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ERFOLG IN DER FORSCHUNG

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Die Steyr-Daimler Puch Fahrzeugtechnik, mit 4.500 Mitarbeitern die größte Tochtergesellschaft der Steyr-Daimler Puch AG, hat ihren Standort nahe der steirischen Landeshauptstadt Graz. Sie galt als Glanzstück des Konzerns. 350 angemeldete Kündigungen rücken das Werk, das erst im Vorjahr Umsatzrekorde verzeichnet hat, in die Schlagzeilen.

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Die Steyr-Daimler Puch Fahrzeugtechnik, mit 4.500 Mitarbeitern die größte Tochtergesellschaft der Steyr-Daimler Puch AG, hat ihren Standort nahe der steirischen Landeshauptstadt Graz. Sie galt als Glanzstück des Konzerns. 350 angemeldete Kündigungen rücken das Werk, das erst im Vorjahr Umsatzrekorde verzeichnet hat, in die Schlagzeilen.

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Während das Unternehmen in der dominierenden Sparte Fahrzeugbau im Trüben fischt, weist seine Forschungsabteilung unbeirrbar in die Zukunft von Allradtechnik und Verkehrssicherheit.

„Wir haben wieder etwas Neues auf dem Allradsektor", freut sich Herfried Teschl von der Steyr-Fahrzeug-technik. „Ein neues Allradsystem, die Viscomatic, ist serienreif."

Die Viscomatic ist der erste elektronisch geregelte, permanente Allradantrieb auf Basis einer Viscoein-heit. Durch das neue System wird das Drehmoment immer auf die Achse mit der besseren Bodenhaftung gelenkt. Bisher mußte immer zuerst ein Rad durchdrehen, diese Verzögerung fällt mit dem neuen, ABS-tauglichen Viscomatic-System weg. In einem Lancia wird es schon bald auf der Straße sein.

Mit einem Fahrer-Informationssystem beteiligt sich ein Forschungsteam der Steyr-Daimler-Fahrzeug-technik als einziger Vertreter Österreichs an „Prometheus", einem Ge-meinschafts-Forschungsprojekt der wichtigsten europäischen Automobilhersteller. Das Fahrerinfosystem ist eine sinnvolle Ergänzung der neuen Viscomatic-Technik. „Denn durch das optimale Zusammenspiel von Elektronik, Hydraulik und Sensoren wird das persönliche Sicherheitsgefühl des ,viscomatic-unterstützten' Fahrers extrem hoch sein", erklärt Teschl. Es stimmt ja auch: wenn es andere Fahrzeuge schon aus der Kurve hebt, bleiben die Viscomatic-Allradier ruhig. Doch gerade das kann den Fahrer dazu verleiten, sich und sein Fahrzeug zu überschätzen. Hier wird das -noch im Entwicklungsstadium befindliche - Fahrerinfosystem warnend eingreifen. Teschl: „Möglicherweise mit Leuchtanzeigen am Amaturen-brett oder durch einen Mechanismus am Gaspedal."

Partner für Kleinserien

Jeder zehnte ,Fahrzeugtechnik'-Mitarbeiter arbeitet in der Abteilung für Forschung und Entwicklung. Zu mehr als neunzig Prozent wird hier auf der Basis von Forschungsaufträgen gearbeitet. Das Entwicklungsangebot der Abteilung reicht von kompletten Geländefahrzeugen und anderen allradgetriebenen Automobilen über Antriebssysteme, einzelne Aggregate bis hin zur Umrüstung von Großserienfahrzeugen mit Einachsantrieb auf Allradantrieb. So hat die SDP-Fahrzeugtechnik beispielsweise auch das Allradgetriebe für den Vo-yager seines neuen Nachbarn Chryslerentwickelt und gebaut. Im Auftrag eines anderen Unternehmens erforscht die SDP-Fahrzeugtechnik Möglichkeiten der benzinsparenden Leichtbauweise.

Die Flexibilität des Unternehmens macht es für andere Automobilhersteller auch zum passenden Partner, wenn es darum geht, Klein- und Mittelserien zu bauen. Oder Kleinstserien, wie den Audi VBL in der langen Version. Ein Beispiel: „Audi gab den Auftrag, 100 Stück der Limousine um 30 Zentimer zu verlängern." Für die Puch-Fahrzeugtechnik ging es nun darum, ein geeignetes Modell zu entwickeln, das auch in der langen Form die Vorteile des ursprünglichen Fahrzeuges bietet. Teschl: „Das gelang. Wir haben diese Kleinstserie auch gebaut, lackiert und mit edlem Interieur an Audi weitergegeben."

Seit dem 17. Juni hat das Werk eine neue Abteilung: die Fahrzeug-Sicherheitstechnik. Diese Abteilung befaßt sich damit, Unfallfolgen möglichst gering zu halten.

Als dritten großen Unternehmensbereich - neben der Forschung und dem Fahrzeugbau - fertigt das Werk Autoteile. Obwohl die billigeren Produktionsmöglichkeiten im Osten zur Konkurrenz werden könnten, hat das Grazer Werk einen enormen Vorteil im Know-How. Hier wird nicht nur gefertigt. Das hochqualifizierte Forschungsteam kann optimale „Teil-Lösungen" entwickeln.

Einen neuen Aufgabenbereich hat sich das Unternehmen mit der Homo-logisierung erschlossen. Das heißt, Automobilhersteller können bei der SDP-Fahrzeugtechnik überprüfen lassen, ob ihr Fahrzeug den gesetzlichen Bestimmungen eines bestimmten Staates genügt oder nicht.

Das Unternehmen streckt seine Fühler erfolgreich in die sicherheitstechnische Zukunft. Bleibt zu hoffen, daß es auf seiner Suche nach neuen Partnern ebenso erfolgreich sein wird. Denn 1.200 Arbeitsplätze aus dem Bereich Fahrzeugbau wackeln. Der Autor ist Redakteur der Kleinen Zeitung.

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