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Erinnerung an anno tauszumal
Ein „feiner Herr aus der Bank“ an der Spitze der Partei! Ein „Exponent des Großkapitals“ mit seiner „Bankerideologie“?
Da ist jetzt einigen Sprücheklopfern der SPÖ von anno taus-zumal wohl das Lachen im Hals steckengeblieben: Mit Franz Vranitzky an der Spitze marschiert die österreichische Sozialdemokratie in ihr zweites Jahrhundert. Er repräsentiert sie, auch wenn er sie nicht verkörpert.
Mit sozialistischen Perspektiven hat das vorerst einmal nichts zu tun. Aber dieser Aufstieg des Franz Vranitzky ist — nüchtern betrachtet - Folge des „Betriebsunfalles“ mit Fred Sinowatz. Dadurch wurde Vranitzky zuerst Kanzler und — nach einem schon verloren geglaubten Wahlgang im Jahr 1986 mehrheitsrettend — jetzt Parteivorsitzender. Ehrenrettend, weü sich sonst der Staatsanwalt erstmals eines SPÖ-Vorsit-zenden angenommen hätte. Hätte sich Vranitzky überdies nicht im Oktober des Vorjahres geziert, wäre es überhaupt zu keinem Sonderparteitag gekommen.
Vranitzky ist Pragmatiker. Daher weiß er um seine Stärken und Schwächen.
Zu seinen Stärken — vom Aufstieg aus „kleinen“ Verhältnissen einmal abgesehen - gehört: Hatte denn die SPÖ gegenwärtig eine Alternative? Wer sonst sichert die (relative) Mehrheit? Auch wenn das Zähneknirschen unüberhör-bar ist, auch wenn Heinz Fischer mit der Verspätung von eineinhalb Jahrzehnten die Gefahr der Personalisierung entdeckt: So gut kommt „draußen“ keiner an. Womit Vranitzky der erste Parteivorsitzende ist, den nicht innerparteiliche Sympathien, sondern meinungserforschte Beliebtheitswerte außerhalb der SPÖ emporgetragen haben.
Vranitzky hat in der SPÖ - und Popularität ist vergänglich - keine Hausmacht. Das ist seine Schwäche.
Logisch und konsequent ist es daher nur, daß er sich zumindest die Macht im SPÖ-Haus der Wiener Löwelstraße sichert — ob da nun Köpfe rollen oder nicht. Boshafte Zungen könnten vielleicht verbreiten, daß demnächst eine Führung ohne Partei mit einer Partei ohne Führung in den Ring steigt.
Vor die Alternative gestellt, zwischen der Durchsetzung ebenso. klassischer wie ideologischer Ziele und der Machterhaltung — schöner gesagt: Mehrheitssicherung — zu wählen, hat sich der SPÖ-Sonderparteitag für letztere Option entschieden. Ein Mann ersetzt trotzdem kein Programm.
Ob der Kanzler Vranitzky durch seine Wahl zum SPÖ-Vor-sitzenden stärker geworden ist, sei dahingestellt. Ab sofort hat er Rücksichten zu nehmen, über die er sich bisher hinwegsetzen konnte. Und hinweggesetzt hat.
An der Herausforderung für Vranitzky ändert das nichts. Die SPÖ kann eine linke Volkspartei werden. Strategie? Nicht doch eher „Betriebsunfall“?
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