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EWRIer genießen und andere büßen

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20.000 bis 23.000 ausländische Arbeitnehmer, das sind etwas mehr als zehn Prozent des Höchstkontingents, müssen mit 1. Jänner 1993 aus der Quote für die Ausländerbeschäftigung herausgerechnet werden. Sie werden zu Neujahr über Nacht Europäer erster Klasse und brauchen für ihre Bleibe in Österreich ab sofort weder Aufenthaltsgenehmigung noch Arbeitsgenehmigung. Sie sind Bürger(innen) aus Staaten des Europäischen Wirtschaftsraumes, die mit der Einbeziehung Österreichs in den EWR Freizügigkeit genießen.

Theoretisch könnte für sie das Gros der bosnischen Kriegsflüchtlinge im Rahmen der Quote Berücksichtigung finden. Oder es könnten durch eine Amnestie U-Boote aus der Illegalität herausgeholt und in den Arbeitsmarkt integriert werden. Alles im Rahmen der 1990 beschlossenen Novelle zum Ausländerbeschäftigungsgesetz: Danach soll die Zahl der legal beschäftigten Ausländer nicht mehr als zehn Prozent des heimischen Erwerbspotentials betragen. Das sind für 1993 324.000 ausländische Arbeitskräfte - ohne Einbeziehung der EWR-Bürger. Für 245.500 können die Bundesländer nach einem festgelegten Schlüssel eine Beschäftigungsbewilligung oder Arbeitserlaubnis erteilen, die Zuteilung der restlichen 78.500 erfolgt nach Bedarf durch den Sozialminister. Gegenüber früher hat der Minister seinen Ermessensspielraum damit verdoppelt. Da kann er, wenn er will, bremsen.

Vor dem Hintergrund pessimistischer Wirtschaftsprognosen - wahrscheinlich auch mit Seitenblick auf das Haider-Begehren - will aber Josef Hesoun mehr: Er möchte die gesetzliche Höchstquote von zehn - so ist vor den Verhandlungen in dieser Woche zu hören - auf neun Prozent, also um 32.400 senken. Damit würden die 23.000 EWR-Bürger(innen) von hinten herum wieder einbezogen - dazu aber noch rund 8.000 „sonstige" Ausländer.

Bevor man dazu übergeht, Gesetze jeweils neuen Prognosen anzupassen, sollten zuerst einmal die Möglichkeiten der flexiblen Steuerung durch das Bundeskontingent ausgeschöpft werden. Es sei denn, man ändert das Gesetz im Sinn des gängigen Vorurteils, daß Ausländer Inländern der Arbeitsplatz wegnehmen. Wie aber nur, da es die Auflage gibt, vor Inländern immer zuerst Ausländer zu kündigen? Wenn die vorrangige Vermittlung und Einstellung von Inländern vor Ausländern vorgeschrieben ist? Das eigentliche Problem, das der illegalen Beschäftigung von Ausländern, wird so nicht gelöst. Es wird sogar durch die Verknappung des legalen Angebotes weiter verschärft.

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