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Erneuerung aus dem Heiligen Geist

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Mißverständnisse und emotionale Widerstände können den Zugang zur Charismatischen Erneuerung versprechen. Übertreibungen und Verirrungen mancher „Charismati-ker“ geben Voruteilen Nahrung. Katholiken assoziieren mit diesem Wort etwas von Sekten. Vor allem Priester sind nicht geneigt, sich auf diese Erneuerung einzulassen.

Im Alten Bund geschah die Erneuerung des Gottesvolkes immer wieder durch charismatische Persönlichkeiten. Christus ist der mit Heiligem Geist Gesalbte, der Charismati-ker schlechthin. Pfingsten war das charismatische Grundereignis der Kirche. Männer wie Petrus, Paulus, Barnabas, Stephanus waren „voll des Heiligen Geistes“.

Die Christen geben Zeugnis vom Auferstandenen in der Kraft des Geistes. Sie waren Menschen, Sünder, mit Schwachheit behaftet wie wir. Trotzdem waren sie voll innerer Kraft und Freude. Die Kirche hatte keine äußere Macht, keine institutionellen und finanziellen Stützen, keine starke Organisation, nicht einmal Daseinsberechtigung.

Dieser Befund zeigt, daß das Leben, die Erneuerung, die Mission der Kirche vor allem Werk und Geschenk des Heiligen Geistes ist. Man kann wohl sagen, daß die Kirche lebt, insofern sie charismatisch ist.

Seit der Mitte unseres Jahrhunderts vollzieht sich ein vielfältiger spiritueller Aufbruch in allen Großkirchen, der von niemandem geplant, organisiert, nicht einmal erwartet wurde. Ist es die Antwort Gottes auf den verbreiteten spirituellen Hunger allzu Vieler Menschen? Stehet* ist nach einer längen Geistvergessenheit eiheJi*Öe,1OfKrrh'eit für'di'e&f Gatte des Auferstandenen vorhanden. Charismatische Bewegungen, wie Liturgische Erneuerung, KAJ, Cursillos, Focolarini und andere brachten ihre Impulse in ein charismatisches Konzil ein.

Johannes XXIII. betete zu Pfingsten 1959: „Erneuere deine Wunder in unseren Tagen zu einem neuen Pfingsten!“ Paul VI. am 23. Mai 1973: Eine „wahrhaft pneumatische, also charismatische Bewegung“ müsse in die gläubige Menschheit kommen. Sind das nur große Worte?

Wir lesen in „Evangelii nuntiandi“ Pauls VI. Art 75: „Wir erleben in der Kirche einen Augenblick, der in besonderer Weise vom Geist gekennzeichnet ist. Uberall sucht man ihn besser zu erkennen, so wie ihn die Schrift offenbart. Freudig stellt man sich in seine Bewegung hinein. Man versammelt sich um ihn; man will sich von ihm führen lassen. Wenn nun aber der Geist Gottes einen hervorragenden Platz im gesamten Leben der Kirche einnimmt, so ist die evangelisierende Sendung eben dieser Kirche der eigentliche Ort seines Wirkens.“

Paul VI. macht sich den Wunsch der Bischofssynode 1974 zu eigen und ermahnt „die Träger der Evangelisierung, wer immer sie auch seien, unablässig voller Glaube und Eifer den Heiligen Geist zu erbitten und sich von ihm führen zu lassen als dem entscheidenden Inspirator ihrer Pläne, ihrer Initiativen und ihrer Verkündigungstätigkeit.“ (Art. 75)

1966 kam die Katholisch-charismatische Erneuerung inmitten der nachkonziliaren Spannungen in Gang. Zwei Laienprofessoren der Universität Duquesne in Pittsburg, Pennsylvanien, waren enttäuscht von den mageren Ergebnissen ihrer apostolischen Bemühungen und suchten nach Gründen. Beim Studium der Evangelien und der Apostelgeschichte erkannten sie klar, daß ihr christliches Leben und Arbeiten zu sehr ihr eigenes krampfhaftes Bemühen war.

Sie begannen daraufhin, täglich füreinander um die Erfüllung mit Heiligem Geiste zu beten. Eines Tages wurde ihnen im Kontakt mit evangelischen Pfingstlern der Durchbruch geschenkt. Seither geht die Entwicklung der Katholisch-charismatischen Erneuerung weltweit auf Riesenschritten voran.

Kardinal Suenens hat die Verantwortung für die Erneuerung über-jiömmen. Viele Bischöfe, Priester, Gemeinderi nd Gemeinschaften wurden von der Erneuerung erfaßt. Viele Tausende haben sich am Pfingsmontag 1975 im Petersdom um den Papst versammelt. Weihbischof Florian Kuntner wurde von der österreichischen Bischofskonferenz mit der Verantwortung für die Erneuerung betraut.

Diese Erneuerung ist nicht eine neue Bewegung neben anderen, sie ist Kirche in Bewegung. Die Mentalität der Pfingstkirchen ist wohl vom Ursprung her wirksam. Einseitigkeiten und Engführungen der Pfingstkirchen konnten aber nicht übernommen werden. Zielsetzungen und Elemente von Cursillos, Focolarini, Opus Dei sind ebenfalls wirksam. Aber der Anspruch der Erneuerung an den einzelnen und die Gemeinschaft ist in geistlicher Hinsicht größer.

In einem sieben- bis zehnwöchigen intensiven Kurs (Erwachsenenkate-chumenat in kleinen Gruppen) bereitet sich der einzelne auf seine persönliche Tauf- und Firmerneuerung (Geisterneuerung) vor. Er öffnet sich in erwartendem Glauben der Gnade, die ihm in Taufe und Firmung angeboten ist. Unter der Führung Gottes und mit Hilfe der Glaubensbrüder kommt er dahin, alle Widerstände gegen Gott aufzugeben, erfährt Befreiung von mancher Not innerer Verkehrtheit, und ist eines Tages imstande, in einem persönlich formulierten Zeugnis seine Taufhingabe an den Dreifaltigen Gott in der Gemeinschaft der Glaubensbrüder auszusprechen. In der Firmerneuerung öffnet er sich den Geistesgaben zum Dienst am Aufbau der Kirche und der Gesellschaft.

Nach dem Maße der inneren Offenheit und nach dem Willen Gottes können auch außergewöhnliche Charismen geschenkt werden. Priester erneuern in dieser Stunde auch ihre Priesterweihe, Ordensleute ihre Ordensgelübde. Viele erfahren daraufhin eine neue Freude, für Gott dazusein, ihn anzubeten und Menschen zu dienen. Sie erfahren eine Änderung ihres Lebens bis in die Tiefen der Person hinein.

Entscheidend ist das wöchentliche etwa zweistündige Gebet in der Gebetsgruppe. In diesen Gottesdiensten trägt jeder etwas bei (1 Kor 14, 26). Freiheit, Hingabe, Gemeinschaft prägen das Singen, Schweigen, Hören und Antworten auf das Gotteswort, den Lobpreis und die Fürbitten. Wenn die Gebetsgruppen gut geleitet sind, wachsen sie zunehmend in den Dienst an der Pfarre und Kirche hinein.

(Der Autor ist Pfarrer in Wien Hernais und Beauftragter für die charismatische Gemeindeerneuerung in der Erzdiözese Wien.)

Literatur: HERIBERT MÜHLEN, Einübung in die christliche Grunderfahrung, Topos-TaschenbücherNr. 40 und 49. HERIBERT MÜHLEN, Die Erneuerung des christlichen Glaubens, Don Bosco Verlag, München. WALTER SMET, Ich mache alles neu, Pustet-Verlag. SUENENS, Hoffen im Geist, Otto Müller-Verlag, Salzburg.

(Im Bildungshaus St. Bernhard in Wiener Neustadt findet von 4. bis 8. Juni ein Kurs für charismatische Gemeindeerneuerung statt, den Prof. Heribert Mühlen, Paderborn, und sein Team halten. Anmeldungen an das Bildungshaus St. Bernhard, 2700 Wr. Neustadt.)

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