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Europa vom Ural bis Portugal

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Die Gemeinsamkeiten der europäischen Ortskirchen ins Bewußtsein zu rufen und in den Dienst der Weltkirche zu stellen, war Aufgabe dieses Bischofssymposions.

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Die Gemeinsamkeiten der europäischen Ortskirchen ins Bewußtsein zu rufen und in den Dienst der Weltkirche zu stellen, war Aufgabe dieses Bischofssymposions.

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Im großzügig angelegten Kongreßzentrum der Salesianer in Rom ging am Freitag, den 8. Oktober, ein Symposion der europäischen Bischöfe zu Ende. Es war nach Meinung der 88 Bischöfe und der rund 20 Vertreter der römischen Kurie und der verschiedenen Ordensgemeinschaften das wichtigste unter den fünf Symposien, die seit 1967 abgehalten wurden.

Auch unterschied es sich deutlich von den vorausgegangenen: lag der Akzent bisher auf dem gegenseitigen Gedankenaustausch, so lag er diesmal eindeutig auf dem Generalthema: „Die kollegiale Verantwortung der Bischöfe und Bischofskonferenzen Europas in der Evangelisierung des Kontinents”.

Es war erstmals ein „operatives” Symposion, erklärte der Bischofsvikar von St. Gallen, Ivo Fürcr, der Generalsekretär des „Rates der Europäischen Bischofskonferenzen”, also jenes Rates, der dieses Symposion veranstaltet hat.

„Wenn die Kirche von Europa spricht”, stellte Kardinal König in einem vielbeachteten Referat des Symposions klar, „dann meint sie nicht ein Teileuropa, das heißt weder das Europa der Wirtschaftsgemeinschaft oder der Freihandelszonen noch das Europa des Europarates und schon gar nicht das Europa der Militärblök-ke. Sie meint immer ganz Europa, das durch die christliche Missionierung eine geistige Einheit bildet — von Portugal bis zum Ural, von Island bis Malta.”

An dieser Stelle traf Kardinal König eine wichtige Abgrenzung, die bisher einige Bischöfe veranlaßt hat, dem Europagedanken gegenüber eine gewisse Zurückhaltung zu zeigen: „Der schillernde Begriff des .Abendlandes' kommt hier nicht in Frage; auch dann nicht, wenn man von einem christlichen Abendland spricht. Für Christen ist Europa das Europa des Westens und das Europa des Ostens, also ein religiös-kultureller Begriff.”

In diesem Europa, das seit Jalta von einem Vielvölkerkontinent zu einem in zwei Blöcke aufgeteilten Gebiet zusammenzuschrumpfen droht, erkennen die Bischöfe, daß „Teilkirchen keine Inseln mehr sind”, wie ein Bischof treffend formulierte.

„Die Verbindung der katholischen Kirche im westlichen Europa mit der katholischen Kirche im östlichen Europa ist vor allem im Osten selber ein Wunsch, den man im Westen oft nicht zur Kenntnis nehmen will”, erklärte Kardinal König und fügte hinzu:

„Die Kirche in Osteuropa braucht das besondere Interesse der Mitchristen im Westen; sie braucht nicht die Neugierde des Westens, auch nicht die Meinung, es handle sich um ein touristisch interessantes Gebiet, sondern sie braucht Besuche aus dem Westen, Hilfe nicht nur wirtschaftlicher, sondern vor allem moralischer Art. Die Fragen der Religionsfreiheit müssen immer noch den Vorrang vor den Fragen der Wirtschaft haben.”

Kardinal'König, ein guter Kenner der Verhältnisse in der Zweiten Welt, zeigte aber auch auf, was der Westen vom Osten lernen kann, nämlich eine gesunde Distanz zu Geld, Macht und Einfluß, „Dinge, ohne die wir nicht meinen leben zu können, auch als Kirche nicht”.

Im kommunistischen Machtbereich wachse eine Jugend heran, die von Religion nicht mehr viel wisse, doch zeige sich beim besseren Teil dieser Jugend ein Interesse gerade für das, was bekämpft werde, ja, sie komme in der atheistischen Literatur auf die Spuren Gottes, führte König aus und meinte in Anlehnung an eine Stelle von Horaz: „Manch einen von ihnen führt der Kampf gegen Gott zu Gott.”

Die Evangelisierung Europas im Sinne einer Selbst- und Dauerevangelisierung ist eine schwere Aufgabe, die nur dann in Angriff genommen werden kann, wenn die Bischöfe ihre kollegiale Verantwortung erkennen und wahrnehmen. In dieser Feststellung ist der thematische und programmatische Schwerpunkt dieses Symposions angesprochen.

Die Bischöfe wollen in Zukunft stärker auf die gemeinsamen Probleme des Kontinents achten wie Krieg und Frieden, Waffenhandel, Geburtenrückgang und Abtreibung, Ethik der Weitergabe des Lebens, Euthanasie, menschliche Schwierigkeiten im Gefolge der Wirtschaftskrise, Gewalttätigkeit in den Städten und Fragen der Menschenrechte. Sie wollen versuchen, in diesen und anderen Fragen zu gemeinsamen Stellungnahmen zu finden, in „richtiger Verbindung von Einheit und Vielfalt”.

Als wichtigste Forderung aus diesem Symposion erkannten die Bischöfe, in sich selbst ein „europäisches Bewußtsein” wachzurufen, denn nur das, was als Uberzeugung im Menschen lebt, wirkt dynamisch.

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