6899041-1980_21_04.jpg
Digital In Arbeit

Entscheidende 14 Tage

Werbung
Werbung
Werbung

Dem österreichischen Historiker Univ.-Prof. Gerald Stourzh verdankt die FURCHE zwei bisher unveröffentlichte Manuskripte von Radioreden, die Bundeskanzler Julius Raab vor 25 Jahren hielt, als es mit der Bereitschaft zum Abschluß eines Staatsvertrages auch seitens der UdSSR ernst wurde.

Am 20. März 1955 erklärte der österreichische Regierungschef im Radio:

Bezüglich der militärischen Bündnisse haben wir zu wiederholten Malen sehr eindeutige Erklärungen abgegeben. Jene Erklärung, die unser Außenminister Figl. 19541 in Berlin abgab, nahm Außenminister Molotow selbst in sehr zustimmender Weise zur Kenntnis.

Ebenso hat Österreich erklärt, daß es das Verweilen fremder Truppen auf seinem Territorium entschieden ablehnt und auch nicht bereit ist. militärische Basen einzuräumen. Diese Erklärung zu wiederholen, sind wir bereit, allenfalls auch in feierlicher Form. Wir wären auch einverstanden, daß eine diesbezügliche Bestimmung Aufnahme in den Staats vertrag findet. . .

Am zweckmäßigsten wäre wohl eine Garantie der vier Großmächte, die die L'nverletzlichkeil des österreichischen Staatsgebietes automalisch zu sichern hätte.

Schon zwei Wochen später, am

3. April 1955, schlug Bundeskanzler Raab in einer Radiorede, die durch ihre Bezugnahme auf das österliche Geschehen rührte („Die christlichen Symbols des Osterfestes sind auch Symbole für das wechselvolle Auf und Ab im Leben eines jeden von uns und im Leben der Völker .. .”), in der Garantiefrage viel nüchternere Töne an:

Wohl den schwierigsten Punkt {der künftigen Verhandlungen! dürfte die Frage der Garantie darstellen. Ich habe diesbezüglich meine Auffassung in der letzten Rundfunkrede vor 14 Tagen dargelegt und ich möchte Sie, meine sehr verehrten Zuhörer, nicht mit der Wiederholung langweilen.

Unsere Auffassung geht dahin, daß die Garantie in einer möglichst einfachen Formel ausgedrückt werden soll und möglichst prompt und automatisch in Wirksamkeit tritt.

In Wirklichkeit wollte Raab nicht verhindern, daß sich seine Zuhörer „langweilen”, sondern daß sie merkten, wie nun die Akzente anders gesetzt wurden.

In der Zwischenzeit hatte nämlich eine Konferenz österreichischer Botschafter klar zu erkennen gegeben, daß die Westmächte nach wie vor nichts von einer Neutralitätsgarantie im Staatsvertrag wissen wollten. Und tatsächlich kam eine solche auch nie zustande.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung