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ES BEDARF STRENGERER MASSSÄBE

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Als Trinkwasser abgegebenes Wasser unterliegt den Bestimmungen des Lebensmittelrechtes und des Sanitätsrechtes. Trinkwasser muß hygienisch einwandfrei und frei von Schadstoffen sein. In Richtlinien der Sanitätsverwaltung sowie im Lebensmittelkodex werden Anforderungen an die Trinkwasserbeschaffenheitfestgelegt. Dabei ist grundsätzlich davon auszugehen, daß bei Einhaltung der vorgesehenen Werte gesundheitliche Ris-ken nicht bestehen; inwieweit im Einzelfall kurz- oder längerfristige Überschreitungen solcher Werte toleriert werden können, ist auf fachlicher Ebene zu beurteilen. Inwieweit eine fachlich tolerable Grenzwertüberschreitung auch von der Bevölkerung akzeptiert wird, ist eine andere Frage.

Im Interesse einer flexiblen und fallgerechten Lösung wurde bisher davon abgesehen, Werte rechtsverbindlich festzulegen. Erst die Trinkwasser-Nitratverordnung sieht für Nitrat verbindliche Grenzwerte im Trinkwasser vor, und zwar derzeit 100 Milligramm pro Liter, ab 1. Juli 1994 50 Milligramm pro Liter und ab 1. Juli 1999 30 Milligramm pro Liter. Damit werden die Wasserversorgungsunternehmen gezwungen, mehr als bisher auf eine entsprechende Rohwasserqualität und auf deren Sicherung zu achten.

Festzuhalten ist allerdings auch, daß nicht für alle erdenklichen Schadstoffe Werte festgelegt sind. Solche Stoffe werden oft erst bei gezielten Untersuchungen festgestellt; ihre Beurteilung ist dem Einzelfall und zum Teil der veröffentlichten Meinung überlassen.

Bei einem EG-Beitritt Österreichs werden die Wasserversorgungsunternehmen noch mehr unter Druck geraten. Österreich müßte nämlich die Richtlinie über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch (80/778/EWG) übernehmen, die in verbindlicher Form für über 60 Parameter Grenz- und Richtwerte sowie regelmäßige umfangreiche Untersuchungen vorschreibt. Das wird nicht allein ein Kostenfaktor sein; die BRD hat diese Richtlinie erst nach rund neun Jahren und auch da nur zum Teil umgesetzt, und dennoch werden für über zehn Prozent der Wasserversorgungsunternehmen erhebliche bis unlösbare Probleme erwartet.

Ähnliches gilt auch für die österreichische Wasserversorgung. Zwar spielt hier die Wasserversorgung aus Oberflächengewässern keine große Rolle, doch zeigt schon ein Vergleich der Trinkwasser-Nitratverordnung mit ihrem Wert von 30 Milligramm pro Liter für 1999 mit den heute bereits in zahlreichen Wasserspendern und Grundwasservorkommen gemessenen Nitratwerten die zu erwartenden Schwierigkeiten.

Die EG ist strenger

Daß Österreich in der EG auch für zahlreiche andere Parameter verbindliche Grenzwerte festsetzen müßte -für Pestizide gibt es bereits konkretere Vorstellungen -, wird sich der Trend zu gefährdeten oder gar beeinträchtigten Wasserspendern noch verstärken. Anforderungen an die Trinkwasserqualität erzeugen Druck bei den Wasserversorgungsunternehmen, ohne gleichzeitig jene zu treffen, die für eine schlechte Rohwasserqualität verantwortlich sind. Inwieweit hier im Wasserrecht neue Maßstäbe gesetzt werden können, wird sich erst zeigen.

Bisher versuchte die Wasserversorgung, bei Verunreinigungsfällen auf andere Wasserspender auszuweichen oder belastetes und unbelastetes Wasser zu mischen; Aufbereitung von Trinkwasser ist gegenüber anderen Staaten eher eine Ausnahme, Beide Auswege finden aber zunehmend ihre Grenzen in der mangelnden Akzeptanz durch die Betroffenen und in wasserwirtschaftlichen Zielsetzungen-

Überörtliche Entnahmen schmälern die Entwicklungsmöglichkeiten der Entnahmeregion und sind daher mit erheblichen Interessenkonflikten verbunden. Außerdem ist mit den Wasservorräten sparsam umzugehen; belastete Wasservorkommen sind zu sanieren, aber nicht weiteren Verunreinigungen zu überlassen. In Zukunft werden daher neben der Sanierung verunreinigter Wasservorkommen zunehmend Aufbereitungstechnologien in der Wasserversorgung auch in Österreich zum Einsatz kommen müssen. Dies ist auch ein politisches Problem, weil hiefür die Akzeptanz in der Bevölkerung erreicht werden muß.

Der Autor ist Ministerialrat im Landwirtschaftsministerium, sein Beitrag ein Auszug aus Bd. 87 der Wiener Mitteilungen, Wien 1990, Univ. Prof. Werner Biffl (Hrsg.).

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