Dieser FURCHE-Text wurde automatisiert gescannt und aufbereitet. Der Inhalt ist von uns digital noch nicht redigiert. Verzeihen Sie etwaige Fehler - wir arbeiten daran.
Es war der Bruch, kein „Theater“
Die Einigung auf Hellmuth Klauhs als neuen Präsidenten der Nationalbank kann es nicht kaschieren: Das Gesprächsklima zwischen Kanzler Franz Vranitzky und Vizekanzler Alois Mock ist auf dem Nullpunkt. Sie können — salopp formuliert — nicht miteinander. Was sich da nach einem Vier-Augen-Gespräch abgespielt hat, war kein Sommertheater mehr.
Nun gehören Krachs durchaus auch zum politischen Ritual und sollten insgesamt nicht überschätzt werden. Dramatischer als die Situation ist da die mediale Schlagzeile. Denn jede der beiden Regierungsparteien braucht solche Konflikte, um sich gegenüber der jeweils eigenen Klientel ausweisen zu können. Und um insgesamt nachweisen zu können, daß — wie einer Koalition der beiden Großparteien im vorhinein unterstellt — keineswegs schon alles ausgepackelt ist.
Dieser Eindruck hat aber nach dem monatelangen Tau(s)ziehen um die Notenbank ohnehin nie entstehen können. Wohl aber das Bewußtsein, daß sich Vranitzky und Mock nicht über die Nachbesetzung dieser für die Republik so bedeutsamen Position in angemessener Zeit verständigen können. Und Klauhs verdient es nicht, daß ihm der Geruch des Kompromißkandidaten anhaftet.
Mock darf ihn trotzdem als Erfolg werten. Und die SPÖ-Reak-tionen sind dementsprechend, weil damit ein Gesichtsverlust Vranitzkys verbunden ist. Ein zweites Mal wird — kann? — er sich derlei nicht mehr leisten.
Nur vor diesem Hintergrund sind Neuwahl-Spekulationen nicht mehr ganz unrealistisch. Nicht um das Ende der großen Koalition herbei-, sondern um sie unter neuen Voraussetzungen fortzuführen. An einen Wechsel des Koalitionspartners denken in beiden Großparteien nur wenige Hasardeure.
Während die Volkspartei gegenwärtig keinerlei Interesse an vorgezogenen Wahlen haben kann, könnte die SPÖ eine einzige Überlegung animieren. Vorausgesetzt, sie darf damit rechnen, ihre Position gegenüber der ÖVP zu verbessern, wird sie Mock den Fehdehandschuh hinwerfen. Um ihn — brutal gesagt — loszuwerden. Erstens zwingt sie dem Regierungspartner damit vor den Wahlen eine Führungsdiskussion auf, und jeder, der die ÖVP kennt, weiß, was das bedeutet, und zweitens darf Mock beim Urnengang keinesfalls verlieren: weder relativ, schon gar nicht absolut.
Die nächsten Wochen werden nichts entscheiden. Vor den niederösterreichischen Landtagswahlen am 16. Oktober (siehe Seite 4) wird sich überhaupt nichts tun. Bis dahin dienen sogar Spekulationen über eine Regierungsumbildung lediglich dazu, die Sommermonate zu überbrücken. Die Sommergewitter verziehen sich wieder. Aber der Bruch zwischen Vranitzky und Mock bleibt.
Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.
In Kürze startet hier der FURCHE-Navigator.
Steigen Sie ein in die Diskurse der Vergangenheit und entdecken Sie das Wesentliche für die Gegenwart. Zu jedem Artikel finden Sie weitere Beiträge, die den Blickwinkel inhaltlich erweitern und historisch vertiefen. Dafür digitalisieren wir die FURCHE zurück bis zum Gründungsjahr 1945 - wir beginnen mit dem gesamten Content der letzten 20 Jahre Entdecken Sie hier in Kürze Texte von FURCHE-Autorinnen und -Autoren wie Friedrich Heer, Thomas Bernhard, Hilde Spiel, Kardinal König, Hubert Feichtlbauer, Elfriede Jelinek oder Josef Hader!