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Erzengel weicht Mozart

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Zwei Salzburger Domherren haben die Mozarts und Salzburg viel zu danken: Vater Leopold, von der Universität wegen Faulheit nach zwei Jahren relegiert, tat drei Jahre lang Dienst bei Johann Baptist Graf Thum-Valsassina, womit er in Salzburg erst richtig Fuß fassen konnte. Wolfgang Amadeus und seine Schwester Nannerl danken Leopold Anton Graf von Podstatsky-Liechtenstein, Domherrn in Salzburg wie in Olmütz, ihr Leben. Dieser nahm die Kinder furchtlos in seinem Haus auf, als sie in Olmütz, zuerst Wolfgang, dann Nannerl, an Blattern erkrankten und besorgte ihnen mit Joseph Wolff einen Medicus von Rang.

Einem anderen, dem Oberst-Hofmarschall, dem „Chef der weltlichen Hofhaltung des Fürsterzbischofs Hieronymus Colloredo (1772-1812), hatten Vater und Sohn zu danken, daß es nicht schon früher zum Zerwürfnis mit dem Landesherm gekommen ist: Oberst-Hofmarschall Franz Laktanz Graf Firmian verwendete als unmittelbarer Vorgesetzter seine Funktion dazu, die gewaltigen Urlaubsüberschreitungen Leopolds und Wolfgangs bei vollen Bezügen zu decken. All das wird dokumentiert im sogenannten Langen Gang des Salzburger Dommuseums, in dem heuer „Die Fürstenstadt”, der zweite Teil der Ausstellung „Salzburg zur Zeit der Mozart”, zu sehen ist.

Dort erfährt man auch, wie Salzburg nach der Protestanten Vertreibung mit dem Hirtenbrief des Fürsterzbischof Hieronymus Colloredo ins europäische Gespräch (oder Gerede) kam, mit dem die Aufklärung hoffähig gemacht wurde.

Ein Wiener, ein Prager

Daß Franz Schubert auf seinem Weg nach Badgastein in Salzburg im „Mohren” abstieg, um das Grab seines Freundes Michael Haydn zu besuchen, macht darauf aufmerksam, daß Mozart zu dieser Zeit gar nicht als Salzburger, sondern als Österreicher, als Wiener und Prager, galt.

So gesehen wäre es eigentlich von gar nicht so großem Interesse, jene Gesichter und Persönlichkeiten kennenzulernen, die zur Zeit Mozarts die Straßen und Häuser bevölkerten: Der erste Teil der Ausstellung, „Die Bürgerstadt”, zeigt Porträts dieser Bürger, unter ihnen freilich auch die Förderer Mozarts, zeigt ihre Tracht, ihren Schmuck.

Darüber hinaus führt dieser erste Teil im Museum Carolino Augusteum vor, wie die Stadt damals aussah, in welchem Zustand sich Straßen und Plätze befanden, welche Gläser man benutzte, wie die Musikinstrumente aussahen, wie man Bier braute. Man findet eine Trommel mit dem Wappen des Hieronymus Colloredo, eine Abrechnung über den Verbrauch von Notenbögen, wie viele davon beispielsweise für „Dixit” und „Magni-ficat” gebraucht wurden.

Inmitten all der Gesichter der Bürgerinnen und Bürger fragt man sich, wie viele von ihnen-außer den Freunden und Brotgebern - Mozart nicht nur gekannt haben, sondern auch wußten, wer er wirklich war, was er schuf. Ob sie nicht nur fromm waren, wovon Reisealtärchen und Votivbild-chen künden oder die Loreto-Kindln. sondern ob sie auch die Musik zu schätzen wußten, mit der er im Dom das Lob Gottes auf geniale Weise sang.

Als 1842 das Mozart-Denkmal aufgestellt wurde, mußte ein dem Erzengel Michael geweihter Brunnen dem „Götzenbild” weichen, wie die Salzburger es damals überzeugt formulierten...

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