FPÖ
DISKURS"Euer Wille geschehe": Ein FPÖ-Plakat als postmoderne Dämonie
Wenn die FPÖ Slogans in Anlehnung an das Vater-Unser-Gebet plakatiert, ist das nicht "nur" Blasphemie. Es ist die zynisch-spottende, nichts und niemanden ernst nehmende Ankündigung eines politischen Projektes zur Zerstörung der liberalen, menschenrechtsbasierten Demokratie und ihrer Institutionen.
Wenn die FPÖ Slogans in Anlehnung an das Vater-Unser-Gebet plakatiert, ist das nicht "nur" Blasphemie. Es ist die zynisch-spottende, nichts und niemanden ernst nehmende Ankündigung eines politischen Projektes zur Zerstörung der liberalen, menschenrechtsbasierten Demokratie und ihrer Institutionen.
In seinem Buch „Der Glaube des Adolf Hitler“ beschrieb der Historiker und langjährige FURCHE-Redakteur Friedrich Heer, wie Hitler im Rückgriff auf christliche Motive (wie z. B. den Glauben an die göttliche Vorsehung) große Teile der Bevölkerung emotional für seine Ziele gewinnen konnte. Die Inszenierung des Nationalsozialismus als politische Religion fiel bei einer nur an der Oberfläche christianisierten Bevölkerung auf fruchtbaren Boden.
Nun sollte man das FPÖ-Wahlplakat „Euer Wille geschehe“, das ebenfalls auf die Assoziation mit einem christlichen Motiv abzielt, nicht mit Nazipropaganda und Herbert Kickl nicht mit Hitler vergleichen. Nach Karl Marx wiederholt sich Geschichte nicht, und wenn, dann als Farce, d. h. als derbe, spottende Posse. Solche Possen – und das Plakat ist eine solche – können aber im politischen Raum nicht minder gefährlich sein.
Denn Kickl und seine Gesinnungsgenossen appellieren nicht wie Hitler an religiöse Gefühle, sondern verspotten diese. Sie wissen, dass die österreichische Gesellschaft religiös ausgehöhlt ist. Das verächtliche Spiel mit religiösen Assoziationen steht ausschließlich im Dienst der schamlosen Durchsetzung von Machtinteressen. Die assoziative Verbindung mit nationalsozialistischen Vorstellungen („Volkswille“) ist die Hülle des blanken Willens zur Macht.
Das Plakat ist deshalb nicht „nur“ Blasphemie, sondern Ausdruck einer postmodernen Dämonie. Denn eine Blasphemie lästert zwar, anerkennt aber immer noch die Wirklichkeit Gottes. Eine Dämonie anerkennt nur mehr irdische Macht und leugnet faktisch die Existenz Gottes, ungeachtet dessen, was öffentlich verkündet wird. Postmodern (im Alltagsverständnis) ist sie, weil sie keinen wie immer gearteten Anspruch auf Wahrheit anerkennt und alles für Eigeninteressen interpretiert und benützt.
Mit dem Begriff der „Dämonen“ werden in der Bibel Prozesse und Dynamiken beschrieben, die auf die Zerstörung und Vernichtung von Leben zielen. Solche docken sich mit Vorliebe an Ängste, Sehnsüchte, Bedürfnisse angesichts realer Probleme an. Wenn also die FPÖ Lösungen für die zu lange ignorierten migrationspolitischen Probleme anbietet, bedient sie die damit verbundenen Ängste, zielt aber mit ihrem Ethnonationalismus letztlich auf die Exklusion all jener, die nicht den normativen Vorstellungen des imaginierten Volkswillens entsprechen.
„Euer Wille geschehe“: Das ist die zynisch-spottende, nichts und niemanden ernst nehmende Ankündigung eines politischen Projektes zur Zerstörung der liberalen, menschenrechtsbasierten Demokratie und ihrer Institutionen im Namen eines divinisierten „Volkswillens“ auf Kosten von ethnisch und religiös „Anderen“. Das ist dämonisch.
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