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Es zählt kein Probe-Nein

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In zehn Tagen zählt nur das Ja oder das Nein, aus welchen Motiven auch immer. Manche werden hundertprozentig überzeugt für einen Beitritt Österreichs zur Europäischen Union stimmen, weil sie ganz konkreten Nutzen sehen, andere nach sorgsamem Abwägen der Vor- und Nachteile, wieder andere vielleicht nur gefühlsmäßig oder weil sie etwa einem Alois Mock mehr vertrauen als einem Jörg Haider. Unterm Strich zählt nur das Ja.

Auch das Nein, die Ablehnung, ist ähnlich differenziert. Da gibt es ebenso fundamentale EU-Gegner wie solche, die — etwa ein niedergelassener Arzt oder ein Bü-benbauer - mit ihrem Nein ganz persönliche Nachteile abwehren wollen. Eine dritte Gruppe träumt den Traum von der „Insel der Seligen” weiter, da und dort von einer kräftigen „Mir-san-mir”-Men-talität genährt. Dazu kommen viertens jene, die schlicht Angst vor jeder Veränderung haben.

Jörg Haider und seine Clique mobilisieren fünftens - weitab der Zukunftsentscheidung, um die es geht —, jene Zirkel für ein Nein, die der Begierung einen „Denkzettel” verpassen sollen. Von diesem parteipolitischen Manöver mit einer staatspolitischen Entscheidung werden ihn auch die klaren Worte des Bundespräsidenten nicht mehr abbringen. Der „Denkzettel”, das weiß man seit Zwentendorf, kann zum Zünglein an der Waage werden. Jenseits der Legendenbildung um die erste Volksabstimmung der Zweiten Republik: den Nein-Ausschlag haben jene gegeben, die zwar nicht gegen das Atomkraftwerk, dafür gegen Bruno Kreisky waren.

Eine sechste Gruppe will es schließlich mit einem „Probe-Nein” versuchen. Eine Art „Jein”. Im Glauben, daß Österreich bei Nachverhandlungen mit der EU dann irgendein anderes Ergebnis erzielen könnte. Eine Spekulation, die wohl nur für den hypothetischen Fall zutreffen könnte, wenn gleich alle vier Beitrittswerber der EU die kalte Schulter zeigten.

Sonst wird mit einem Nein am 12. Juni die Tür zur EU für lange Zeit zugeschlagen. Soviel ist sicher: Österreich wird dann ab 1996 nicht am Beformprozeß der EU teilhaben, würde zudem auf neue, zusätzliche Interessen einer erweiterten EU Bücksicht nehmen müssen. Und das ausprobieren?

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