butler und Filippo Falciatore. Die einen haben reli-
?iöse Themen zum Inhalt - etwa leilige in-Ekstase, Himmelfahrten und Höllenstürze ~, die anderen haben sich der Allegorie verschrieben mit Göttern und Helden der Antike sowie personifizierten Begriffen wie Macht, Tugend oder Weisheit. Eine dritte Gruppe hat die paradiesische Landschaft des Golfs samt dem immer wieder den Frieden, die Idylle, störenden Veftuv und das damals noch nicht durch beängstigenden Bauboom verunstaltete
Panorama der Stadt auf die Leinwand gebannt.
Zugegeben, Bevölkerungszuwachs, Naturkatastrophen, Volksaufstände, die soziale Misere des Volkes hatten bereits Spuren hinterlassen. Trotzdem galt Neapel im 17. und 18. Jahrhundert nach Rom als bedeutendste itali enische Kunststadt, die Venedig und Florenz überflügelt hatte, so-daß nicht nur Kunstwerke aus dem Süden nach Nordeuropa und Mitteleuropa exportiert wurden. Auch junge, begabte und viel-versprechende f Maler (beson-' ders aus dem
österreichischen Raum) wie Daniel Gran, Bartolo-meo Altomonte und Paul Troger gingen oder wurden zur Ausbildung nach Neapel geschickt.
Einer der österreichischen Vizekönige des nach dem Aussterben der spanischen Habsburger 1707 zur Monarchia Austriaca fekommenen Neapel war Aloys 'homas Graf Harrach (1728 bis 1733). Er wurde zu einem leidenschaftlichen Sammler neapolitanischer Kunst. Nach wie vor besitzt die Harrachsche Familien-Sammlung in Rohrau den umfangreichsten Bestand neapolitanischer Malerei außerhalb der drittgrößten italienischen Stadt und ist daher als Leihgeber der Ausstellung stark vertreten.
Aber auch Vizekönig Wirich Graf Daun war ein Bewunderer des neapolitanischen Barock. Er ließ sich sein Wiener Palais auf der Freyung mit Deckenbildern neapolitanischer Meister ausstatten. Prinz Eugen, der nie seinen Fuß in die vitale Stadt des Heiligen Januarius (San Gennaro) gesetzt hatte, vergab ebenfalls Aufträge außer an den maßvollen Solimena an den temperamentvollen Giacomo del Po, den ungebärdigen Domenico Antonio Vaccaro und den Soliman-Schüler Nicola Maria Rossi. Schließlich bestellte sogar Kaiser Karl VI. ein Huldigungsgemälde bei Solimena, auf dem er als Mäzen der Kaiserlichen Sammlungen dargestellt wurde.
Das Werk, 1728 nach Wien gebracht, kam in die reorganisierte kaiserliche Gemäldegalerie in der Stallburg und ist jetzt im
Besitz des Kunsthistorischen Mu seums. Gleiches geschah mit der von dem Savoyer erworbenen „Kreuzabnahme” Solimenas.
Neben diesen monumentalen Gemälden voll überbordender Bewegtheit im streng formalem Gerüst stellt die Exposition auch Studien, Skizzen und Modelle vor, die schon seinerzeit von Kennern und Amateuren wegen ihrer malerischen Bravour geschätzt worden sind. Sie dienten den Künstlern aus Mitteleuropa genauso als Vorbild wie die stilistisch widersprüchlichen Malereien der neapolitanischen Altarbildkunst. Die gleichfalls im Kunstforum gezeigten Bilder eines Kremser-Schmidt, Gran und Maulpertech machen es deutlich.
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