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Es fehlt Verständnis und Geld

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Ein kurzer Rückblick auf 25 Jahre Bundesheer muß aus freiheitlicher Sicht kritischer ausfallen, als dies aus dem Blickwinkel von ÖVP oder SPÖ erfolgen wird.

Die ÖVP hat 15 Jahre hindurch das Verteidigungsressort in Eigenverantwortung geführt. Wenn es oft bei der damaligen Einstellung der SPÖ zum Bundesheer nicht immer leicht war, hat sich Ende der sechziger Jahre gezeigt, daß das Konzept einer Großarmee im Miniformat überholt und nicht zielführend sein kann.

Auch muß man heute noch feststellen, daß es bis dato nicht gelungen ist, aus dem bis 1955 verteilten Budgetkuchen ein der Landesverteidigung adäquates Stück herauszuschneiden.

Es muß aber auch Aufgabe aller politisch Verantwortlichen sein, der Bevölkerung klarzumachen, daß eine wirkungsvolle Landesverteidigung auch etwas kostet. Dies gelingt nur dann leichter, wenn in das Bewußtsein der Familie Österreicher eindringt, daß der im Parteienkonsens erstellte Landesverteidigungsplan mit den Raumverteidigungsüberlegungen die einzige wirkungsvolle Alternative darstellt.

Gegenüber der SPÖ gilt meine Kritik, daß in zehn Jahren Alleinregierung zweifellos mehr hätte geschehen können. Wenn wir die Vorlage der ersten Aufbaustufe bis 1986 erreichen wollen, müßten wir heute schon weiter sein. Wenn auch offensichtlich ein politisch stark verankerter Minister ein größeres Umsetzungsvermögen hat, fehlt es an vielem. Vor allem hat das entscheidende Umdenken in Sachen Landesverteidigung bei den Sozialisten erst

1977 richtig begonnen, als die Gewerkschaft den historischen Schritt der Partnerschaftsübernahme bei Heeresverbänden vorgenommen hat.

Trotz allem muß man sich täglich die Frage stellen, ob die gesteckten Ziele erreicht wurden oder erreicht werden können.

Am Papier ist uns die Umgliederung voll gelungen, aber bei der knappen Finanzdecke fehlt es noch an entscheidenden Maßnahmen. So sind noch große Anstrengungen hinsichtlich Infrastruktur zu unternehmen (Kasernenbau, dezentrale Lagerung von Munition und Gerät), weiters auch am Personalsektor (um das Unteroffizierskorps zu verjüngen), um moderne Waffen anzuschaffen. Die derzeitigen finanziellen Möglichkeiten reichen gerade aus, um das Bestehende zu erhalten.

Für einige Verantwortliche sind bis heute die Vorstellungen hinsichtlich Bereitschaftstruppe nicht erfüllt, wenn die „Berufsfeuerwehr" erst durch Teilmobilisierung die vorgesehene Stärke erreicht.

Dies betrachte ich aber nicht als vordringliche Frage. Die größten Probleme, die hauptsächlich im finanziellen Bereich ihren Niederschlag finden, kommen erst auf uns zu:

• Anschaffung und Finanzierung der Abfangjäger;

• Ausbau eines Artilleriekonzeptes;

• Anschaffung einer durchschlagenden Panzerabwehrwaffe;

• Anschaffung einer wirkungsvollen Luftabwehr, zumindest für einen begrenzten Bereich;

• Ausbau eines Heeressanitätskon-

zeptes in engster Zusammenarbeit mit dem zivilen Sanitätsnetz.

Das Wollen ist sicher vorhanden. Nur am Können scheitert es weitgehend.

Wenn dann aus engstirnigen politischen Überlegungen die heimische Rüstungsindustrie auch noch in Zweifel gezogen wird, kann sich das auf die Einsatzbereitschaft des Heeres nachteiligst auswirken. Daß uns aber in den nächsten Jahren auch die Frage des Aufkommens an Grundwehrdiener Kopfzerbrechen machen wird, läßt sich an den Fingern abzählen.

Dabei ist es nicht alleine der Pillen-knick und der schlechte Gesundheitszustand der Jugend, der mehr als 10 Prozent aller Wehrfähigen von vornherein ausscheidet. Gravierend wäre auch die vorgesehene unnotwendige Auflockerung des Zivildienstes, die einen weiteren großen Prozentsatz dorthin ausweichen läßt.

Mir stellt sich daher die Frage, wie Österreich häufig die Probleme der Landesverteidigung zufriedenstellend wird meistern können. Ich bin überzeugt, daß sich diese Frage nur dann langfristig lösen läßt, wenn der Schwerpunkt auf die geistige Landesverteidigung gelegt wird. Denn nur bei der notwendigen positiven Einstellung der Bevölkerung zum Bundesheer bzw. zur Landesverteidigung insgesamt, wird das Verständnis und eine breite Zustimmung zu finden sein, daß die Landesverteidigung auch etwas kostet.

Die politisch Verantwortlichen müssen sich endlich dazu durchringen, für die Landesverteidigung einen Budgetschwerpunkt zu setzen.

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