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Erfolgreich in Krisenzeiten

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In einer neuen Serie stellt die FURCHE Unternehmen vor, die in der heutigen Krise erfolgreich bestehen. Das erste Beispiel ist die Tiroler Tuchfabrik Baur-Foradori in Innsbruck.

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In einer neuen Serie stellt die FURCHE Unternehmen vor, die in der heutigen Krise erfolgreich bestehen. Das erste Beispiel ist die Tiroler Tuchfabrik Baur-Foradori in Innsbruck.

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Ein Blick auf die Wirtschaftsstatistik zeigt recht deutlich, daß die Textilindustrie eine Branche ist, die im Verlauf der siebziger Jahre in den Industrieländern in Schwierigkeiten geraten ist.

Umso erfreulicher ist es, daß es auch in diesem Industriezweig

österreichische Unternehmen gibt, die sich im rauhen Wind der internationalen Konkurrenz behaupten. Ein Beispiel dafür ist die Tiroler Tuchfabrik Baur-Foradori AG in Innsbruck. 1982 hat das Unternehmen bei einer Produktion von 1,1 Millionen Meter Loden einen Umsatz von 170 Millionen Schilling gemacht und etwa 280 Mitarbeiter beschäftigt.

„Die expansive Phase der Textilindustrie ist allerdings vorbei“, stellt Mario Stedile-Foradori, einziges Vorstandsmitglied der Aktiengesellschaft, fest „Das Ziel muß heute sein, das Geschaffene zu erhalten und auf dem gegenwärtigen Produktionsniveau etwas zu verdienen.“ Und tatsächlich zeigt die Entwicklung des Unternehmens, daß die Expansionsphase, die von 1960 bis 1976 zu ei-

ner Verdoppelung der Produktion auf eine Million Meter Stoff geführt hat, gegenwärtig von einer Stabilisierungsphase abgelöst worden ist.

Heute geht es um das erfolgreiche Bestehen auf einem schrumpfenden Markt. Wer sich rechtzeitig darauf einrichtet, kann dabei gut fahren.

Dem Tiroler Unternehmen kommt bei diesen Bemühungen die konsequente Pflege der Qualität des eigenen Produkts zugute: Die Produktpalette wird laufend verfeinert und höherwertiger. Mit dieser Strategie entgeht Baur-Fo- radori der italienischen Konkurrenz, die qualitativ weniger hochwertigen Loden auf den Markt bringt.

Den Erfolg bringt also nicht mehr die Massenware: „Vor zehn Jahren waren noch 90 Prozent unserer Produktion grüner Loden. Heute ist dieser Anteil unter 50 Prozent gesunken. Denn grün kann jeder produzieren“, stellt dazu Stedile fest. Heute versucht das Unternehmen, den Loden vom Image des Materials für den klassischen grünen Mantel wegzubringen: Dessin und Farbgebung spielen somit eine bedeutende Rolle. Daher wird auch bei der Produktion in verstärktem Maß

auf die besonderen Wünsche der Kunden eingegangen. Das ist deswegen möglich, weil der Kundenkreis des Tiroler Unternehmens relativ klein und daher überschaubar ist: etwa 200 bis 300 Konfektionäre im In- und Ausland.

Der Kreis der Abnehmer ist in den vergangenen Jahren durch die Krise der Bekleidungsindustrie kleiner geworden, dafür aber der Umsatz pro Kunde gestiegen. Dieser Umstand erleichtert das Eingehen auf besondere Kundenwünsche. Somit wird ein Großteil der Produktion auf Antrag hergestellt, „denn Lagerproduktion ist heute fast unmöglich geworden“.

Recht hoch ist die Bedeutung des Exportes für das Unternehmen, das rund 40 Prozent seiner Produktion im Ausland absetzt. Damit wird eine seit langem bestehende Tradition fortgesetzt: Schon 1961 etwa wurden 30 Prozent des Umsatzes mit ausländischen Kunden abgewickelt. Langjährige Pflege von Auslandskunden lohnt sich offensichtlich.

Besondere Bedeutung kommt auch der Entwicklung neuer Produkte zu. Hatten früher Mäntel außen Loden und innen ein meist kariertes Wollfutter, so hat die Tiroler Tuchfabrik ein Produkt entwickelt, das in einem Gewebe bei

des vereinigt. Dadurch kann man leichtere Mäntel herstellen. „Auf diesem Sektor glaube ich sagen zu dürfen, daß wir das beste Produkt hersteilen“, freut sich Stedile über den Erfolg der Entwicklungsarbeit.

Die Qualität des Lodens hängt weitgehend vom Know-how der in der Produktion tätigen Meister ab, von ihrem Fingerspitzengefühl. Für diese Art von Qualifikation gibt es praktisch keinen Markt, und daher sind diese Fachkräfte auch im allgemeinen im Unternehmen herangewachsen. Die Qualifikation der übrigen in der Erzeugung tätigen Mitarbeiter ist eher niedrig, was auch in der hohen Gastarbeiterquote von 60 Prozent zum Ausdruck kommt. Unter der einheimischen Bevölkerung hat das Arbeiten in der Textilindustrie ein eher schlechtes Image. Die Arbeit gilt als schmutzig, naß und laut.

Hier hat der systematisch vorangetriebene Einsatz neuer Maschinen in den letzten Jahren eine deutliche Verbesserung gebracht.

Verwaltung und Vertrieb beschäftigen nur eine kleine Zahl von etwa 15 bis 20 Mitarbeitern. Das ergibt sich aus dem kleinen Kundenkreis und hat einen günstigen Einfluß auf die Kosten.

„Wir können zwar keine Reich- tümer verdienen, aber wir sind ein Beispiel dafür, daß es auch in den größten Krisenbranchen Unternehmen gibt, die lebensfähig sind“, stellt Mario Stedile abschließend fest. „Man sieht die Situation vielfach schwärzer als sie ist, wobei ich die wirtschaftliche Lage durchaus nicht verharmlosen möchte. Es nützt aber nichts, wenn ich mich auf das Krankjammern beschränke. Dann erst werde ich wirklich krank.“

In lockerer Folge werden andere Unternehmen vorgestellt.

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