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Es geht um die Ehehaltung

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Wer aus der Distanz einiger Wochen eine Bilanz über vier Wochen Synodenarbeit zieht, stellt zunächst fest, daß die Bischöfe aus den Entwicklungsländern eine bedeutsame Rolle spielten. Ihnen wäre sogar die Führungsrolle zugefallen, meinte rückblickend Kardinal Josef Ratzinger.

Freilich: Nirgend anderswo spiegeln sich religiöser Glaube, kulturelle und ethische Eigenart in so vielfältiger Weise wider wie im Leben der Familie, die das Thema der 5. Allgemeinen Bischofssynode in Rom war.

Weiter fällt auf, daß in den meisten Berichterstattungen der Schwerpunkt anders lag, als ihn die Synode von Anfang an gesetzt hatte. Er lag nicht auf Teilfragen, wie Empfängnisverhütung, Pastoral der Geschiedenen oder konfessionsverschiedener Ehepaare, sondern auf der Haltung, mit ihrer spirituellen Dimension als Hauskirche, sowie auf allen sich davon ableitenden seelsorgerlichen Anliegen.

Ausführlich befaßte sich die Synode mit den besonderen Grundwerten und Grundhaltungen einer christlichen Familie. Vom Wesen der Kirche ausgehend, die mehr ist als eine Institution zur Verkündigung der christlichen Weltanschauung, in der vielmehr der erhöhte Herr in mystischer Weise fortlebt, zeigte die Synode auf, wie die Gatten durch das Sakrament der Ehe an diesem Leben Christi Anteil erhalten und sich kraft dieser Hilfe gegenseitig zur Heiligkeit führen wollen.

„Der Heilsplan Gottes läßt uns verstehen, warum die Kirche glaubt und lehrt, daß dieser Bund der Liebe und Hingabe zwischen den Gatten, die sich in einer sakramentalen Ehe verbunden haben, dauerhaft und unauflöslich ist”, heißt es in einer Abschlußbotschaft, die dann in der Beweisführung etwas sprunghaft und nicht ganz überzeugend fortfährt:

„Die Weitergabe des Lebens läßt sich von der Ehe nicht trennen. Der Akt der ehelichen Vereinigung muß gemäß dem Rundschreiben ,Humanae Vitae' wahrhaft menschlich, ganzheitlich, ausschließlich und offen für neues Leben sein.”

In der genannten Botschaft vermißt man Ausführungen zum Problembereich der Pastoral wiederverheirateter Geschiedener, zur Gewissensnot der Gläubigen hinsichtlich des Verbotes empfängnisverhütender Mittel und zur Pastoral konfessionsverschiedener Ehen.

In der Abschlußansprache führte der Papst zur Geschiedenenpastoral aus, daß wiederverheiratete Geschiedene nach wie vor zur Kirche gehörten, doch durch die Unauflöslichkeit einer christlichen Ehe eine objektiv Konfliktsituation bestehe.

Wiederverheiratete Geschiedene sollten daher von der kirchlichen Gemeinschaft Hilfe erfahren und selbst „durch das Hören des Wortes Gottes, die Teilnahme an der Gemeindemesse, die Förderung der Liebe und der Gerechtigkeit, am Leben der Kirche teilnehmen”.

Der Papst ging auch auf die Gewissensnot ein, die nicht wenige christliche Eheleute wegen des Verbots empfängnisverhütender Mittel verspüren. Er bekräftigte die Grundaussagen von „Humanae Vitae”, billigte aber auch den in der Synode wiederholt laut gewordenen Wunsch nach einer verstärkten Zusammenarbeit von Theologen und Lehramt, „die biblischen Fundamente der personalistischen Gründe dieser Lehre klarer herauszuarbeiten”.

Auf diesen Wunsch der Synode wurde in den meisten Berichterstattungen zu wenig hingewiesen, auch zu wenig auf die Tatsache, daß die Synode auf diesem Gebiet nur sehr allgemeine, weltweit gültige Aussagen treffen konnte.

Die wirkliche Problemsituation zeigt sich in den einzelnen Ländern, Kulturkreisen und Kontinenten stark verschieden. Im hochindustrialisierten Westen wird sie durch eine tiefsitzende Kinderfeindlichkeit der Erwachsenen und durch einen verbreiteten Pillenkonsum vom Mädchenalter an bestimmt, während sie sich in der Dritten Welt in einer besorgniserregenden Bevölkerungsexplosion zeigte.

Als wichtigstes Ergebnis der fünften Vollversammlung der Weltbischofssynode wurde ein Katalog von 43 Vorschlägen dem Papst übergeben. Mit großer Wahrscheinlichkeit dürften sie in ein Dokument eingearbeitet werden, mit dessen Erscheinen im kommenden Jahr zu rechnen ist. Erst dann kann endgültig Bilanz gezogen werden.

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