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Erste Vorschläge der 17er-Kommission

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Das erste Papier der Siebzehner-Kommission „zur Reform der Organisation“ umfaßt 13 Seiten. Ein erster Teil befaßt sich mit einer sechs Seiten starken Situationsanalyse, der zweite enthält Reformvorschläge. Aus diesen wird im folgenden auszugsweise zitiert:

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Das erste Papier der Siebzehner-Kommission „zur Reform der Organisation“ umfaßt 13 Seiten. Ein erster Teil befaßt sich mit einer sechs Seiten starken Situationsanalyse, der zweite enthält Reformvorschläge. Aus diesen wird im folgenden auszugsweise zitiert:

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1.1 Nach dem geltenden Statut der ÖVP (1977) wird die Mitgliedschaft zur ÖVP derzeit in der Regel zugleich mit der Mitgliedschaft in einer Teilorganisation erworben. Der Aufnahmewerber kann aber ebenso erklären, der ÖVP direkt, also ohne Mitgliedschaft in einer Teilorganisation, angehören zu wollen. Wer nur einer Teilorganisation, nicht aber der ÖVP angehören will, kann von dieser als außerordentliches Mitglied aufgenommen werden.

1.3 Über alle Mitglieder der ÖVP hat die Bundesparteileitung eine zentrale EDV-Evidenz zu führen.

1.4 Der Mitgliedsbeitrag für die Partei wird vom Mitgliedsbeitrag für die Teüorganisation getrennt. Wenn die

Einzahlung gemeinsam erfolgt, so ist der ÖVP-Mitgliedsbeitrag auf den Drucksorten mit einem gesonderten Betrag auszuweisen.

1.5 Die Funktionäre der Partei werden auf allen Organisationsebenen durch die Gremien der Gesamtpartei gewählt. Es gibt keinen bündischen Proporz.

1.6 Bei der Aufstellung von Kandidaten hat in erster Linie die Eignung zu entscheiden. Neben die nach zentralen Notwendigkeiten aufgestellten Kandidaten treten die besten örtlichen Persönlichkeiten in ausgewogener Berücksichtigung der auszusprechenden Wählergruppen. Es gibt keinen (hündischen Proporz, v, .,

1.7 Vor jeder Aufstellung von Kandidaten bzw. jeder Wahl von Funktionären sind die Parteimitglieder rechtzeitig und in geeigneter Form zu informieren, so daß jedes Parteimitglied die Möglichkeit hat, sich um eine Kandidatur zu bewerben. Die über die Aufstellung entscheidende Parteiinstanz muß über alle Bewerbungen informiert werden.

1.8 Angesichts der Unterrepräsentation von Frauen in allen Bereichen des öffentlicheyi Lebens, müssen Frauen als Mitarbeiter, Funktionäre und Kandidaten für die gesamte Parteiorganisation in viel stärkerem Maß als bisher gewonnen werden.

1.9 Die Organisationen der Gesamtpartei sind - einschließlich der Teilorganisationen auf Bundesebene - möglichst bald in einem gemeinsamen Gebäude in Wien unterzubringen. Auf Landesebene sind ähnliche Lösungen anzustreben.

1.10 Sämtliche Teilorganisationen sind verpflichtet, ihrer spezifischen Bezeichnung das Kürzel „ÖVP“ voranzustellen und ein einheitliches Signet zu verwenden.

II.2 Bei der Aufstellung der Kandidaten sind auf allen Ebenen der Partei die Sachkompetenz, die politische Glaubwürdigkeit, das Ansehen in der Öffentlichkeit und die Artikulationsfähigkeit zu beachten. Außerdem ist im Einzelfall zu prüfen, ob die Kandidatur von Spitzenvertretern von Gruppeninteressen im Interesse der Gesamtpartei hegt. Uber diese Fragen soll es in den Gremien eine breite demokratische Aussprache geben.

II.4 Strenge Kontrollen hinsicht-lieh Ämterkumulierung und Verquickung privater Geschäfte mit öffentlichen Funktionen: Bei jeder

Kandidatur hat der Kandidat eine Liste seiner Funktionen vorzulegen.

II.5 Auf Ortsebene muß die Errichtung und Entwicklung von Betriebsorganisationen mindestens so ernst genommen werden wie das Funktionieren der Ortsparteileitungen.

11.7 Auf Orts-, und Bezirksebene sollen keine hündischen Sekretariate, sondern nur Parteisekretariate errichtet werden, in deren Rahmen auch eine Mitgliederbetreuung nach Berufsgruppen vorzusehen ist.

11.8 Einheitliche Kandidatur in allen politischen Gremien und Interessenvertretungen,.

11.9 Zwischen der Fraktion christlicher Gewerkschafter und dem ö AAB ist daher auf dem Wege freier und fairer Vereinbarungen eine schrittweise Integration anzustreben.

II. 11 Die Organisationsstruktur der Parteiverwaltung ist nach den Grundsätzen des modernen Managements zu erstellen (Arbeitsplatz-und Tätigkeitsbeschreibungen sowie Kosten-Nutzen-Analysen in den Parteidienststellen).

11.12 Teilnahme der Mitglieder an der langfristigen Programmplanung der Partei.

11.13 Motivierung der Mitglieder und Sympathisanten zur Mitarbeit an konkreten Aufgabenstellungen.

11.14 Beteiligung der Mitglieder an der Vorbereitung von Entscheidungen innerhalb der Partei.

111.1 österreichweite Mitgliederwerbung für die Fraktion christlicher Gewerkschafter mit dem späteren Ziel einer starken ÖVP-Fraktion im ÖGB.

111.2 Erfassung aller Betriebe ohne Betriebsräte und Verhandlungen mit den Betriebsführern über die Gründung von Betriebsgruppen.

111.3 Herausstellung von vorbildlichen Betrieben mit partnerschaftlicher Organisation.

111.4 Gemeinsame Seminare für Betriebsräte, Unternehmer und leitende Angestellte zur Förderung der Partnerschaft.

IV. 1 Dem Politischen Büro der Bundesparteileitung, das personell zu erweitern ist, müssen auf Landesund Bezirksebene ebenfalls solche Büros bzw. politische Referenten entsprechen. Zwischen diesen Büros sind regelmäßige Kontakte herzustellen.

IV. 3 Neben den herkömmlichen Bereichssprechern („Schattenministern“), die in der Regel Abgeordnete sein werden und die als notwendige Gesprächspartner der Massenmedien fungieren, müssen vor allem in den Defizitbereichen der ÖVP Sprecher ernannt werden - so für Frauen, Pendler, leitende Angestellte, Jugend, ältere Menschen, Gemeindedemokratie und Bürgerrechte, Umwelt, Sport.

IV.4 Den Bereichssprechern stehen Experten und Kontaktpersonen zur Seite, die nach dem Grundsatz der Offenheit und der Verbreiterung der Basis ohne Rücksicht auf ihre Parteizugehörigkeit auszuwählen sind - so für Arbeitswelt, Entwicklungspolitik, alternative Lebensformen, Datenschutz, Beziehungen zu den Religionsgemeinschaften, Studenten, Schüler, Lehrlinge, Bergbauern, Nebenerwerbsbauern, neues Lernen, Freizeit, Behinderte, Suchtgiftgeschädigte.

VI.l Zeitplan: Erste Diskussion des Reformpapiers auf dem Bundesparteitag am 7. Juli 1979 (Startschuß für die Diskussion in der Partei und bei interessierten Sympathisanten). Der Bundesparteitag beschließt, alle Reformvorschläge einer umfassenden Diskussion auf allen Parteiebenen zuzuführen und das endredigierte Reformpapier einer Urabstimmung unter den Parteimitgliedern zu unterziehen. Die Siebzehner-Kommission wird für den Ablauf der Urabstimmung ein Modell vorschlagen.

11.2 Diskussionsphase bis Ende 1979; Übermittlung der Reformvorschläge durch das Politische Büro direkt an alle Parteimitglieder.

11.3 Sichtung und Auswertung der eingehenden Vorschläge bis Jänner 1980, dann Endredaktion des Reformpapiers.

H.4 Vorlage zur Urabstimmung unter den Parteimitgliedern im Februar.

II.5 Auswertimg der Urabstimmung und Veröffentlichung des Ergebnisses vor dem Parteitag 1980.

II.7 Das Ergebnis der Urabstimmung ist dem Parteitag 1980 vorzulegen. Für die Durchführung sind die zuständigen Parteigremien verantwortlich. »

In ihrer letzten Sitzung am 28. Juni beschloß die Siebzehner-Kommission avßerdem folgende ergänzende Stellungnahme:

Die Siebzehner-Kommission hat sich schon in ihrer bisherigen Arbeit nicht nur mit Struktur- und Organi-sations-, sondern auch mit Grundsatzfragen befaßt. Ein eigenes Papier auf der Basis des Salzburger Programms zur Verwirklichung der Grundsätze in der politischen Praxis wird im Herbst in die Reformdiskussion eingebracht werden. Es wird von dem Leitgedanken ausgehen: Die Einheit der ÖVP als einer großen sozialen Integrationspartei ist unverzichtbar. Das setzt allerdings die konsequente Verwirklichung des Prinzips der Solidarität innerhalb der Partei und in ihrer gesamten politischen Arbeit voraus.

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