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Erfolgs-Musiker

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Wenn es auch zum Start populäre Unterhaltung gab, etwa einen musikalischen Kordon zwischen Musikverein und Konzerthaus mit einem John-Cage-Spektakel „Klavierkonzert ohne Klavier“, so bietet das Festival „Wien modern“ bis 21. November in 26 Konzerten und fünf Komponistengesprächen doch vor allem „klassische Avantgarde“. Eine Bilanz des Schaffens von Pierre Boulez, György Ligeti, György Kurtag, Luigi Nono und des jungen Wolfgang Rihm wird gezogen, ein Symposion „Ideen, Ideologien, Wirklichkeiten“ wird den Begriff „Moderne“ diskutieren. Eng verknüpft damit ist die Frage, warum gerade in Wien Moderne, modische Erwartungshaltungen und Vorurteile auch heute hoch so hart aufeinanderprallen.

Vater des Monsterprojekts „Wien modern“, dessen Programm 1989 dem Schaffen Friedrich Cerhas, Karlheinz Stockhausens und Bruno Madernas gewidmet wurde, ist Claudio Abbado. Der Erfolg des „Wien modern“-Eröffnungskonzertes unter Abbado zeigte aber auch, daß das Publikum heute mit moderner Musik zu Begeisterungsstürmen hinzureißen ist.

Auch ein Blick auf die Veranstaltungen des Wiener Konzerthauses, etwa des Festes „Österreich - heute“, aber auch in das Programm der Gesellschaft der Musikfreunde zeigt, daß junge Komponisten herangezogen, Auftragswerke an sie vergeben werden. Vielfältige Veranstaltungen am Rande, beispielsweise der Societe de l'Art Acoustique, der Wiener Secession, der Gesellschaft für elektroakustische Musik oder des „Kunstvereins Wien“, zeigen, daß junge Komponisten und Interpreten mit viel Dynamik es zum Teil selbst in die Hand nehmen, ihre Vorstellungen von einer neuen Musikszene zu verwirklichen.

Vor fünfzehn Jahren waren .junge Komponisten“ ein kleines, kaum ernst genommenes Häuflein von Sektierern, die sich um Friedrich Cerha, Kurt Schwertsik und das Ensemble „die reihe“ scharten. Neue Musik in Wien meint heute nicht mehr nur Friedrich Cerha, György Ligeti, Roman Haubenstock-Ramati, Kurt Schwertsik, Heinz Karl Gruber, Dieter Kaufmann. Eine lange Liste origineller Persönlichkeiten wie Herbert Lauermann, Andrea Sodomka, Mia Zabelka, Johannes Daxner, Richard Dünser, Christian Ofenbauer, Karlheinz Essl, Georg Friedrich Haas, Hanns Du-val, Martin Bierek, Gerhard Präsent und Wolf gang Kubiczek begegnet einem da.

Diese Künstler arbeiten an der Aufarbeitung und gleichzeitigen Uberwindung des Erbes der Avantgarde der siebziger Jahre, setzen sich mit den neuesten Kompositionstechniken, auch mit den Möglichkeiten der Elektroakustik und des Computers,ausein-ander und schlagen ihren eigenen Weg ein. Sie haben ein neues Gefühl für (Wohl-)Klang und „Melodik“ entwickelt und finden ein neues Nahverhältnis zu ihrem Publikum.

Die kommende Erfolgsgeneration der Musikszene des letzten Jahrzehnts ist in den Startlöchern. Ihr eine Chance zu geben, ist mindestens ebenso wichtig wie die Aufarbeitung der großen Tradition der Moderne. Auch wenn das breite Publikum die „klassische Avantgarde der siebziger Jahre“ noch nicht verdaut hat.

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