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Ende des Chaos?

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Die Hochschulwahlen sind geschlagen. Ein flüchtiger Blick auf das Ergebnis muß den Eindruck einer verstärkten Aufsplitterung der Hochschülerschaft vermitteln, doch ist in Wahrheit eine Konsolidierung eingetreten, die erwarten läßt, daß nunmehr die Zeiten einer funktionsunfähigen ÖH vorerst beendet sind. Erfreulich auch die Tatsache der gestiegenen Wahlbeteiligung. Wenn man berücksichtigt, daß es in den Wählerverzeichnissen der Hochschulen zahlreiche „Karteileichen“ gibt, so muß man feststellen, daß diesmal mindestens jeder zweite Student von seinem Wahlrecht Gebrauch gemacht hat. Kein überwältigendes Ergebnis, aber immerhin ein merklicher Anstieg gegenüber 1974.

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Die Hochschulwahlen sind geschlagen. Ein flüchtiger Blick auf das Ergebnis muß den Eindruck einer verstärkten Aufsplitterung der Hochschülerschaft vermitteln, doch ist in Wahrheit eine Konsolidierung eingetreten, die erwarten läßt, daß nunmehr die Zeiten einer funktionsunfähigen ÖH vorerst beendet sind. Erfreulich auch die Tatsache der gestiegenen Wahlbeteiligung. Wenn man berücksichtigt, daß es in den Wählerverzeichnissen der Hochschulen zahlreiche „Karteileichen“ gibt, so muß man feststellen, daß diesmal mindestens jeder zweite Student von seinem Wahlrecht Gebrauch gemacht hat. Kein überwältigendes Ergebnis, aber immerhin ein merklicher Anstieg gegenüber 1974.

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Wenn auch keiner einzigen Frak-tion-ein eindeutiger Auftrag in Form einer absoluten Mehrheit erteilt wurde, so lassen sich aus dem Wahl-resultat dennoch klare Trends herauslesen:

• Die ÖSU ist wiederum in ihrer Rolle als größte österreichische Studentenpartei bestätigt worden, wenn auch nur mit einer relativen Mehrheit. Es besteht kein Zweifel, daß die beiden neuen Gruppen DSU und JES ihre Wähler aus frustrierten ÖSV-Wählern gewinnen konnten. „Das sind potentielle ÖSU-Wähler, die eine konsolidierte ÖSU gewählt hätten“ (ÖSU-Chef Schneider).

Die Rechnung der DSU, die sich aus dem ehemals linken Flügel der

ÖSU durch Absplitterung gebildet hatte, ist jedenfalls nicht aufgegangen, denn das Wahlziel (sieben bis acht Mandate) wurde bei weitem nicht erreicht. Das ist keine Uber-raschung, denn auch der österreichische Student geht lieber zum Sehmied (Sprich: VSStö) als zum Schmiedl.

Da war das Abschneiden der JES schon eher eine Überraschung. Ihre vier Mandate stellen für die ÖSU einen deutlichen Denkzettel dar. JES konnte sich im Wahlkampf klar als Alternative für diejenigen anbieten, denen einerseits der RFS zu ver-staubt-anachronistisch ist, die jedoch andererseits auch die linke Schlagseite mancher ÖSU-Funktionäre

nicht honorieren wollten. Auch auf der theologischen Fakultät konnte sich wieder die ÖSU-nahe Liste „Fraktion Theologie“ durchsetzen, während die SP-nahe ..Kritische Theologie“ leer ausging.

• Der Ring Freiheitlicher Studenten hat erwartungsgemäß seinen Schrumpfungsprozeß fortgesetzt. 1974 sank der Stimmenanteil des RFS von 25,1 auf 20,9 Prozent; nunmehr hält er bei rund 15 Prozent und hat damit seine Stellung als zweitstärkste Studentenpartei an den VSStö abgeben müssen. Wie stark die Einbrüche ins RFS-Lager waren, zeigt insbesondere das Ergebnis an der Uni-Wien, wo der RFS „halbiert“ wurde und nur mehr 3 Mandate hat.

• Der Verband Sozialistischer Studenten Österreichs ist zwar nicht aus eigener Kraft, sondern durch die starken Verluste des RFS zur zweistärksten Fraktion aufgerückt. Dies ist für die VSStö-Funktionäre zweifellos erfreulich, darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, daß sich der WStö nur um rund ein Prozent verbessern konnte. (1974 kandidierte in Graz statt des VSStö der Club Sozialistischer Studenten (CSS), der heuer nicht mehr kandidierte, dessen Stimmenpotential jedoch dem VSStö zugerechnet werden muß.) Sein Wahlziel, nämlich die „ÖSU-Herr-schaft in der ÖH zu brechen, und die ÖSU zu einer Koalition zu zwingen“ (Schneider) ist dem VSStö wieder nicht gelungen.

• Die extreme Linke die noch 1974 auf Grund der niedrigen Wahlbetei-gung einen spektakulären Erfolg erzielen konnte, hat erwartungsgemäß Verluste erlitten, die in erster Linie auf die höhere Wahlbeteiligung zurückzuführen sind. Dies ist wohl eines der erfreulichsten Ergebnisse dieser Wahlen, denn es zeigt sich, daß es für etxrem linke Gruppen (Trotzkisten, Maoisten, Moskautreue u. a.) in Österreich offensichtlich nur

Hochschulwahlkampfspuren (vor der Wiener Uni): Konsolidierung?

Photo: Huber

ein bescheidenes Stimmenreservoir gibt, und daß diese Gruppen bereits ihren Plafond erreicht haben.

Was die österreichische Hochschülerschaft nunmehr braucht, ist Ruhe, um zielführend arbeiten zu können. Nicht nur um die Mißstände, die während der Ära Keckeis eingerissen sind zu beseitigen, sondern insbesondere auch in Hinblick auf das Universitätsorganisationsgesetz.

Außerdem hat das Image der ÖH

— und damit auch zum Teil das Bild des Studenten in der Öffentlichkeit

— durch die nunmehr seit November 1974 andauernden chaotischen Zustände schwer gelitten. Will die Hochschülerschaft wieder glaubwürdig werden, so kann sie dies nur durch entsprechende Arbeit erreichen. Dazu scheint wohl eine Koalition der gemäßigten Fraktionen am besten geeignet, da einige linke Gruppen („Wir wollen den Klassenkampf an der Hochschule aktivieren“) ohnehin kein konstruktives Programm vorgelegt haben und der RFS, der nunmehr ein Viertel seiner Mandate eingebüßt hat, wohl auch nicht der richtige Partner für eine Hochschule von morgen ist.

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