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Ethnische Säuberung -1913

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Als vor zwei Jahren Tito-Jugoslawien zerfiel, standen zunächst Kroaten und Moslems Schulter an Schulter gegen die serbischen Aspirationen. Inzwischen schießen beide aufeinander. Balkanische Tradition - auch vor 80 Jahren lief es ähnlich, als sich die Sieger des Ersten Balkankriegs bei der Verteilung der Beute in die Haare gerieten.

In zwei Feldzügen 1912/13 hatten Serbien, Bulgarien, Griechenland und Montenegro die Osma-nen vom Balkan verdrängt. Der Sultan erklärte sich bereit, auf alle europäischen Besitzungen westlich von Dardanellen und Bosporus zu verzichten. 100.000 Türken aus den Balkanländern wurden nach Konstantinopel vertrieben -„ethnische Säuberung” 1913.

Das eben erst befreite Mazedonien aber stand auf der Wunschliste aller drei Nachbarn - Serbien, Bulgarien und Griechenland.

Rußland sollte vermitteln. Bevor es eingreifen konnte, drangen bulgarische Truppen nach Skopje vor. Serbien erklärte Sofia den Krieg, Griechenland schloß sich ihm an, am 1. Juli 1913 begann der Krieg von neuem. Und Rumänien, bisher unbeteiligt, ergriff die Gelegenheit, die bulgarische Süddobrudscha zu besetzen.

Der Friede von Bukarest brachte zwar ein rasches Ende, aber eine völlig veränderte Landkarte: Südmazedonien mit Saloniki wurde griechisch - und 80 Jahre später resultiert daraus die Furcht der Griechen, das neue Mazedonien könnte Revisionsansprüche stellen. Serbien wurde verdoppelt - und erhob Anspruch, auf Kosten Österreichs zu „Großserbien” zu werden. Eine weitere halbe Million Menschen, Türken, Bulgaren, Griechen, Albaner, mußten die unter fremde Herrschaft gekommene Heimat zwangsweise verlassen.

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