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Ende der Hochkonjiinktur

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Finnland gehört zu den reichsten OECD-Staaten. Mit 18.610 Dollar Bruttosozialprodukt pro Einwohner lag es 1988 immerhin an achter Stelle der reichen Industrienationen, knapp vor Deutschland und weit vor Österreich (15.560 Dollar). Das Wirtschaftswachstum lag im letzten Jahr bei fünf Prozent, während sich andere OECD-Länder durchschnittlich mit 3,5 begnügten.

Nun prophezeit das finnische Wirtschaftsforschungsinstitut "ETLA" schlechtere Jahre. Es ver-weist vor allem auf eine Verringe-rung der Konkurrenzfähigkeit fin-nischer Unternehmen im In- und Ausland durch den Wettlauf von Preisen und Löhnen (die Inflations-rate dürfte dieses Jahr etwa sechs Prozent betragen). Das Institut sagt nur mehr magere 0,5 Prozent Pro-duktionssteigerung für 1991 voraus, gegenüber 2,5 in diesem und vier im vergangenen Jahr. Damit sei auch ein Steigen der Arbeitslosigkeit von derzeit 3,3 Prozent auf 4,5 verbunden.

Zusätzlich bereitet ein hohes Außenhandelsdefizit dem Finanz-minister Matti Louekoski einiges Kopfzerbrechen. Eine rückläufige Fremdenverkehrsbilanz und stei-gende Zinsen werden es von derzeit 26 auf 29 Milliarden Finnmark (etwa 90 Millionen Schilling) im nächsten Jahr klettern lassen. Das bedeutet auch, daß die Nettoaus-landsschulden Finnlands Ende 1991 etwa 140 Milliarden betragen wer-den.

1860 qualmte das erste Dampfsägekraftwerk des Landes. Heute trägt die vorwiegend im Süden des Landes angesiedelte Industrieproduktion etwa ein Drittel des Bruttosozialprodukts, 58 Prozent der Dienstleistungssektor. Der kleine Rest entfällt auf die Land- und Forstwirtschaft.

Doch gerade die langsam wach-senden Wälder im Norden sind ein bestimmender Wirtschaftsfaktor. Die holzverarbeitende Industrie ist eine der Hauptsäulen des Exports, bei Holzverarbeitungsmaschinen ist Finnland weltweit führender Her-steller. Entscheidende Bedeutung kommt auch dem Schiffs- und Fahrzeugbau zu, ebenso der Kon-struktion von Anlagen der Hütten-industrie. Mittlerweile beginnt sich auch eine chemische Industrie zu entwickeln und die Textilprodu-zenten stellen sich vom Exportmarkt Sowjetunion auf Mitteleuropa um.

Diese Länder nehmen auch den Haupteil finnischer Exporte auf. 50 Prozent entfallen alleine auf EG-Staaten. Ein Fünftel des Waren-verkaufs erfolgt in die EFTA-Län-der, Österreich hält bei einem Hundertstel der finnischen Gesamtausfuhr.

Der traditionelle Handelspartner Sowjetunion bestimmt nur mehr ein Zehntel des Warentransfers. Weil das zweiseitige Handelsabkommen der beiden Staaten eine ausgegli-chene Handelsbilanz verlangt, tritt für Finnland die paradoxe Situa-tion ein, daß fallende Ölpreise die Wirtschaft von dieser Seite hem-men. Indem die finnischen Sowjetimporte hauptsächlich aus Öl und Ölprodukten bestehen, vermindert sich das Volumen der eigenen ab-setzbaren Waren parallel zum sinkenden Wert des Rohstoffes.

Rohmaterialien und Halbfabri-kate machen insgesamt zwei Drittel des finnischen Imports aus. Benötigt werden sie vor allem von der chemischen Industrie und der Maschinenproduktion. Die größten Leistungsbilanzprobleme verursa-chen jedoch Konsumgüter, deren Einfuhr sich in den letzten Jahren drastisch erhöht hat.

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