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Energiegewinnung und Umweltschutz

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Wenn Österreichs Bundeshymne das „Land am Strome” besingt, wenn Niederösterreichs landschaftliche Schönheit in hohem Maße von diesem Strom geprägt wird, dann darf darüber nicht vergessen werden, daß die wirtschaftliche Lebensfähigkeit der engeren Region wie des gesamten Staates von einem anderen „Strom” abhängt: von elektrischer Energie. Rund ein Fünftel der Wasserkräfte Österreichs birgt die Donau; Österreichs erstes Donaukraftwerk, Ybbs- Persenbeug (erbaut 1954—1959) liegt auf niederösterreichischem Gebiet, und das zuletzt in Betrieb gegangene Donaukraftwerk, Altenwörth - mit einem jährlichen Regelarbeitsvermögen von rund zwei Milliarden Kilowattstunden die größte hydraulische Laufwasserkraftanlage unseres Landes - steht ebenfalls auf niederösterreichischem Boden.

Großbauvorhaben, wie die Errichtung eines Kraftwerkes, bedeuten zweifellos Eingriffe in die Landschaft Und vor solchen Entscheidungen, noch dazu in alter Kulturlandschaft, muß man sich daher die Frage stellen, inwieweit die überregionale, gesamtwirtschaftliche Bedeutung eines solchen Projekts mit größtmöglicher Rücksicht auf Umwelt und Landschaft in Einklang zu bringen ist. Nur davon kann die Rechtfertigung für die Realisierung abgeleitet werden.

Überzeugte Naturschützer lehnen es meist ab, volkswirtschaftliche Kosten-Nutzen-Rechnungen ins Kalkül zu ziehen - aber gerade in der Frage der Wasserkraftnutzung ist der Naturschutzgedanke untrennbar mit der Technologie der Energieerzeugung verbunden: Für die Erzeugung einer Milliarde Kilowattstunden müßten auf thermischer Basis in einem kalorischen Kraftwerk rund 250.000 Tonnen Heizöl verfeuert werden. Die Emission an Schadstoffen, die daraus entstünde und die von keinem Filtersystem zur Gänze aus der Umwelt geschafft werden könnte, läßt sich leicht vorstellen.

Wollte man die rund sieben Milliarden Kilowattstunden, die 1977 in den fünf derzeit in Betrieb stehenden Donaukraftwerken erzeugt werden, auf kalorischem Weg gewinnen, wären dazu nicht weniger als 1,75 Millionen Tonnen Heizöl erforderlich gewesen.

„Strom aus dem Strom” hingegen, wird ohne Verbrauch eines Energieträgers erzeugt. Sauber und umweltfreundlich. Dazu in einer Wirtschaftlichkeit, der sich letzten Endes auch die steuerzahlenden Naturschützer nicht verschließen können: Hätte man die erwähnten sieben Milliarden Kilowattstunden nicht durch Wasserkraft, sondern durch Verfeuerung von Heizöl erzeugt, wären bei dem derzeitigen Raffinerie-Abgabepreis von 1350 Schilling pro Tonne, Kosten von nicht weniger als 2359 Milliarden Schilling entstanden. Anders gesagt: Mit dem derzeit installierten Regelarbeitsvermögen von jährlich 7,5 Milliarden Kilowattstunden ersparen die Donaukraftwerke etwa 2,5 Milliarden Schilling Heizölkosten im Jahr.

Neben volkswirtschaftlichen Aspekten ist jedoch noch ein anderer Gesichtspunkt bemerkenswert: Überall dort, wo bisher Donaukraftwerke entstanden sind, haben sich auch. Vorteile für die unmittelbaren Anrainer und die Infrastruktur in den Stauräumen ergeben.

„Zerstörte” Landschaften wären sicherlich keine Attraktion für den Fremdenverkehr. Nun zeigt sich aber, daß durch landschaftsgerechtes Bauen und die Schaffung neuer Erholungsräume im Stauraum von Donaukraftwerken gerade der Fremdenverkehr in diesen Regionen eine starke Zunahme verzeichnet Eine Zunahme von Nächtigungen auf das 4,8- bis 5,8- fache gegenüber der Zeit vor Kraftwerkserrichtung spricht eine deutliche Sprache. Beispielsweise in der Ortschaft St. Nikola im Stauraum Ybbs, ein Ort, dessen „Attraktion” die Landschaft selbst ist Innerhalb von sieben Jahren stieg dort die Zahl der Nächtigungen von nur 4600 auf 11.700.

Die Fachleute der österreichischen Donaukraftwerke AG wenden den Umweltschutzmaßnahmen bei jeder Staustufe größtes Augenmerk und beträchtliche Mittel zu. Hand in Hand mit der Planung für das eigentliche Kraftwerksprojekt geht die Projektierung künftiger Stauräume. Gerade im Bundesgebiet Niederösterreich ist der „gewachsene Erfolg” am Beispiel Ybbs-Persenbeug und Altenwörth erkennbar. Nach Errichtung von Ybbs- Persenbeug wurden 16.000 Bäume und 60.000 Sträucher neu gepflanzt.

Im Herbst 1976, als Altenwörth den Betrieb aufgenommen hatte, begann auch dort die Revitalisierung der Landschaft Unmittelbar um das Betriebsgebäude und die Freiluftschaltanlage wurden die humusierten Rasenflächen fachkundig mit Koniferen, wie Zwerg- und Schwarzkiefern, Latschen und Wacholdern sowie Laubbäumen, die Blumeneschen, Scljnur- bäumen, Birken, Felsenbirnen, Trompetenbäumen und Baumhasel, verschiedenen Cotoneasterarten und Blütensträuchern wie Sonnenblut, Mädchenauge, mit Polyantharosen, Bambus- und Steppengräsern bepflanzt.

Vor allem am neuen linken Donauufer - entlang des Altarmes - und am rechten Donauufer wurden nach den Humusierungsarbeiten mit Hybridpappeln, Baumweiden, Eschen, Bergahorn, Traubenkirschen und Erlen etwa 7,5 Hektar, aufgeforstet Für einen Schutz gegen die kulturzerstörenden Hochwässer, sorgen Hochwasserschutzdämme zwischen Hollenburg und Mautem - auch sie wurden begrünt und in das natürliche Ensemble eingefügt.

Ein besonders wichtiges Bauvorhaben bei der Errichtung des Stauraumes Altenwörth war die Einleitung des Traisen-Flusses in das Unterwasser, wofür ein eigenes Umleitungsgerinne geschaffen wurde. An der ehemaligen Mündung der Traisen ent stand ein kleiner Bootshafen und - ebenso wie im Bereich der Stadt Krems - eine neue Erholungslandschaft. Hochwasserfreiheit für den Kremser Hafen, die Schaffung einer neuen Promenade in Stein, eine moderne Abwasserbeseitigung für den Raum von Rohrendorf-Krems-Dürn- stein und viele andere infrastrukturelle Verbesserungen waren umweltfreundliche Begleitumstände dieser Stauraum-Errichtung.

Das nächste Projekt, das von den Donaukraftwerken in Niederöster- reich realisiert werden wird, ist die Stufe Melk (1979 - 1981). Auch für dieses Kraftwerk und seinen Stauraum gilt das Prinzip der größtmöglichen Rücksichtnahme auf die Landschaft.

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