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Energieversorgung: Krise und Auswege

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Spätestens durch die Energiekrise im Jahre 1973 erfuhren breite Schichten der Bevölkerung, daß die Energievorräte öl, Gas und Kohle nicht unbegrenzt vorhanden sind und daß es an der Zeit wäre, mit der Energie zu haushalten und nach neuen Quellen zu suchen bzw. deren Verfügbarkeit rechtzeitig zu erforschen und zu organisieren.

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Spätestens durch die Energiekrise im Jahre 1973 erfuhren breite Schichten der Bevölkerung, daß die Energievorräte öl, Gas und Kohle nicht unbegrenzt vorhanden sind und daß es an der Zeit wäre, mit der Energie zu haushalten und nach neuen Quellen zu suchen bzw. deren Verfügbarkeit rechtzeitig zu erforschen und zu organisieren.

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Trotz Preissteigerungen von zirka 300%, war die Krise bald vergessen und heute im Jahr 1979 kann man einen starken Glauben an vorhandene Energiereseren (vor allem an ? die noch nicht entdeckten) feststellen. Alles sei eine Frage des Preises, Verknappungen seien auf Grund interner Krisen einzelner Ölländer nur kurzfristig und vor allem unsere Generation hätte nichts zu befürchten. Späteren Generationen stünden in Form der Kernfusion oder bisher überhaupt noch ungeahnter Möglichkeiten, unbegrenzte Energiemengen zur Verfügung. Trägheit, Optimismus, Blindheit und Verantwortungslosigkeit scheinen sich hier ein Stelldichein zu geben.

Immerhin gibt es aber eine Reihe von Personen, Gruppen und größeren Verbänden, die das Erlebte als schlichte Verknappung werten und versuchen, in ihrem Wirkungsbereich echte Änderungen herbeizuführen.

Bedrückend ist die Erkenntnis, daß der Weltenergiebedarf, entsprechend 7 Milliarden Tonnen Steinkohle pro Jahr, nahezu zu 100% aus den fossilen Energieträgern Kohle, Erdgas und Erdöl gedeckt wird, also aus Energiereserven, welche langsam über Millionen von Jahren durch den Assimilationsprozeß der grünen Pflanzen aus der Sonneneinstrahlung zugewachsen sind.

Die massive Nutzung dieser fossilen Brennstoffe in nur wenigen Jahrzehnten, führte zu bedenklichen Klimąversęliiebungen. Auch ihr Ende ist bereits weltweit abzusehen. So reichen bei gleichbleibendem Verbrauch die Vorräte an Erdöl und Ergas für rund 40 Jahre, an Kohle für 1700 Jahre. Eine jährliche Steigerungsrate von 5% läßt jedoch das Ende bei Erdöl auf 21, bei Erdgas auf 23 und bei Kohle bereits auf 91 Jahre nähej-rücken.

Der Anteil der aus der Sonnenenergie erneuerbaren Energieträger wie Wasserkraft, Wind, direkte Sonnenstrahlung und Biomasse am Weltenergieverbrauch, bewegt sich derzeit im Prozentbereich. Die Möglichkeiten aus diesem Bereich werden jedoch in Energiekonzepten für die Zukunft gewöhnlich stark unterschätzt.

Die Zunahme der Atomenergie wurde von 1970 bis zum Jahre 2000 von 1% auf 20% des Weltenergiebedarfes geplant, dürfte aber neben der technischen Begrenzung auch auf Grund der Informationswelle und fortschreitenden Bewußtseinsbildung seit 1975, weit darunter bleiben.

Der Weltenergiebedarf wird sich, bei Beibehaltung heutiger Energieverschwendungsgewohnheiten, bis zum Jahre 2000 mindestens verdoppeln. Bis dahin glaubt man weiterwursteln zu können, doch für die Jahre danach wartet man auf ein Wunder. Wollen wir diese Jahre ohne Not erleben, müssen die Weichen hierzu heute gestellt werden.

Wie sieht nun die Situation in Österreich aus? Von der derzeit jährlich verbrauchten Primärenergie (rund 30 Mill, t Steinkohle), müssen zwei Drittel importiert werden. Die eigenen bekannten Erdöl-, Erdgas- und Kohlereserven entsprechen 230 Millionen Tonnen Steinkohle - d. h. Österreich könnte sich daraus ohne Steigerungsrate ganze 7 Jahre versorgen.

Studiert man den Energiefluß in Österreich, so stellt man vier große Verbraucher fest: 30% der Gesamtprimärenergie (Kohle, Gas, öl und Wasserkraft) verbrauchen Haushalt und Gewerbe, ebensoviel die Industrie, 20% der Verkehr und ca. 20% gehen bei der Stromerzeugung, Stromumwandlung und beim Stromtransport verloren. Letzteres bedeutet, daß durch die zentrale Stromerzeugung weit weniger als die Hälfte der dazu eingesetzten Primärenergie beim Endverbraucher ankommt.

Aber auch die Endverbraucher setzen die Energie nicht besser um. Zirka 57% der bei ihnen angelangten Energie geht wirkungslos verloren.

Von der gesamten eingesetzten Primärenergie waren 1975 62,5% Ver- lustenergie und nur 37,5% wurden genützt. Wobei zur Verlustenergie nur jene zählt, die durch schlechte Wirkungsgrade bei der Energieumwandlung und -Verteilung verloren geht.

Wichtig für weitere Überlegungen erscheint auch die Erkenntnis, daß bestenfalls 10% der Energie beim Endverbraucher in Form von elektrischem Strom gebraucht wird. 90% der Energie im Haushalt, Gewerbe und Industrie werden letztlich in Form von Wärme benötigt, im Verkehr in Form von Treibstoffen.

Diese Aufteilung weist eindeutig daraufhin, daß unsere Energieprobleme eigentlich keine Stromprobleme sind. In erster Linie haben wir Wärme- und Treibstoffprobleme, die aus dem sorglosen Umgang mit der Rohenergie resultieren. So birgt unsere bisherige Energieverschwendung eine große Chance in sich, stellt sie praktisch ein riesiges, ungenütztes Energiereservoir dar, deren Nutzung auch starke arbeitsplatzsi- chemde Momente aufweist.

Durch die Nutzung der fossilen Brennstoffe wird Energie, welche seit Millionen Jahren aus der Sonne gespeichert wurde, in kurzer Zeit wieder in Wärme umgesetzt. Diese muß nun zusätzlich zur Sonneneinstrahlung abgestrahlt werden. Dies führt unweigerlich zur Erhöhung der Erddurchschnittstemperatiir.

Gleichzeitig wird der seit Millionen Jahren freigesetzte Sauerstoff wieder gebunden und die entsprechende

Menge CÖ2 an die Atmosphäre abgegeben.

CÖ2 hat die Eigenschaft, kurzwelliges Licht (Sonneneinstrahlung) durchzulassen und längerwelliges (Wärmeabstrahlung von der Erde) zu sperren. Dies bewirkt den von vielen Klimatologen befürchteten Treibhauseffekt, also eine starke Aufheizung der Atmosphäre. Manche Experten meinen allerdings, daß die kritische Temperatursituation aus folgendem Grund weniger akut sein könnte: Die Umsetzung der fossilen Brennstoffe geht unter starker Staubentwicklung vor sich. Durch diese Luftverschmutzung würde die Sonneneinstrahlung und damit wie derum der Temperaturanstieg verringert werden.

Und hier setzt das Problem der Atomenergie ein. Als praktisch staubfreie Energiequelle verbessert sie die Staubsituation der Erde. Auch das CÖ2-Problem wird gemildert, das Wärmeabstrahlungsproblem verstärkt sich allerdings enorm.

Durch die Verbrennungstätigkeit der Menschen ist das Sauerstoffgleichgewicht nicht in Gefahr. Der Sauerstoffgehalt der Luft würde sich maximal um 1% verringern. Bedrohlich erscheint hingegep die Zunahme des CÖ2-Gehaltes. Dieser würde sich bei fortgesetzter Nutzung der Fossilien und Abholzung tropischer Waldgebiete bis zum Jahre 2050 verdoppeln.

Die seit Millionen Jahren, ohne Eingriff durch den Menschen, eingespielten Gleichgewichte der Wärme-, Sauerstoff- und Kohlendioxydströme auf der Erde bleiben nur dann ungestört, wenn in der Energieversorgung ausschließlich auf Formen direkter oder indirekter Sonnen- energieriutzu'ng (Strahlung, Wind, Wasser und Biomasse) übergegangen wird.

Die Sonne wird für die ferne Zukunft in Fachkreisen ohnehin als die einzig mögliche Energiequelle angesehen.

Die von der Sonne eingestrahlte Wärmemenge wird bei der eingespielten Erddurchschnittstemperatur wieder in das Weltall abgestrahlt. Durch die Photosynthese wird Sonnenenergie, Kohlendioxyd der Luft und Wasser in Form von Biomasse gebunden und gleichzeitig Sauerstoff an die Atmosphäre abgegeben. Dieser Prozeß ermöglicht erst das Leben auf der Erde. Die selbe Menge Biomasse und Sauerstoff, welche jährlich über die Photosynthese erzeugt wird, wird in den verschiedensten Oxydationsprozessen (Atmung, Bakterieller Abbau - Verrottung, Verbrennung) wieder in Kohlendioxyd und Wärme umgewandelt. Auf diese Art sind die Kreisläufe geschlossen und Wärme-, Kohlendioxyd und Sauerstoffgleichgewichte bleiben erhalten.

Diese für das Leben auf der Erde wichtigen Gleichgewichte bleiben aber auch erhalten, wenn der Mensch die eingestrahlte Sonnenenergie direkt oder indirekt über Wind, Wasser oder Biomasse überlegt und möglichst gleichmäßig (dezentral) nutzt. Ob z. B.: wie im Urwald die zuwachsende Biomasse auch jährlich wieder im selben Umfang verrottet (Abbau durch Bodenbakterien) oder der Mensch (wie im Wirtschaftswald) diese erneuerbare Menge Biomasse gezielt nutzt (verbrennt), ändert an den Gleichgewichten nichts. Hier ist ein weites Feld der Nutzung offen und das sollte uns zuversichtlich stimmen. Denn rein theoretisch könnte aus den Nutzpflanzen der Erde allein der siebenfache heutige Weltenergieverbrauch gedeckt wer-

(Dozent Dr. August Raggam, ist Oberassistent am Institut für Papier-, Faser- und Zellstofftechnik, an der technischen Universität Graz)

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