7211433-1992_32_01.jpg
Digital In Arbeit

Europas Ordnung den Fluß hinunter

19451960198020002020

Mit scharfen Worten hat Außenminister Alois Mock.die sich der Lächerlichkeit preisgebende europäische Politik gegenüber Serbien gegeißelt. In einem Telefon-Gespräch mit der FURCHE betonte Mock, daß außer einem militärischen Eingreifen in Bosnien-Herzegowina nichts mehr übrig bleibe. Mock: „Die serbischen Generäle sind auch nur Menschen, die sich natürlich fragen, warum sie ihr bisheriges Vorgehen ändern sollten, wo doch ihre Überlegungen so gut aufgehen."

19451960198020002020

Mit scharfen Worten hat Außenminister Alois Mock.die sich der Lächerlichkeit preisgebende europäische Politik gegenüber Serbien gegeißelt. In einem Telefon-Gespräch mit der FURCHE betonte Mock, daß außer einem militärischen Eingreifen in Bosnien-Herzegowina nichts mehr übrig bleibe. Mock: „Die serbischen Generäle sind auch nur Menschen, die sich natürlich fragen, warum sie ihr bisheriges Vorgehen ändern sollten, wo doch ihre Überlegungen so gut aufgehen."

Werbung
Werbung
Werbung

In diesem Zusammenhang sieht Mock „die Grundsätze der neuen europäischen Ordnung, wie sie in der Pariser Charta von 1990 festgelegt ist, den Fluß hinunterschwimmen. Die Zyniker und Machtmenschen könnten die Oberhand behalten. Europa setzte bisher falsche Signale." Als makaber bezeichnet der Außenminister, daß die KSZE-Staaten am 15. April Serbien zwar als Aggressor benannten, die Staatengemeinschaft aber dann mit einem Waffenembargo gleichzeitig die bedrohten, international anerkannten Staaten in ihrem legitimen Recht auf Selbstverteidigung beschnitt.

Europa - so Mock - versuche mit einer Reihe von Friedenskonferenzen seiner Verantwortung und Verpflichtung zu entkommen. „Wenn man sich jetzt aber den notwendigen Pflichten entzieht, wird nachher alles noch kostspieliger sein." Recht ohne Macht sei lächerlich, mahnt Mock und verweist darauf, daß seiner Ansicht nach das System der Apartheid in Südafrika weniger negativ war als die derzeitige von Serbien betriebene Politik der ethnischen Deportation in Bosnien-Herzegowina. „Es ist abenteuerlich, was sich heute in Europa tut", fügt Mock hinzu.

Zur Umsetzung seines Vorschlags, eine Sicherheitszone um Sarajewo und den Flugplatz der Hauptstadt zu errichten mit dem Ziel, humanitäre Hilfe zu ermöglichen und das Überleben der politisch legitimen Regierung von Bosnien-Herzegowina zu sichern, könnte sich der Außenminister von Luft und See aus gestützte militärische Operationen der USA vorstellen, die von Land aus durch europäische Mächte unterstützt werden sollten.

Mock meint, daß sein Ende April vorgelegter Vorschlag zur Schaffung von mehreren Sicherheitszonen in Bosnien - beispielsweise in einem zweiten Schritt auch um Tuzla und an anderen Orten -, von „safe havens" nach dem Vorbild der kurdischen Sicherheitszonen im Irak, die derzeitigen Aggressoren vielleicht politischen Verhandlungen zugänglicher machen könnte. „Wenn keinerlei militärische Zwangsmaßnahmen ergriffen werden, haben auch die serbischen Generäle keine Veranlassung, auf irgendwelche Sicherheitsratsresolutionen Rücksicht zu nehmen", konstatiert Mock ernüchtert.

Mut signalisiert Mock auch angesichts vieler „abenteuerlicher Gerüchte über Österreich" aus der serbischen Propagandaküche. Der seinerzeitige Staatssekretär Peter Jan-kowitsch hatte diesbezüglich in der FURCHE 1/1992 vor einem Engagement Österreichs am Balkan gewarnt und damit offenbar auch lange Zeit die Außenpolitik des großen Koaliti-onsspartners SPÖ bestimmt. Mock: „Wir kennen das schon seit einem Jahr, Serbien beschuldigt das Bundesheer, von NATO-Offizieren oder von Deutschland aus befehligt zu werden, man wirft Österreich vor, bestochen zu sein." Die von der angesehenen US-ame-rikanischen Kommentatorin Flora Lewis unlängst in der „International Herald Tribüne" veröffentlichte Meldung, wonach österreichische Waffen über Ungarn nach Kroatien geliefert würden, könne er, Mock, nicht bestätigen; es könne aber sein, daß Waffen nach Kroatien geschmuggelt würbosnischen Mock: Notwendige Pflichten (Hopi) den.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung