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Fällt der Erzherzog?
Um einen der schönsten Plätze Wiens, berühmt durch seinen Rundblick über Burgtor, Neue Hofburg, Leopoldinischen Trakt, Burgtheater und Rathaus, autofrei zu bekommen, wurde schon vor Jahren der Plan ventiliert, unter dem zwischen 1819 und 1860 angelegten Aufmarschplatz eine Tiefgarage zu errichten. Doch bereits damals fand das Vorhaben kreuz und quer durch alle Parteien Befürworter und Gegner, wobei - so scheint es - jede Gruppe ihr eigenes Gutachten einholte. Dem Vernehmen nach soll es zumindest je eines von der Technischen Universität Wien, dem Institut für Leicht- und Flugzeugbau, dem Forschungszentrum Seibersdorf, der Montanuniversität Leoben und dem Naturhistorischen Museum geben.
Nach immer wieder abgeänderten Bauplänen, temperamentvoll geführten Diskussionen zwischen der Betreiber-Gesellschaft EKA-ZENT, Rathaus, Bezirksvertretung Innere Stadt, Burghauptmannschaft und Bundesdenkmalamt gaben die Hüter unseres Kulturerbes ihre Zustimmung zum Bau des Terminals. Allerdings mit insgesamt 33 Auflagen an den Betreiber, deren wesentlichste darin besteht, nach Beendigung der Bauarbeiten die Oberfläche des Heldenplatzes wieder in ihrer ursprünglichen Form herzustellen. Eine Forderung, die, zieht man das durch die Errichtung des Tiefspeichers des Naturhistorischen Museums veränderte Terrain bei der Bellaria, jenes auf der Freyung und das des Res-selparkes (U-Bahnbau) als Vergleich heran, unrealistisch erscheint.
Gemäß der letzten Fassung des Bauplanes ist die unterirdische Garage für die Aufnahme von 900 Pkws und 100 Bussen, diversen Geschäften und Serviceeinrichtun-gen angelegt. Auf dem Heldenplatz sind drei Notausstiege vorgesehen, deren Öffnungen durch eine spätere Begrünung getarnt werden sollen. Die Einfahrt, lang und steil, weil auch für Doppeldecker-Autobusse konzipiert, ist auf dem Burgring vor dem Naturhistorischen Museum, die Ausfahrt im Bereich von Babenberger Straße/Burgring projektiert.
Laut einer ökologischen Untersuchung des Naturhistorischen Museums würden die ein- und ausfahrenden Kraftfahrzeuge - vorausgesetzt, die Rechnung der Betreiber geht auf und Autofahrer und Reiseveranstaltungsunternehmer schrecken nicht vor den hohen Einstellkosten zurück - nicht nur zusätzlichen Lärm erzeugen. Noch belastender als bisher wäre die Luftverschmutzung, unter der zumal die beiden, eben mit großem finanziellen Aufwand sanierten Ringstraßenmuseen und das zwischen ihnen stehende Denkmal der Kaiserin Maria Theresia zu leiden hätten.
Ein Wagnis sondergleichen stellt aber vor allem der Abtransport und die Wiederaufstellung des bronzenen Reiterstandbildes von Erzherzog Karl dar, da dieses Denkmal im Unterschied zu dem Monument des Prinzen Eugen für die Dauer des Garagenbaues von seinem Standort entfernt werden müßte. Daß das Denkmalamt diesen Umstand für allfällige Restaurierungen nützen möchte, macht die Situation nicht besser.
Wie Professor Karl Maurer vom Institut für Metallkunde und Werkstoffprüfung der Montanuniversität Leoben bestätigte, kam er bei seiner von der Burghauptmannschaft unter Verschluß gehaltenen Analyse zu dem Schluß: Das 17,5 Tonnen schwere und neun Meter hohe Denkmal des Siegers über Napoleon in der 1809 geschlagenen Schlacht bei Aspern darf aus statischen Gründen nicht von seinem soliden Fundament entfernt werden.
Dem Bronzegießer Anton Dominik Ritter von Fernkorn, der das neubarocke Denkmal gegossen hat, gelang nämlich mit dem gleichsam auf nicht mehr als zwei Punkten „schwebenden" Meisterwerk eine einmalige technische Leistung. Steht doch das Pferd des Helden in scheinbarer Schwerelosigkeit bloß auf den Hinterbeinen, die mittels einer exakt ausgetüftelten Schraubkonstruktion in dem Sockel verankert sind. Wie der Wissenschaftler betont, reicht das Fundament sechzehn Meter tief in die Erde. Von dieser Basis entfernt, könnte das bis ins letzte Detail auskalkulierte Denkmal wahrscheinlich nicht einmal alltäglichen Verkehrsvibrationen mit Sicherheit widerstehen. Selbst Fernkorn hat es nicht gewagt, dieses Bravourstück zu wiederholen. Das Pferd des Prinz Eugen ruht deshalb auf Beinen und Schweif.
Die im Dezember gegründete Bürgerinitiative „Rettet den Hel-denplatz" ist sich dessen bewußt, daß weder der Heldenplatz noch der Innere Burghof oder der Josefsplatz Parkplatz bleiben dürfen, trotzdem stellt sie sich gegen den Bau der Tiefgarage. Im Sinne einer vernünftigen und zukunftsweisenden Verkehrspolitik einer lebenswerten Stadt schlägt sie vor, den Auto- und Reisebusverkehr an die Peripherie, an die U-Bahn-Endstellen zu verlagern.
Um Befürwortern und Gegnern des Projektes kurz vor dem mehr oder minder bereits beschlossenen Baubeginn Gelegenheit zu geben, ihre Standpunkte vorzutragen, lud der Bezirksvorsteher der Inneren Stadt am 19. Jänner zu einem Hearing, bei dem allerdings Experten und Betreiber fehlten. Am 19. Jänner hielt die Bürgerinitiative zu Füssen des Denkmals von Erzherzog Karl eine Demonstration ab, die Unterschriftenaktion für eine entsprechende Petition an den Nationalrat läuft weiter.
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