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Digital In Arbeit

Es geht nicht um Selbstbestätigung

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Die Verfasserin ist Mitarbeiterin in der Cursillobe-wegung und Sekretärin in einer Großstadtpfarre

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Die Verfasserin ist Mitarbeiterin in der Cursillobe-wegung und Sekretärin in einer Großstadtpfarre

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Es sind nun schon drei Jahre her, daß mir anläßlich einer Eucharistiefeier im kleinen Kreis, bei der der Priester zu den Worten „Schau nicht auf unsere Sünden, sondern auf den Glauben deiner Kirche" noch hinzufügte „Und auf den Glauben deiner Heiligen" unser Mangel an Glaube, unsere „Gottlosigkeit" zutiefst bewußt geworden ist.

Als Seelsorger wußte dieser Priester nur zu gut, daß nur ein Bruchteil der Kirchenbesucher an die Auferstehung Christi und ein Leben nach dem Tode glaubten, daß der Glaube der Christen heute zum Großteil unterhöhlt oder nur in Spüren vorhanden ist - in Spuren die herübergerettet worden sind aus den Kindertagen, bestehend aus Katechismus-Weisheiten, Angst und Sentimentalität, die aber beim Zusammenprall mit dem Leben nicht tragen und somit nur zu oft als untauglich weggeworfen werden.

Angesichts der Situation des Menschen heute - Verfla-chung, geistige Armut, Verlust der Werte, Sinnlosigkeitsgefühl, Angst, Gefühlskälte, Neurosen - schien es uns notwendiger denn je, die Frohbotschaft den Menschen um uns zu bringen. Aber trotz all unserer Anstrengungen in Familie, Arbeitsplatz und sonstigem Lebenskreis schien nichts „weiterzugehen".

Wir überzeugten nicht! Wir wurschtelten gemeinsam und als einzelne oft bis zur Erschöpfung weiter und fühlten uns letzten Endes ebensowenig erlöst wie die, denen wir die Erlösung bringen wollten!

Gemeinsam in Gruppen begannen wir, unser Leben aus dem Glauben zu hinterfragen und machten die Erfahrung, daß wir uns selbst fast alles -. Christus in der Tat fast nichts zutrauten. Wir waren in den alten Fehler des Volkes Gottes verfallen: Alibihandlungen zu setzen, aber dem Kontakt mit dem lebendigen Gott auszuweichen.

Damit sind wir kein Einzelfall. Sicher fallen Christen, wo immer sie stehen, in den gleichen Fehler - nämlich, daß sie das Engagement für die Sache Christi zum Selbstzweck, zur Selbstbestätigung werden lassen. Die Sache wird wichtiger als der Inhalt.

Jede Aktion, jedes Engagement, das unter „christlichem Vorzeichen" gestartet wird (möge es von kirchlicher, politischer, privater oder ganz persönlicher Seite her kommen) und dessen Inhalt auch noch so sehr mit der christlichen Moral oder Soziallehre übereinstimmt, aber nicht im Glauben und in der Hoffnung auf die Kraft Christi und vor allem in der Liebe geschieht, wird kraftlos und schwach. Wo die Liebe fehlt, können solche Aktionen Christus töten.

Wie eingangs erwähnt, liegt diese Erfahrung der Mutlosigkeit und eigenen Glaubensschwäche einige Jahre zurück. Das Umdenken, das zu jenem Zeitpunkt in unserem Kreis einsetzte, hat gleichzeitig das in Bewegung gebracht, worum wir uns jahrelang zuvor beinahe vergeblich bemüht hatten. Wir selbst wurden mehr und mehr zu einer Gemeinschaft, die gelernt hat und noch immer dazulernt, einander zu tragen und zu ertragen, die offen ist für andere und in der wir uns trotz mancher Schwierigkeiten geborgen fühlen.

Wir erfahren ständig an uns selbst und aneinander, wie uns unsere persönlichen Lasten (Krankheit, Schwierigkeiten in der Familie und im Beruf) leicht gemacht oder sogar abgenommen werden. Wie Menschen in unserer Mitte sich verändern und wieder neu zu leben beginnen. Wie Beziehungen, die schwer gestört waren, sich ordnen - und wie unsere Verkündigung allmählich Gewicht bekommt und die Suchenden erreicht.

Der Auftrag des Christen, Salz der Erde zu sein und diese Erde zu erneuern, scheint uns nicht mehr unmöglich - können wir doch täglich an uns selbst und an unseren Brüdern erfahren, daß Christus wahrhaft auferstanden ist und unter uns lebt.

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