6926050-1982_11_17.jpg
Digital In Arbeit

ErsteVerbesserungen auf Nebengebieten

19451960198020002020

Die siebte Novelle zum Schulorganisationsgesetz hat den Ministerrat passiert - mit etlichen Retuschen auf Grund der vorausgegangenen intensiven Diskussion.

19451960198020002020

Die siebte Novelle zum Schulorganisationsgesetz hat den Ministerrat passiert - mit etlichen Retuschen auf Grund der vorausgegangenen intensiven Diskussion.

Werbung
Werbung
Werbung

Die Debatte um die weiteren Schritte in der Schulreform, durch Unterrichtsminister Fred Sinowatz mit der Ankündigung der siebten Novelle zum Schulorganisationsgesetz (SchOG) wieder in Gang gebracht, ist immer mehr in Polemik übergegangen.

Der Streit um die vorgesehene „Mittelschule" — für die einen das optimale Modell der Chancengleichheit, für die andern der erste Schritt zum Schul-Eintopf — verstellt für beide Streitparteien den Blick auf viele der andern Punkte, die im Paket verpackt bis zum Sommer erledigt werden sollen.

Dieses Paket enthält nämlich nicht nur die immer zitierte siebte Novelle zum Schulorganisationsgesetz (SchOG), sondern korrespondierend damit die dritte Novelle zum Schulunterrichtsgesetz (SchUG), sowie Novellen zum Schulpflichtgesetz, zum Schulzeitgesetz und zum Pflicht-schul-Erhaltungsgesetz, wieder einmal ein Zeichen dafür, unter welchem Wust von Legistik und Bürokratie die Schule leidet.

Das Paket enthält aber auch viele andere Materien neben der „Mittelschule", die zu Unrecht übersehen werden — solche, die allseits akzeptiert und begrüßt werden, andere, die in der Regierungsvorlage bereits ein anderes Gesicht bekommen haben, nachdem ihre Erstfassung auf Widerstand gestoßen war, und schließlich wieder andere, über die wohl noch weiter diskutiert werden sollte.

Vorausgenommen sei: Auch in der Regierungsvorlage ist der gesamte Streitkomplex um die „Mittelstufe" — einschließlich der vertikalen Strukturierung des Schulwesens in Unter-, Mittel-und Oberstufe statt bisher in verschiedene Schularten — unverändert geblieben. Man hat lediglich das zur Streichung bestimmte realistische Gymnasium wieder aufgenommen und den Hauswirtschaftsunterricht für Buben und Mädchen in der Hauptschule und der Gymnasialunterstufe zum Pflichtfach gemacht.

Zu den im großen und ganzen begrüßten Themen gehört die allgemeine Einführung des Fremdsprachenunterrichts ab der 3. Klasse Volksschule. „Dabei soll das Kind durch Sprechen in lebensnahen, kindergerechten Situationen lernen, in richtiger Aussprache auf kindgemäße Fragen zu antworten, selbst Fragen zu stellen und an kurzen Gesprächen teilzunehmen", heißt es in der Erläuterung.

Wenn auch manche Philologen unliebsame Auswirkungen auf die Erlernung der eigenen Muttersprache bei zu frühem Fremdsprachenunterricht fürchten, so erlaubt die Einführung doch, dann auch jenen Hauptschülern eine Fremdsprache zu vermitteln, die bisher — im B-Zug — keine angeboten bekamen.

Ab 1989 soll auch im Polytechnischen Lehrgang Englisch unterrichtet werden. Die Absicht, auch in den Berufsschulen ab 1990 einen Fremdsprachenunterricht einzuführen, wurde auf jene Berufe beschränkt, in denen Fremdsprachenbeherrschung besonders wichtig erscheint, wie im Fremdenverkehr.

Positiv zu werten ist auch die Übernahme der bisher versuchsweise erprobten Speziallehrgän-ge und Kollegs an berufsbildenden höheren Schulen — vor allem für Gymnasialmaturanten — in das Regelschulwesen.

Sie stellen eine Möglichkeit dar, mit einem verbesserten Angebot berufsspezifischer Ausbildung den übermäßigen Zustrom von Maturanten an die Universitäten — und damit überflüssige Ausfallsquoten zu bremsen. Hier wurden nun in der Regierungsvorlage die kaufmännischen und hauswirtschaftlichen Kollegs auf drei Semester verkürzt.

Auch die sonstigen Verbesserungen im Polytechnischen Lehrgang sind grundsätzlich zu begrüßen. Noch besser schienen allerdings die Vorschläge der katholischen Elternvereine und des Professorenverbandes, die Haupt-' schule in einen sprachlichen, einen mathematischen — im Vorschlag des Professorenverbandes einen gemeinsamen propädeutischen — und einen praktischen Zug zu teilen und nur in diesen praktischen Zug den Polytechnischen Lehrgang als Abschlußjahr einzubauen.

Umstritten war bisher noch die Vorschule—wohl mehr auf Grund mißverständlicher Formulierungen. Hier geht der Streit darum, ob „Dispenskinder" - also Kinder, die zwischen 1. September und 31. Dezember geboren sind — in die Vorschule aufgenommen werden müssen, falls sie noch nicht reif sind, dem normalen Unterricht der ersten Klasse zu folgen.

An Zwang ist nicht gedacht, versichert auch Sektionschef Leo Leitner, oberster Schulbeamter im Ministerium. Die Regierungsvorlage stellt dies nun auch eindeutig klar:

Die Vorschule ist für jene Kinder gedacht, die zwar schon schulpflichtig, aber noch nicht schulreif sind und deswegen eine entsprechende Vorbereitung erhalten sollen, statt in den Kindergar-v ten zurückversetzt zu werden — das stand auch nie in Streit.

Als freiwilliges Angebot ist die Vorschule darüber hinaus für Dispenskinder zugänglich, die ursprünglich für einen normalen Schulbesuch aufgenommen waren, aber damit doch überfordert waren. Statt sie in den Kindergarten zurückzuschicken, können sie auch in die Vorschule gehen. Auf keinen Fall ist daran gedacht, Fünfjährige in die Vorschule aufzunehmen und damit ein Schuljahr „Null" zu schaffen.

Wenn schließlich die speziell für Mädchen konzipierten Schulen „vermännlicht" werden, kann dies wohl nur als zweifelhafte Verbeugung vor den „Emanzen quot; in Regierung und Partei aufgefaßt werden.

Auch bisher schon gab es hier keinen numerus clausus für männliche Besucher. Einige fanden sich und ließen sich nicht durch die Bezeichnung „für Mädchen quot; abschrecken. Diese zu streichen, ist eine Augenauswischerei, wenn nicht auch der Bildungsinhalt geändert wird. Diesen äußerst beliebten Schulen aber die Ausrichtung auf meist von Frauen ausgeübte Tätigkeiten zu nehmen, hieße, sie zu kastrieren.

Übrigens wurden in der Letztfassung die vorgesehenen „Bildungsanstalten für Kindergärtner" in „ Bildungsanstalten für Kindergartenpädagogik quot; umbenannt. Sonst wären schließlich die bewährten Kindergärtnerinnen gegen ihren Willen „vermännlicht" worden.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung