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Export der KSZE?

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Wie soll die Nachkriegsordnung in der Golfregion aussehen? Wie können die brennenden Probleme des Nahen und Mittleren Ostens gelöst werden? Eine hektische Reisediplomatie hat bereits eingesetzt, auch Österreich zeigt sich engagiert. Für Kanzler Franz Vranitzky und Außenminister Alois Mock liegt die Lösung in einer Nahost-Konferenz und einer zweiten Konferenz nach Muster der KSZE. Eine solche Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit gilt für sie als aussichtsreichstes Instrument für eine langfristig friedliche und sichere Entwicklung in der Krisenregion. Schließlich habe die KSZE auch Europa sicherer und friedlicher gemacht, man könne die guten Erfahrungen auch in den Nahen Osten exportieren.

Eine Einschätzung, die Experten nicht unbedingt teilen. Zu brisant sei die Konfliktkonstellation.Das Palästinaproblem, der Bürgerkrieg im Libanon, der Kampf der Kurden um einen eigenen Staat, die Rivalität zwischen Iran und Irak, die krassen sozialen und wirtschaftlichen Gegensätze zwischen reichen Ölländern und darbenden Massen in der restlichen arabischen Welt...

Botschafter Bent Rosenthal, dänis|her Direktor des neugegründeten KSZE-Konfliktverhütungszentrums in Wien, hat viele Jahre den KSZE-Prozeß miterlebt und mitgestaltet. Er findet den österreichischen Vorschlag auch „interessant”, glaubt aber nicht,wie er daß dieser Prozeß „so einfach auf den Nahen und Mittleren Osten übertragen werden kann. Daß die Entwicklung in Europa so positiv verlaufen konnte, ist nicht einfach Folge der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit, sondern vor allem der politischen und wirtschaftlichen Veränderungen im Osten. Die Konferenz allein konnte keinen Frieden bewirken.”

Eine solche Aufgabe sollte die KSZE auch nicht erfüllen. Ihre Aufgabe war die Stabilisierung des Friedens und die Vermehrung der Sicherheit. Allerdings nicht durch große politische Veränderungen oder gar Abrüstungsverhandlungen, sondern durch Dialog, Abbau

| Bent Rosenthal: Die KSZE allein ( bewirkt keinen Frieden (Seidler) von Vor-Urteilen, durch das Wek-ken von Verständnis für gegenseitige Positionen und Interessen, durch ein Ja zum Gewaltverzicht. Auch in Europa sind die regionalen Konflikte geblieben (Nordirland, Baskenland, Nationalitätenkonflikte in Jugoslawien, im Baltikum, im Kaukasus...),obwohl Gorbatschows Perestrojka und die KSZE-Entspannungspolitik den Ost-West-Gegensatz beendet haben. Erst recht müßte also auch im Nahen Osten zunächst Spannung reduziert, ein Minimum an Vertrauen aufgebaut werden, meint Rosenthal, bevor eine Konferenz nach KSZE-Muster überhaupt wirken kann. Doch davon sind der Nahe und Mittlere Osten noch weit entfernt.

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